Arbeit und Wirtschaft

Ausgabe Nr. 21 · 24. Mai 2000

Offensive für Teilzeitarbeit

"Initiative für Beschäftigung!" stellte gemeinsam mit Universität Mannheim neue Studie vor


Das regionale Netzwerk der "Initiative für Beschäftigung!" im Rhein-Neckar-Dreieck hat eine Offensive zugunsten der Teilzeitarbeit gestartet und dazu eine Untersuchung präsentiert, die zusammen mit der Universität Mannheim erstellt wurde und einige überraschende Erkenntnisse brachte, wie Bernd Lang, Personalchef der Heidelberger Druckmaschinen AG und gleichzeitig Leiter des Arbeitskreises "Innovative Arbeits(zeit)formen in Wirtschaft und Verwaltung" der Beschäftigungsinitiative, betonte.

So kann sich beispielsweise jeder fünfte Mann vorstellen, eine Teilzeitbeschäftigung auszuüben. "Wir haben nicht erwartet, dass so viele Männer dazu bereit sind", sagte Lang bei der Vorstellung der Studie in der Print Media Academy der Heidelberger Druckmaschinen AG. Laut Befragung können sich 43 Prozent aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vorstellen, in fünf Jahren Teilzeit zu arbeiten, 24 Prozent wären im Moment dazu bereit.

Dr. Hans Joachim Bremme, Projektbeauftragter der Initiative im Rhein-Neckar-Dreieck, zeigte sich erstaunt über die Aussage der Studie, "dass der Informationsbedarf nicht annähernd gedeckt ist". Fast zwei Drittel der Befragten fühlten sich nicht ausreichend zum Thema Teilzeit informiert. Ziel der "Kommunikationsoffensive" sei der Abbau von Hemmnissen, die immer noch viele Unternehmen und Arbeitnehmer von Teilzeitbeschäftigungen abhalten. Noch im Mai nimmt daher ein Beratungsnetz mit Experten aus Unternehmen, Kommunen und Gewerkschaften seine Arbeit auf.

Stephanie Hill, Universität Mannheim, referierte die neue Studie, in der rund 4.000 Mitarbeiter und Führungskräfte befragt wurden. Ziel war es herauszufinden, warum vorhandene Teilzeitangebote nur sehr begrenzt angenommen werden. "Gerade wenn man auf die Hemmnisse sieht, hat Teilzeit ein Image-Problem", so die Wissenschaftlerin. Einige Befürchtungen ließen sich nicht bestätigen, etwa dass Teilzeitarbeitsplätze unsicher und nur für Routinejobs geeignet seien und nicht durch Vorgesetzte unterstützt werden. "Befragte, die Teilzeit arbeiten, bestätigten allerdings Erfahrungen wie geringere Karriere-Chancen und weniger Teilhabe am Betriebsgeschehen."

Bisher ist Teilzeitarbeit - außer Altersteilzeit - noch auf einen sehr kleinen Kreis beschränkt. Bei der BASF liegt die Teilzeitquote bei 2,7 Prozent. Bei Heidelberger Druckmaschinen sind es 2,8 Prozent der Beschäftigten, darunter zwei Männer und keine einzige Führungskraft, räumte Bernd Lang ein. "Diese Hürden wollen wir gemeinsam mit Unternehmern, Personalleitern, Führungskräften und Gewerkschaften überwinden", erläuterte Bremme die Strategie der Beschäftigungsinitiative. Er schätze die Chancen, die Dynamik am Arbeitsmarkt durch Teilzeit zu fördern, als hoch ein: "Das zeigen die Beispiele der europäischen Nachbarn."

Gewerkschaftssekretärin Beate Mende hob das Interesse der Gewerkschaften an einer "wirklich neuen Form der Zeitpolitik" hervor. "Wir haben uns damit zu beschäftigen, wie Arbeit mehr verteilt werden kann." Wichtig aus Gewerkschaftssicht ist, so Mende, "dass die Aufstiegschancen erhalten bleiben und ein Rückkehrrecht zur Vollzeit besteht".

