Thema der Woche

Ausgabe Nr. 19 · 10. Mai 2000



Heike Sauer zwischen Handschuhsheimer Tomatenpflanzen. (Foto: Rothe)






Edith Mampel zwischen Kirchheimer Salaten im Hofladen auf dem Kurpfalzhof. (Fotos: Neudert-Becker)

Die Frische ist das große Plus

Auch in einer Großstadt wie Heidelberg wachsen Getreide und Gemüse, gibt es noch Landwirte und Gärtner


Wer sich nur von dem ernähren möchte, was auf Heidelberger Gemarkung an landwirtschaftlichen Produkten produziert wird, bräuchte nicht zu darben. Die Heidelberger Gärtner und Landwirte können von Milch, Käse und Schweinefleisch über Kartoffeln, Gemüse und Salate bis zu den verschiedenen Würzkräutern alles liefern. Und wer dazu ein Glas Wein wünscht: auch der gedeiht an Heidelberger Hängen.

Jetzt ist die Salat- und Gemüsesaison in vollem Gange. Spargel, auch der wächst in Heidelberger Erde, ist zur Zeit in aller Munde. Um den 25. Mai können Feinschmecker auch die ersten Heidelberger Frühkartoffeln dazu genießen. Grüne und bunte Salate, Rettiche und Radieschen, Kohlrabi und Gurken werden jetzt angeboten, bald gibt es auch die ersten Erdbeeren.

Handschuhsheimer Gärtner...
Die "Produzenten" dieser grünen Fülle sitzen zum einen im Handschuhsheimer Feld. 25 Gärtnereibetriebe gibt es hier, dazu kommen noch einmal fünf bis sieben Nebenerwerbsbetriebe. Sie bearbeiten rund 310 Hektar landwirtschaftliche oder gärtnerische Fläche, davon sind etwa 190 Hektar bewässerbar.

Heike Sauer, Erste Vorsitzende der Gärtnervereinigung Heidelberg-Handschuhsheim, und Klaus-Peter Heck, 3. Vorsitzender, sehen zwei große Vorteile des Heidelberger Anbaugebiets: der gute Boden und vor allem das milde Klima. Gerade die etwas höheren Temperaturen führen dazu, dass die Gärtnerinnen und Gärtner aus Handschuhsheim ihre Waren ein paar Tage früher anbieten können als die Konkurrenz aus der Pfalz. Gegenüber der haben sie den Nachteil von zu kleinen Anbauflächen. In der Pfalz soll es Betriebe geben, die bauen mehr Salate an als alle Handschuhsheimer Gärtner zusammen...

"Tomaten, Stangenbohnen und Gurken sind unsere herausragenden Produkte", sagt Heike Sauer. Tomaten würden nur noch im Folientunnel gezogen, um die vom Kunden gewünschte Qualität zu erreichen. Die Folie schütze die Tomate so gut, dass fast kein chemischer Pflanzenschutz mehr nötig sei, so Heike Sauer.

Ganz allgemein sind die Handschuhsheimer Gärtner sehr zurückhaltend beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Da sie "kontrolliert integriert" anbauen, setzen sie zur Bekämpfung von Schädlingen zuerst Nützlinge ein. Erst wenn den Gemüsekulturen große Schäden drohen, werden chemische Gegenmaßnahmen ergriffen. Das Nitratlabor am Großmarkt untersucht vor jeden neuen Anpflanzung den Nitratgehalt im Boden, was den Gärtnern eine exakte Dosierung ermöglicht. Ein Betrieb in Handschuhsheim baut sein Gemüse nach den Prinzipien des biologischen Landbaus an und verzichtet ganz auf Chemie und mineralische Düngung.

... und Heidelberger Landwirte
66 Landwirte, teils im Nebenerwerb, gibt es in Heidelberg. Einer davon: Dieter Mampel, der zudem stellvertretender Vorsitzender des Bauernverbands Rhein-Neckar ist. Gemeinsam mit seinem Sohn, dessen Frau und einem polnischen Saisonarbeiter bearbeitet er 30 Hektar Fläche rund um den "Kurpfalzhof" an der L 600. Unter anderem Getreide, Kartoffeln, Gemüse und Salate werden angebaut. Seit sein Sohn gleichberechtigt auf dem Hof mitarbeitet, bauen sie Sonderkulturen an und haben den Hofverkauf eingeführt. "Wenn wir diese Direktvermarktung nicht hätten, könnten wir vom Ertrag des Hofes nicht leben", sagt Dieter Mampel. Bei den Kollegen sehe es nicht anders aus.

