Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 23 · 5. Juni 2002

 

"Wie immer: Studenten suchen Zimmer"

Rathaus zeigt ab 10. Juni Sammlung origineller Werbeplakate - Appell an Vermieter


"Zugegeben: Nicht jeder von uns ist ein Student Prince, aber wir alle brauchen eine Studentenbude" - titelte der Künstler Denes von Szebeny im Jahr 1983 auf seinem Plakat-Aufruf, mit dem sich das Heidelberger Studentenwerk an die Bevölkerung wandte, Wohnraum für Studierende frei zu geben. Abgebildet war ein wackerer, smarter Kavalier mit Rose in der Hand, der um die Gunst der Vermieter warb.

Das originelle Plakat ist nur eines von vielen, die im Laufe von 21 Jahren Plakatgeschichte zum Thema "Student sucht Zimmer" im Auftrag des Studentenwerks entstanden und nun in einer Retrospektive vom 10. bis zum 28. Juni im Rathausfoyer zu sehen sind.

Gerade jetzt, nachdem sich die Wohnungssuche für Studierende mit zunehmenden Studierendenzahlen wieder enorm schwierig gestaltet, hat die Ausstellung eine besondere Bedeutung, denn die Zahl der angebotenen Zimmer ging von 4.358 im Jahr 2000 auf nur noch 3.506 im Jahr 2001 zurück, mit weiter sinkender Tendenz. Für manche droht das Studium in Heidelberg gar an der fehlenden Unterkunft zu scheitern.

Vor etwas mehr als zwanzig Jahren war dies nicht anders. Die zunehmende Zahl von Studierenden, die an die Hochschulen drängten, sowie Vermieter, die nach den Unruhen der 70er Jahre sehr vorsichtig bei der Vermietung von Wohnraum an Studierende waren, lösten eine echte Wohnungsnot aus. "Studenten suchen Zimmer" - reagierte das Heidelberger Studentenwerk zum Wintersemester 1980/81 mit einer groß angelegten Werbekampagne auf die Misere und appellierte an Bürgerinnen und Bürger, leer stehenden Wohnraum zu vermieten.

So ernst das Problem war, so humorvoll ging die Handschuhsheimer Grafikerin Marie Marcks, die das Studentenwerk für die erste Plakat-Aktion gewinnen konnte, das Thema in ihren Motiven an. Unterstützung fand das Anliegen auch bei dem damaligen Rektor der Universität, Prof. Adolf Laufs, der an einem Stand auf dem Uniplatz die ersten Plakate austeilte. Die Resonanz bei den Bürgerinnen und Bürgern war durchweg positiv.

Ebenso bei den Künstlern: In den Folgejahren nahmen sich Maler, Grafiker und Illustratoren aus dem Heidelberger Raum der Plakatreihe an: Susanne R. Berner, Trägerin des Deutschen Jugendliteraturpreises, Sophie Brandes, Anita Büscher, Werner Jüngling, Jeanne Klöpfer, Philine Maurus, Elke Wassmann und im letzten Jahr Mehrdad Zaeri - sie alle entfalteten spontan ihr künstlerisches Engagement für die gute Sache.

Im Jahr 2000 verliehen die Betroffenen selbst dem Wohnproblem künstlerischen Ausdruck: In dem vom Studentenwerk ausgeschriebenen Wettbewerb an der Pädagogischen Hochschule ging die Kunst-Studentin Susanne Scheid mit ihrem Motiv "Campende Studierende am Neckar" als Gewinnerin hervor. Sponsor für die immer zum Wintersemester herausgegebenen Plakate waren von Anfang an die Heidelberger Druckmaschinen, die durch den kostenlosen Druck die Aktion überhaupt ermöglichten.

Die Ausstellung macht nicht allein auf die künstlerischen Arbeiten aufmerksam, sondern soll rechtzeitig auch die Öffentlichkeit zur Unterstützung und konkreten Hilfe anregen, wenn es wieder Herbst wird und rund 6.000 Erstsemester an den Heidelberger Hochschulen erwartet werden. Denn dann ist es wie immer: Studenten brauchen ganz dringend ein Zimmer.
   
  Öffnungszeiten
Das Rathaus-Foyer ist montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr, freitags von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Die Ausstellung wird am Montag, 10. Juni, um 17 Uhr eröffnet.

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Auch ohne Spielzeug keine Langeweile in der Kita Kirchheim West (Foto: Rothe)

Spielen ohne Spielzeug

Ein Projekt zur Suchtprävention in der städtischen Kindertagesstätte Kirchheim-West


Fast alle Kinder wollen möglichst viel Spielzeug. Weil sie es bei den anderen Kindern sehen, weil es andere Kinder haben, weil es in der Werbung so toll aussieht und vieles andere. Deshalb müssen es die Eltern kaufen oder "nein" sagen. Die Kinder, Erzieherinnen und Eltern der städtischen Kindertagesstätte Adolf-Engelhardt Straße machten sich auf den Weg, um andere Möglichkeiten zu suchen, zu finden und diese zu erproben.

