Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 16 · 21. April 1999

Kommunale Kriminalprävention in Heidelberg:

Gewalt ist nichts Privates

Angst lähmt – Mut befreit. Das ist der Titel einer Broschüre, die im städtischen Frauenamt für Mädchen und Frauen zu einem Selbstkostenpreis von zwei Mark bereit liegt. Sie gibt praktische Tipps und Hinweise, wie Mädchen und Frauen sich besser schützen können.

Lieber den Tatsachen ins Auge sehen, als einem Angreifer. Das ist die Devise der Autorin Marion Streussloff. Die wichtigste Grundlage von Prävention ist Wissen. Und das heißt beim Thema Frauen und Gewalt, Mythen aufzugeben. Mythen vom asozialen und psychisch kranken Triebtäter bis zum Selbstverschulden oder der Mitschuld von Frauen.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen findet auch nicht nur auf der Straße statt, sondern vor allem im Privatleben. Die Einschätzungen von Experten dazu schwanken zwischen 50 Prozent und 90 Prozent. Zu berücksichtigen ist bei diesen Zahlen, dass Täter aus dem Freundes- und Verwandtenkreis um ein Vielfaches weniger von betroffenen Frauen angezeigt und damit zahlenmäßig nicht erfasst werden.

Obwohl Männergewalt an Frauen endlich ein Thema in der Öffentlichkeit wurde, haftet ihr noch immer ein Aspekt von "Privatheit", von Beziehungsproblemen zwischen Opfern und Tätern an. Genau in dieser scheinbaren Privatheit sind Misshandelte "gefangen": weil es niemand erfahren darf, aus Angst vor Aggressionen des eigenen Partners, aus Angst, selbst als Schuldige dazustehen oder aus Angst vor der ungewissen Zukunft – allein mit Kindern.

Und das finden Sie in der Broschüre:
  Welche Hilfsangebote in Heidelberg zur Verfügung stehen.
  Was zu tun ist, um konkrete Gefahren besser zu erkennen und einzuschätzen,
  um Vorkehrungen zum persönlichen Schutz zu treffen,
  um die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen,
  um die Opferrolle zu verlassen,
  um das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein zu stärken,
  um Selbstverteidigung zu lernen.
   
  Sie können außerdem an einem Wen-Do-Selbstverteidigungs-/Selbstbehauptungskurs für Frauen teilnehmen. Er findet am 12./13. Juni 1999 statt. Plätze können über das Frauenamt der Stadt Heidelberg Tel. 58-1554 gebucht werden.

Damit Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufhört, sind noch viele Schritte der Prävention nötig. Verbesserte individuelle Vorbeugung ist nur einer von ihnen. Genauso wichtig ist die Verbesserung des Opferschutzes. Durch das Handeln von Polizei und Justiz muss gewaltbereiten Männern klar werden, dass diese Gewalt auch im sozialen Nahbereich nicht hingenommen wird. Hilfseinrichtungen für Frauen müssen finanziell abgesichert sein.

Jungen und Männer müssen sich im Rahmen von Beratung und Therapie mit männlicher Gewalttätigkeit auseinander setzen können. Um der Gewalt gegen Frauen und Mädchen nachhaltig begegnen zu können sind wir gefordert, uns für eine Gesellschaft einzusetzen, in der Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen funktioniert. (Dörthe Domzig, Frauenbeauftragte)
 
  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT

Bericht über Bürgerumfrage im Stadtentwicklungsausschuss

Überschaubare Stadt

Was macht eigentlich die Lebensqualität einer Stadt aus? Neben dem persönlichen sozialen Umfeld, der "Ästhetik der Stadt", kultureller Vielfalt, intakter Natur und gesunden Umweltbedingungen sind es vor allem die Überschaubarkeit der Stadt und die gute Erreichbarkeit vieler Einrichtungen, die Heidelbergs Qualität bestimmen.

