Thema der Woche

Ausgabe Nr. 22 · 2. Juni 1999

Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) besteht zehn Jahre

Mobilität für die Region

Der öffentliche Personennahverkehr in der Region ist ohne den 1989 gegründeten Verkehrsverbund Rhein-Neckar nicht mehr vorstellbar. Kann sich noch jemand daran erinnern, wie es war, als man für jedes Verkehrsmittel einen eigenen Fahrschein kaufen musste? Einen für die HSB, die Bahn, die OEG...

Der VRN hat den öffentlichen Verkehr im Rhein-Neckar-Dreieck gewaltig verändert. Auch wenn viele das gar nicht so wahrnehmen mögen, denn nach wie vor fahren wir mit unterschiedlich aussehenden Fahrzeugen verschiedener Verkehrsunternehmen durch die Gegend. Doch was sie verbindet, macht die Nutzung von Bussen und Bahnen erheblich einfacher: ein Verbundtarif von der bayerischen bis zur französischen Grenze (und sogar ein Stück darüber hinaus), ein Fahrschein für alle, sowie immer besser untereinander abgestimmte Fahrpläne der Verkehrsbetriebe, die seit 1996 unter dem Dach der URN, der "Unternehmensgesellschaft Verkehrsverbund Rhein-Neckar" zusammengeschlossen sind.

Dazu kommt ein gemeinsames Informationsangebot: die Fahrpläne aller Linien in gedruckter Form, als CD-ROM und im Internet, sowie die aus dem gesamten Verbundgebiet für eine Gebühreneinheit rund um die Uhr erreichbare Auskunft (0180) 21 94 49. Eingefleischte ÖPNV-Surfer mögen bedauern, dass es den 1991 erschienenen "dicken" Verbundfahrplan mit allen Linien nicht mehr gibt. Er müsste, wie VRN-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Wagner versichert, inzwischen so dick sein, dass er nicht mehr zwischen zwei Buchdeckel passt. Im Zeitalter kleiner Silberscheiben, die alle Verbundfahrpläne mühelos aufnehmen und dazu noch viel mehr Komfort als die Bücher bieten, hat sich der "Dicke" wohl endgültig überlebt.

Der VRN - eine Erfolgsstory
Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar, das ist die Geschichte eines Erfolges. Gegen den bundesweiten Trend im öffentlichen Nahverkehr befindet sich der VRN im Aufwind: 85 Prozent mehr Fahrgäste und 65 Prozent mehr Einnahmen konnte er seit dem Start 1989 verbuchen. Mit diesen Steigerungsraten nimmt der VRN einen Spitzenplatz unter allen Verkehrsverbünden in Deutschland ein. Reichte das Verbundgebiet zunächst nur von Eberbach bis Neustadt, so kann man inzwischen mit einem Verbundfahrschein von Kaiserslautern oder Wissembourg bis nach Walldürn oder Osterburken fahren.

"10 Jahre VRN - die Highlights" ist der Titel eines Faltblattes, das der Verbund anlässlich des Jubiläums herausgegeben und auf dem Mannheimer Maimarkt vorgestellt hat. Ferner gibt es dazu eine Wanderausstellung, die - voraussichtlich im August - im Heidelberger Rathaus zu sehen sein wird. (rie)
     
 

10 Jahre VRN - die Höhepunkte

 

1989

Start des VRN mit 17 Verkehrsunternehmen.
 

1990

Der VRN erhält den "Blauen Umweltengel".
 

1991

Zum Maimarkt kommt das erste Kombi-Ticket heraus - die Eintrittskarte ist Fahrschein.
 

1992

Ticket 24 Plus, Job-Ticket und "Karte ab 60" erschließen neue Zielgruppen.
 

1993

Rund 17.000 Studierende kaufen ein Semester-Ticket, das in Heidelberg versuchsweise eingeführt wird.
 

1994

Nach erfolgreichem Test in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen wird die "Karte ab 60" auf das gesamte Verbundgebiet ausgedehnt. Die kostenlose Fahrradmitnahme wird eingeführt.
 

1995

Unter www.vrn.de ist der VRN als erster Verkehrsverbund im Internet vertreten.
 

1996

Der Bau- und Finanzierungsvertrag für die R-/S-Bahn Rhein-Neckar wird unterzeichnet. Das Verbundgebiet wird erheblich erweitert und die erste Fahrplan-CD erscheint.
 

1997

Am Rhein zwischen Mannheim und Ludwigshafen erfolgt der symbolische Spatenstich für die S-Bahn-Brücke, gleichzeitig Baubeginn für das gesamte S-Bahn-Projekt. Die Strecke Winden - Weißenburg (Frankreich) wird reaktiviert.
 

1998

Ein schrilles Känguru sorgt für Furore: MAXX - das Junior-Ticket wird innerhalb von fünf Monaten fast 100.000 mal verkauft.
 