Für einen Zeitraum von drei Monaten wurden gemeinsam mit den Kindern sämtliche Spielmaterialien aus den Gruppen weggeräumt. Das gibt den Kindern Frei-Raum, Spiel-Raum und viel Zeit, sich und die anderen Kinder kennen zu lernen, aufeinander zuzugehen, miteinander zu reden, eigene Spielideen zu entwickeln, sich auf andere einzulassen.

Im Vordergrund steht dann der Einfallsreichtum der Kinder für neue selbst erdachte Spiele, die Fähigkeit sich mit anderen auseinander zu setzen und andere für eigene Spielideen zu begeistern. Die Natur wird zum Spielpartner, die Kinder können ihrem Bewegungsdrang nachgehen und neue Spielmaterialien kennen lernen. Um zu erfahren, wie und was früher gespielt wurde, sollen auch einmal die Großeltern in die Kindertagesstätte eingeladen werden.

Die Erzieherinnen sind in dieser Zeit aktive Beobachter und Spielpartner der Kinder. Die Anregungen der Kinder werden zu den Angeboten im Kindergartenalltag. Das einzelne Kind, die gesamte Gruppe und die Prozesse zu beobachten und zu begleiten, sind primäre Aufgaben der Erzieherinnen.

So wird bewusst eine neue Spielsituation geschaffen, die für alle Beteiligten ungewohnt ist. In dieser Zeit sollen besonders die Phantasie, der Mut und das Miteinander gefördert werden. Wichtige Dinge, die Kinder für die Entwicklung von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen brauchen. Selbstbewusste Kinder sind starke Kinder, die auch mal Bedürfnisse aufschieben können, die nicht alles konsumieren müssen und nicht gleich enttäuscht sind, wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden. Kinder, die dies lernen, sind auch gestärkt gegen Süchte und süchtiges Verhalten.

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Spannende Forschung

Universität Heidelberg will mit erstem "Wissenschaftsmarkt" am 8. Juni neue Wege gehen


"Die Wissenschaft hat festgestellt...." - so oder in ähnlichen Formulierungen erfährt der geneigte Laie oft von den Ergebnissen wissenschaftlicher Arbeit. Dass sich Wissenschaft vor jedem Ergebnis zunächst jedoch Fragen stellt und von Menschen betrieben wird, deren Antriebsfeder vor allem die Neugierde ist, das will nun die Universität mit dem ersten Heidelberger Wissenschaftsmarkt zeigen.

Wissenschaft zum Anfassen, Wissenschaft, die Spaß macht und anregt selbst Fragen zu stellen - das ist das Ziel für die am 8. Juni 2002 geplante Veranstaltung auf dem Universitätsplatz, zu dem die Uni alle Interessierten herzlich einlädt. Am Samstag ab 10 Uhr werden der Hauptstraßenflaneur, Bürger und Bürgerinnen aus der Region und speziell auch die Schüler in der beruflichen Orientierungsphase angesprochen.

In einem Ausstellungszelt werden Beispiele aus der täglichen Arbeit der unterschiedlichen Institute gezeigt. "Wie groß ist unsere Umwelt?" ist dabei Motto und Klammer dieses Wissenschaftsmarktes. Vom Blick des Astrophysikers in den Weltraum, von der Sicht des Geowissenschaftlers auf die unterschiedlichen Ökozonen dieser Erde oder des Krebsforschers in die kleinsten Zellen und ihre krankhaften Veränderungen - dargestellt durch das Deutsche Krebsforschungszentrum - reicht das Themenspektrum.

Auf einer eigenen Bühne wird die Wissenschaftsredaktion des Südwestrundfunks aus Baden-Baden in einem Programm aus Experimenten, Interviews und Wissensquiz anschaulich vorstellen, wie eng die Fragen der Wissenschaft mit unserer Gesellschaft und den Bildern, die wir uns von unserer Welt machen, verknüpft sind. Als Medienpartner der Universität hat auch die Rhein-Neckar-Zeitung mit kleinen Beiträgen schon vorab einige Fragen aufgegriffen, die am 8. Juni dann vor Ort von den Wissenschaftlern beantwortet werden. Dabei wird es beispielsweise um die Fragen nach Vererbung oder Umwelteinflüssen bei der Zwillingsforschung gehen, um Fragen der genetischen Veränderung von Pflanzen oder darum, wie viel Grips in einem von den Physikern entwickelten Chip steckt.