"Die Teilzeitbeschäftigung ist - neben der Aus- und Weiterbildung - sicher der vielversprechendste Weg, die Beschäftigungsproblematik anzugehen", fasste Lang zusammen. Stärker hervorgehoben werden sollen die noch zu wenig bekannten Vorteile der Teilzeitarbeit, wie wesentlich höhere Flexibilität und Stundenleistung, geringere Fehlzeiten und Fluktuation. "Die Arbeitsqualität ist oft besser, sie ermöglicht mehr Kreativität; zudem ist der Pool an Arbeitskräften größer." Im Sommer ist bereits eine Teilzeitkonferenz angesetzt, im September sollen die ersten Ergebnisse präsentiert werden

Das regionale Netz Rhein-Neckar-Dreieck ist eines von 15 Netzwerken in Deutschland. Es nahm Anfang 1999 seine Arbeit auf. Prof. Dr. Jürgen Strube, Vorstandsvorsitzender der BASF, Reinhard Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, und Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, gründeten die "Initiative für Beschäftigung!" im Dezember 1998 in Ludwigshafen. Das Institut für Organisationskommunikation (IFOK), Bensheim, berät die Initiative und organisiert ihre Arbeit. (rie)

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Ermutigender Trend

Arbeitslosenquote sank in Heidelberg auf 6,1 Prozent


Die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Bezirk Heidelberg hat sich im April 2000 weiter entspannt. Laut Bericht des Arbeitsamtes nahm die Zahl der Arbeitlosen um 230 auf 12.635 ab.

Wolfgang Heckmann, Direktor des Arbeitsamtes Heidelberg, wertete diese Entwicklung als ermutigend: "Neben saisonalen Einflüssen wirkte sich auch die Konjunktur günstig aus." Gegenüber April 1999 war die Zahl der beschäftigungslosen Frauen und Männer sogar um 1.350 niedriger.

Nicht alle Bewerber profitierten von diesem Aufwärtstrend. Die besten Chancen haben junge, gut ausgebildete Kräfte. Sie finden häufig gleich nach der Aus- oder Weiterbildung eine passende Stelle oder können den Arbeitsplatz wechseln ohne sich erwerbslos melden zu müssen.

Kritisch bleibt nach Aussage des Arbeitsamtes die Situation für Männer und Frauen, die nicht gleich eine Stelle finden. Vor allem ältere Arbeitnehmer machen nach wie vor die Erfahrung, dass sie auch dann nicht eingestellt werden, wenn sie einen qualifizierten Berufabschluss besitzen. Das hatte zur Folge, dass die Langzeitarbeitslosigkeit entgegen dem allgemeinen Trend angestiegen ist: Ende April waren 4.465 Personen länger als zwölf Monate ohne Beschäftigung, 75 mehr als Ende März und 125 mehr als im April 1999. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Beschäftigungslosen liegt im Arbeitsamtsbezirk Heidelberg bei 35.4 Prozent.

Die Arbeitslosenquote sank im gesamten Bezirk von 6,5 Prozent im März auf 6,1 Prozent Ende April. Am günstigsten entwickelte sich die Situation im Bereich der Geschäftstelle Sinsheim, wo die Arbeitslosigkeit um 4,8 Prozent auf 1.920 Bewerber sank. In Eberbach ging die Zahl der Erwerbslosen um 3,4 Prozent auf 565 zurück.

Im Bereich des Hauptamtes - der die Stadt Heidelberg und 15 Gemeinden im Rhein-Neckar-Kreis umfasst - verringerte sich die Zahl der Arbeitslosen um 1,6 Prozent auf 7.350. Gegen den Trend verlief die Entwicklung im Bereich Wiesloch, wo die Arbeitslosenzahl um 0,3 Prozent auf 2.795 stieg. (br.)

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Stand: 23. Mai 2000