1999

Die S-Bahn-Brücke wächst über den Rhein. 32 Verkehrsunternehmen gehören dem Verbund an.

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT

Fragen an VRN-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Wagner

"Bürgerticket Rhein-Neckar"

Geschäftsführer des Verkehrsverbundes ist ein Heidelberger: der 55-jährige Jurist Dr. Wolfgang Wagner, vormals Syndikus und Kämmerer der Stadt Heidelberg. STADTBLATT-Mitarbeiter Dr. Bert-Olaf Rieck sprach mit ihm über die Zukunft des VRN.

STADTBLATT: Der VRN zeichnet sich unter den Verkehrsverbünden durch ein besonders dynamisches Wachstum aus. Worin liegt das Geheimnis des Erfolgs?

Dr. Wagner: Der außerordentlich hohe Fahrgastzuwachs im VRN ist in erster Linie eine Folge unserer Tarifpolitik. Wir verfolgen hartnäckig das Ziel, möglichst viele Menschen im Rhein-Neckar-Dreieck als Kunden mit einem Ticket für das ganze Gebiet und das ganze Jahr zu gewinnen. Um dies kalkulierbar und vermittelbar zu machen, haben wir unsere Tarifangebote sehr stark auf Zielgruppen und ihre jeweilige Interessenslage ausgerichtet. Mit "Karte ab 60", "Semester-Ticket", "Job-Ticket" und "MAXX - das Juniorticket" ist inzwischen fast jeder zehnte Bürger der Region Dauerkunde unserer Angebote.

Selbstverständlich haben Verbesserungen des Leistungsangebots der Verbundunternehmen ebenfalls zum Fahrgastzuwachs beigetragen. Nehmen Sie als Beispiele dafür den "Lückenschluss" des Heidelberger Straßenbahnnetzes im Bereich der Berliner Straße, die Taktverdichtung der HSB-Linie 12 oder die Durchbindung der OEG in die Mannheimer Innenstadt sowie die Einrichtung von zahlreichen Stadtverkehren in Klein- und Mittelstädten.

STADTBLATT: Ältere Menschen, Schüler, Auszubildende, Studenten und Job-Ticket-Inhaber sind für teilweise deutlich unter 500 Mark ein Jahr lang verbundweit mobil. Andere müssen dafür mehr als zwei Tausender hinlegen. Wann kommt die "Umweltkarte für alle"?

Dr. Wagner: Ein "Bürgerti-cket Rhein-Neckar" als preisgünstige Jahreskarte für Jedermann mit Geltung für das gesamte Verbundgebiet ist aus meiner Sicht der notwendige Schlussstein unseres zielgruppenorientierten Tarifangebotes. Ohne sorgfältige Marktuntersuchung und exakte Kalkulation geht da aber gar nichts, und im Augenblick müssen wir erst einmal die Auswirkungen von "MAXX - das Juniorticket" auswerten und verarbeiten. Einen Termin für die Einführung eines Bürger-Tickets kann und will ich nicht nennen. Aber ich möchte die Verwirklichung dieses Ziels gerne noch als Verbundgeschäftsführer mitgestalten.

STADTBLATT: Die R-/S-Bahn soll künftig das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs im Rhein-Neckar-Dreieck bilden. Verzögert sich der Start?

Dr. Wagner: Die S-Bahn Rhein-Neckar wird wohl erst zum Jahresfahrplanwechsel 2004 ganz auf den Gleisen sein - nach meinen Vorstellungen mit einem Vorlaufbetrieb, der ein oder zwei Jahre vorher beginnen sollte. Zur Sicherung dieses Ziels sollte noch in diesem Jahr eine Entscheidung über den Betreiber getroffen werden. Ich kann mir, offen gesagt, kaum vorstellen, dass dies bei dem "Mischbetrieb" mit Fernverkehr und Güterverkehr auf denselben Trassen, in dem unsere S-Bahn Rhein-Neckar sich bewegen muss, ohne Mitwirkung der DB Regio AG funktioniert, und ich würde mir sehr wünschen, dass daneben auch die regionale Kompetenz unserer kommunalen Nahverkehrsunternehmen bei der Auswahl des Betreibers zum Tragen kommt.

Auf welchem Weg wir in der Betreiberfrage zum Ziel kommen, dürfte spätestens bis zum Herbst entschieden sein. Ich kann gegenwärtig allerdings nicht ausschließen, dass die endgültige Entscheidung über den Betreiber und ein entsprechender Vertragsabschluss erst im nächsten Jahr erfolgen. Das ist dann aber wirklich der allerletzte Zeitpunkt, zu dem dies geschehen muss, wenn wir uns nicht alle im Kabarettprogramm "Kaum zu glauben, aber amtlich" wiederfinden wollen.

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Stand: 1. Juni 1999