Das ist eines der Ergebnisse einer Umfrage, die der Wohnbund Frankfurt im Auftrag der Stadt durchgeführt hat. Als Teilnehmerstadt im ExWoSt-Forschungsfeld "Städte der Zukunft - Strategien einer nachhaltigen Entwicklung" hat die Stadt Heidelberg sich verpflichtet, zu Beginn und Ende des Förderungszeitraums jeweils eine Bürgerumfrage durchzuführen. Ziel der Befragungen ist es, Auskunft über Veränderungen in der Beurteilung der Lebensqualität durch die Bevölkerung zu bekommen. Dazu werden Fragen zur Einschätzung der Umweltsituation, der Wohnqualität, der Situation im Straßenverkehr und zu weiteren Faktoren gestellt. Ferner geht es darum fest-zustellen, welche Bedeutung der Lokalen Agenda 21 beigemessen wird. Im Rahmen einer qualitativen Erhebung wurden insgesamt 66 Interviews mit Vertreter/innen von Organisationen und privaten Haushalten durchgeführt.

Bürgerbeteiligung hat Tradition
Über erste Ergebnisse berichtete jetzt Wohnbund-Mitarbeiterin Birgit Kasper im Stadtentwicklungsausschuss, weitere Ergebnisse sollen im Mai vorgestellt werden. Nahezu alle Befragten, nämlich 64 von 66, leben gern in Heidelberg. Größe und Struktur der Stadt empfinden sie als angenehm. Die Umsetzung des Leitbildes der "Stadt der kurzen Wege" trage zu dieser positiven Einschätzung bei. Es sollte nach Auffassung der Befragten auch bei zukünftigen Planungen als Maßstab angelegt werden.

Der in der Stadtentwicklung eingeschlagene Weg wurde von den Organisationen positiv bewertet und sollte nach ihrer Ansicht fortgeführt werden. Gelobt wird, dass "Bürgerbeteiligung mittlerweile eine Tradition in Heidelberg hat", wenn es um Zukunftsfragen der Stadt geht, wobei manchem der Weg von der Diskussion bis zur Umsetzung lang erscheint. Hier wird mehr Information gewünscht, insbesondere wenn Entwicklungen stocken.

Als beeinträchtigend werden die "Verkehrsbelastung" und die "Luftbelastung" genannt. In der Beurteilung des Verkehrs gebe es eine "widersprüchliche Gemengelage", so Kasper. Sie verdeutlichte die vielen Menschen eigene widersprüchliche Haltung zum Verkehr mit einem Beispiel. So beklage sich ein und dieselbe Person einerseits über den Zwang zum "Schleichen" in der verkehrsberuhigten Zone im eigenen Wohngebiet, äußerte aber andererseits Befürchtungen wegen unsicherer Schulwege der Kinder.

Politische Gratwanderung
Weitere Fragen nahmen konkret Bezug auf das Neubaugebiet Wieblingen-Schollengewann. Die Antworten wurden von Kasper so interpretiert, dass die politischen Entscheidungsträger hier vor einer Gratwanderung stünden. Einerseits bestehen Befürchtungen, dass der soziale Wohnungsbau zu stark in den Vordergrund treten könnte, andererseits sehen die Befragten durchaus, dass die Kommune eine soziale Verantwortung in der Wohnungsversorgung besitzt. Die Befragung zeige "an vielen Stellen die Widersprüchlichkeiten auf, mit denen die Akteurinnen und Akteure der Stadt konfrontiert sind."

Oberbürgermeisterin Beate Weber bezeichnete es als erfreulich, dass die Lebensqualität in Heidelberg so hoch eingeschätzt wird, gerade auch, was Überschaubarkeit und Erreichbarkeit betrifft. "Dies zeigt", betonte die Oberbürgermeisterin, "dass wir mit unseren stadtteilbezogenen Planungen auf dem richtigen Weg sind". Die bezüglich des Schollengewanns geäußerten Befürchtungen nannte sie unbegründet. Insgesamt zeige die Studie, "dass Heidelberg auch im Bild seiner Bürger besondere Qualitäten aufweist". (rie)
   
 

ExWoSt

  Das Kürzel "ExWoSt" steht für "Experimenteller Wohnungs- und Städtebau", ein Forschungsfeld des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Eines von sieben Heidelberger ExWoSt-Projekten ist die Entwicklung des Baugebietes Wieblingen-Schollengewann zu einem innovativen, zukunftsfähigen Stadtteil. Informationen über alle ExWoSt-Projekte gibt es beim Amt für Stadtentwicklung, Telefon 58-2150, Fax 5846-2150, E-mail: stadtentwicklung@heidelberg.de.

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Stand: 20. April 1999