"Unser Plus ist die Frische", erklärt Mampel die Vorteile der Direktvermarktung: Wer bei ihm oder auf den anderen Aussiedlerhöfen in Heidelberg einkauft, kann sicher sein, dass die Ware frisch geerntet ist. Natürlich locke auch das "Bauernhof-Ambiente". Die Kirchheimer Bauern unterstützen sich gegenseitig, indem sie Waren der Kollegen im eigenen Hofsortiment verkaufen. Mampel schwört auf Heidelberger Spargel, der aromatischer schmecke, weil der Boden hier schwerer sei als in den klassischen Anbaugebieten ringsum.

Auch die Heidelberger Landwirte setzen auf schonenden Anbau. Die sieben Betreibe, die Getreide anbauen, haben sich der Vermarktungsinitiative "Kraichgau-Korn" angeschlossen, die ohne Herbizide und Fungizide auskommen. Und auch bei den anderen Kulturen "wird so wenig wie möglich chemisch bekämpft", sagt Dieter Mampel. Sorgen bereitet dem Bauernfunktionär, dass die landwirtschaftliche Fläche in Heidelberg immer mehr abnimmt. Vor allem in Kirchheim sei durch neue Siedlungen und neue Straßen Ackerland verloren gegangen: "Das lässt sich auch nicht durch Intensivierung des Anbaus ausgleichen." Jetzt droht erneuter Flächenverlust, da das Land die L 600 zwischen Autobahnzubringer und Schwetzingen vierspurig auszubauen plant.

Wer sich von dem ernährt, was auf Heidelberger Gemarkung an landwirtschaftlichen Produkten erzeugt wird, hört das betimmt nicht gerne. (neu)

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Wo bekomme ich heimisches Gemüse?

Grundsätzlich beim Erzeuger selbst. Wer in das Handschuhsheimer Feld fährt oder zu den Aussiedlerhöfen wie beispielsweise Kirchheimer Hof, Neurott, Kurpfalzhof, braucht nur den Schildern zu folgen, die zu den verschiedenen Hof- und Gärtnereiläden führen. Die meisten haben das komplette Angebot an saisonalem Gemüse und Obst der Region. Außerdem führen viele noch Eier, Butter, Honig, Marmelade, Wurst, Wein und anderes mehr aus Heidelberg und der Umgebung.

In Kirchheim und Wieblingen finden regelmäßig samstags Bauernmärkte statt, auf denen man sich ebenfalls mit Obst und Gemüse aus Heidelberg eindecken kann.

In Wieblingen befindet sich der Bauernmarkt auf dem Parkplatz Ecke Mannheimer Straße/Wundtstraße. Termine (jeweils 9 bis 12 Uhr): 13. und 27. Mai, 10. und 24.Juni, 8. und 22. Juli, 12. und 26. August, 9. und 23. September, 14. und 28. Oktober, 11. und 25. November, 9. Dezember.

In Kirchheim befindet sich der Bauernmarkt auf dem Platz vor dem Heimatmuseum an der Schäfergasse statt. Die nächsten Termine (jeweils 8 bis 12 Uhr): 20. Mai, 3. Juni, 17. Juni, 1. Juli, 15. Juli.

Handschuhsheimer Gärtner haben Stände auf den Wochenmärkten in Handschuhsheim (samstags) und Neuenheim (mittwochs und samstags).

Für ganz Bequeme liefert der Gemüsekurier der Heidelberger Dienste ökologisch angebautes Obst und Gemüse, Backwaren und Milchprodukte ins Haus. Bestellt werden kann montags bis donnerstags zwischen 7.30 Uhr und 16.30 Uhr und freitags von 7.30 Uhr bis 14.30 Uhr unter
Telefon 0 62 21/141 041, 169 214 oder 141 00.

Wer landwirtschaftliche Produkte aus der Region kauft, betreibt Wirtschaftsförderung vor Ort. Wer seine Gelüste nach Tomaten im März oder Erdbeeren im Dezember zügelt und auf Gemüse und Obst der Saison zurückgreift, verringert die mit den langen Transporten verbundenen Umweltbelastungen.

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Stand: 9. Mai 2000