Für die Studenten bietet sich die Gelegenheit, sich an diesem Tag über andere Fachrichtungen ein Bild zu machen und auch die Eltern zu einem kompakten Tagesprogramm einzuladen, in dem sie ihre Universität und ihre Studienstadt vorstellen können. Aber auch die Schüler in der Studien- und Berufsorientierung können diesen Tag dazu nutzen, sich Eindrücke und Informationen zu verschaffen. In einem eigenen Informationszelt sowie mit kurzen Berufsfindungskursen wird auf diese Zielgruppe eingegangen.

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Oberbürgermeisterin Beate Weber begrüßt die Wirtschaftsarchivare im Spiegelsaal. (Foto: Archiv)

Bochumer Bergbau-Archiv ausgezeichnet

Wirtschaftsarchivare aus dem In- und Ausland tagten in Heidelberg


Bergbau und Heidelberg? Dass diese Kombination durchaus schlüssig zusammen passt, dafür zeichnet das Archiv der Stadt Heidelberg verantwortlich. Dessen Leiter, Dr. Peter Blum, ist seit gut zwei Jahren gewähltes Vorstandsmitglied der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare (VdW) und zuständig für das Ressort Aus- und Weiterbildung.

Dieses Engagement beschert Heidelberg wiederholt Lehrgangsveranstaltungen mit zum Teil international ausgewiesenen Dozenten, neben einigen Promis wie Dieter Kürten. Überdies machte es Heidelberg vom 5. bis 8. Mai zum Austragungsort der VdW-Jahresarbeitstagung. So trafen sich über 200 Wirtschaftsarchivare und Wissenschaftler aus Deutschland und dem benachbarten Ausland in der Print Media Academy (PMA).

Dem Ambiente von PMA und Heidelbergs angemessen war das Tagungsthema "Erinnern im Informationszeitalter: Präsentation von Wirtschaftsarchiven in Intranet und Internet". Vorgestellt und lebhaft diskutiert wurden unter anderem die Internetauftritte des Historischen Archivs der BMW Group sowie von DaimlerChrysler Classic. Auf besondere Resonanz stieß der Vortrag des Heidelberger Rechtsanwalts Prof. Dr. Thomas Wilmer "Das Internet - kein rechtsfreier Raum", der in lockerer und humoriger Form selbst kompliziertere Rechtsverhältnisse klar stellte. Nicht erst im Zeichen zunehmender Globalisierung blicken Unternehmensarchivare über den "heimischen Tellerrand"; so referierte Henrik Fode vom Erhvervsarkivet im dänischen Århus über "Business Archives in a Multinational World". Mit Fode als dem Präsidenten war zudem der komplette zehnköpfige Vorstand der Section of Business and Labour Archives innerhalb des Internationalen Archivrats (International Council of Archives) zu einer an die VdW-Tagung angeschlossenen Vorstandssitzung angereist.

Auch dieses internationale Gremium begrüßten Oberbürgermeisterin Beate Weber und der Leiter der PMA Prof. Dr. Bernd Kaiser sowohl bei der offiziellen Tagungseröffnung als auch bei einem für alle Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer angesetzten Empfang der Stadt Heidelberg im Spiegelsaal des Verwaltungsgebäudes Prinz Carl. Unter den Gästen befanden sich ebenso knapp 30 Mitwirkende des bereits am Sonntagmittag (in der Ebert-Gedenkstätte) der eigentlichen Tagung vorangestellten Arbeitskreises Unternehmensgeschichte unter Leitung von Prof. Dr. Wilfried Feldenkirchen (Siemens AG). Neben den Fachreferaten fand sich stets ein angenehmer Rahmen zur Kommunikation und zum Austausch. Anteil daran hatte gleichfalls das für den Abschlusstag gebotene Exkursionsprogramm, das unter anderem auf Einladung der BASF AG und der Klaus Tschira-Stiftung Führungen durch das Schloss und das Carl Bosch-Museum mit anschließendem Buffet offerierte. Am Ende waren sich die Gäste einig, eine zwar anstrengende, aber in jeder Hinsicht ansprechende und ertragreiche Tagung erlebt zu haben.

Schließlich wurde noch das Bergbau-Archiv Bochum zum "Wirtschaftsarchiv des Jahres" gekürt. Mit der Auszeichnung werden jährlich innovative Beiträge zur historischen Unternehmenskommunikation gewürdigt. Der diesjährige Preisträger hat, so Wirtschaftskolumnist Dr. Peter Gillies ("Die Welt", Berlin) in seiner Laudatio, mit einer reich illustrierten Bestandsübersicht Maßstäbe gesetzt, wie Historische Archive ihre Bestände und Schätze publikumswirksam präsentieren können. Die besagte Bestandsübersicht ist übrigens das Werk der langjährigen Leiterin des Bergbau-Archivs Bochum, Dr. Evelyn Kroker, und damit zugleich Beleg dafür, dass Frauen auch im Bergbau ihren Mann stehen können ...

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Stand: 4. Juni 2002