Kinder und Kultur

Ausgabe Nr. 22 · 28. Mai 2003

Alexa Hennig
von Lange


Andreas Neumeister


Kathrin Röggle


Feridun Zaimoglu
(Fotos: Programmheft)

"Der Sound des Jetzt"

Popliteratur steht im Mittelpunkt der 10. Poetik-Dozentur in Heidelberg


Bei der Jubiläums Poetik-Dozentur sind gleich mehrere Autorinnen und Wissenschaftler in Heidelberg zu Gast. Unter dem Titel "Der Sound des Jetzt. Literatur & Pop" widmen sie sich den verschiedenen Strömungen der Popliteratur von ihren Anfängen Mitte der 60er Jahre bis zu den neuesten Trends im beginnenden 21. Jahrhundert.

Popliteratur macht Themen, Stile und Lebensweisen der Alltagskultur salonfähig. Dabei ist der rebellische, antiautoritär-subversive, alternative Ton durchaus ihr Kapital. Und viele Autorinnen und Autoren, die seit den 60er Jahren unter dem Stichwort "Popliteratur" zusammengefasst werden, machen Pop nicht nur zum Thema, sondern auch zum Taktgeber ihrer Schreibweise.

Vom 28. Mai bis zum 12. Juni lassen sich in Heidelberg die unterschiedlichen Positionen und Spielarten deutschsprachiger Popliteratur bei Lesungen, Vorträgen und einer Podiumsdiskussion kennen lernen. Zur Eröffnung der diesjährigen Poetik-Dozentur am Mittwoch 28. Mai, um 20 Uhr in der Aula der Alten Universität wird Alexa Henning von Lange lesen. Die 1973 geborene Autorin gilt seit ihrem erfolgreichen Debüt-Roman "Relax" (1997) als Vorzeigeautorin der Lifestyle-orientierten Popliteratur.

Bei einer Podiumsdiskussion in der Stadtbücherei am Donnerstag, 5. Juni, um 20 Uhr sprechen die Autoren Thomas Meinecke und Eckhart Nickel, der Kritiker Hubert Winkels und die Lektorin Kerstin Gleba über den deutschen Poproman, die "neuen Archivisten" und den "Sound des Jetzt". Höhepunkt der diesjährigen Poetik-Dozentur dürfte die Lese- und Partynacht am Freitag, 6. Juni, ab 20 Uhr in der Halle 02 sein, wenn Thomas Meinecke, Andreas Neumeister, Kathrin Röggla und Feridun Zaimoglu auf je eigene Weise rhythmische, musikalische, avantgardistische und unterhaltsame Prosa zum Besten geben.

Elke Naters, Autorin von Romanen wie "Königinnen" oder "Lügen" wird am Mittwoch 11. Juni, um 20 Uhr im Antiquariat Ex Libris lesen. Zum Abschluss am Donnerstag, 12. Juni, um 16 Uhr im Germanistischen Seminar hält Eckhard Schumacher einen wissenschaftlichen Vortrag über die "Schreibweisen der Gegenwart".

Die Heidelberger Poetik-Dozentur wurde 1993 als Kooperation zwischen Stadt und Universität begründet. Seit dem wird sie vom Germanistischen Seminar ausgerichtet und von der "Stiftung Stadt Heidelberg" finanziert. Öffentliche Veranstaltungen geben Einblicke in künstlerische Produktionsprozesse. Zur Poetik-Dozentur waren bereits die Autoren Martin Walser, Ulla Hahn, Dieter Kühn, Volker Braun, Brigitte Kronauer, Hanns-Josef Ortheil, Michael Rutschky, Eckhard Henscheid und Ulla Berkéwicz in Heidelberg zu Gast. (doh)

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Selbstportrait, um 1930

Eine Künstlerin in der Psychiatrie

Neue Ausstellung im Museum Sammlung Prinzhorn


Das Werk von Elfriede Lohse-Wächtler ist nach ihrem Tod vergessen worden. Erst vor wenigen Jahren wurden ihre Bilder wiederentdeckt: ungestüme Zeichnungen und Aquarelle, mit denen sie sich am Rande der Ordnung zu halten suchte. Das Museum Sammlung Prinzhorn zeigt jetzt eine Auswahl.

Die Lebensgeschichte der Künstlerin Elfriede Lohse-Wächtler (1899-1940) ist von Kämpfen und Katastrophen gezeichnet. Sie endete 1940 in der Gaskammer der Anstalt von Pirna-Sonnenstein: Mit 16 Jahren verließ sie das Dresdner Elternhaus, besuchte die Klasse für angewandte Grafik von Oskar Erler und befreundete sich mit sozialkritischen Künstlern der Dresdner Sezession wie Otto Dix, Conrad Felixmüller, Otto Griebel und Kurt Lohse.

1925 heiratete sie Lohse und zog mit ihm nach Hamburg. Das Scheitern der Ehe, fehlende künstlerische Kontakte, Mittellosigkeit und Hunger rieben die Künstlerin auf. Unter Verfolgungsängsten leidend, ging sie 1929 für zwei Monate in die Hamburger Anstalt Friedrichsberg. Hier entstanden die so genannten "Friedrichsberger Köpfe". Nach ihrer Entlassung malte sie leidenschaftlich gegen die materielle Verelendung an.

1932 wurde sie erneut eingewiesen, nun in die Heil- und Pflegeanstalt Arnsdorf in Sachsen. Die Diagnose schwankte zwischen "Schizophrenie" und "transitorischer Psychose einer Instabilen". Dort entstanden die Porträts der "Arnsdorfer Frauen", Aquarelle und Zeichnungen, die stilistisch an Otto Dix erinnern. "Wenn man sich aufmerksam den Porträts widmet, wird man jedoch ihre eigene Handschrift erkennen", sagte Dr. Thomas Röske, Leiter des Museums Sammlung Prinzhorn.

Die Ausstellung konzentriert sich auf die künstlerische Entwicklung in den Hamburger Jahren zwischen Expressionismus, Verismus und Neuer Sachlichkeit, darunter sind vor allem schonungslose Selbstporträts und kraftvolle Milieubilder. Die Präsentation ist Auftakt für eine Reihe von Ausstellungen im Museum Sammlung Prinzhorn, die sich dem besonderen Schicksal von Künstlerinnen in der Psychiatrie widmen. Sie ist bis zum 28. September in der Voßstraße 2 jeweils Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr und Mittwoch von 11 bis 20 Uhr zu sehen.

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Stand: 27. Mai 2003