Kinder und Kultur

Ausgabe Nr. 15 · 9. April 2003

Sophie Brandes (Foto: privat)

"Man muss nur die Augen offen halten"

Ein STADTBLATT-Interview mit der Kinderbuchillustratorin Sophie Brandes

Eine Auswahl der schönsten und beliebtesten Kinderbücher von Sophie Brandes zeigt die Stadtbücherei anlässlich des 60. Geburtstags der Kinderbuchillustratorin im oberen Foyer. In Breslau geboren, studierte sie an der Deutschen Meisterschule für Mode in München Grafikdesign und war anschließend als Modezeichnerin tätig, bis aus den Anfängen als Kinderbuchillustratorin ihr Hauptberuf wurde.


Seit 1973 arbeitet Sophie Brandes freiberuflich für verschiedene Verlage und gehört zu den wenigen Autorinnen, die ihre Bücher selbst illustrieren. Etwa 50 Bücher mit ihren Zeichnungen sind seitdem erschienen. Über 30 davon hat sie selbst geschrieben und zahlreiche Auszeichnungen bekommen, unter anderem den Österreichischen Jugendliteraturpreis für "Ein Baum für Mama". Außerdem schreibt sie Drehbücher und zeichnet Bildergeschichten für Kinderserien im ZDF.

STADTBLATT: Wie ist aus der Modezeichnerin eine Kinderbuchillustratorin geworden?

Sophie Brandes: Als Modezeichnerin hatte ich die Aufgabe, jeweils zwei Mal im Jahr eine Kollektion zu begleiten. Das ist zwar eine interessante, aber auch eine wahnsinnig aufreibende und hektische Tätigkeit. Nach sechs oder sieben Jahren wusste ich, dass ich das nicht ein Leben lang machen würde. Zu dieser Zeit habe ich angefangen zu texten. Meine Zeichnungen und Texte wurden immer weniger modemäßig. Meine Wunschvorstellung war, mal etwas für Kinder zu machen. Dann habe ich beim Beltz-Verlag angefragt, der gefiel mir vom äußeren Erscheinungsbild am besten. Zunächst konnte ich in den Jahrbüchern kleinere Beiträge machen, darüber bin ich dann zum ersten eigenen Buch gekommen. In der Ausstellung kann man ganz gut sehen, wie sich das entwickelt hat aus der Mode heraus zu den Kinderthemen.

STADTBLATT: Über 30 Kinderbücher haben Sie selbst geschrieben. Woher nehmen Sie die Themen?

Sophie Brandes: Die Ideen sind eigentlich auf der Straße, sie sind überall, man muss nur die Augen offen halten und gucken, was um einen herum passiert. - Ich denke auch, ich habe meine Kindheit, die sehr aufregend war und die ich nicht mitteilen konnte, über die Kinderbücher aufgearbeitet. Ich wollte etwas loswerden. Ich dachte, andere Kinder werden das auch erleben.

STADTBLATT: Was möchten Sie Kindern vermitteln?

Sophie Brandes: Dass sie Härtesituationen, Schwierigkeiten, Probleme oder scheinbar aussichtslose Zustände mit ganz bestimmten Hilfen, mit Lebenshilfen, durchstehen können, und zwar allein, selbständig. Ich möchte Mut machen, Angst nehmen und zur Selbständigkeit führen. Ich bin nicht jemand, der immer ein heiles Ende anbietet, lieber mag ich offene Enden. Ich möchte die Phantasie der Kinder aktivieren, damit sie eigene Wege finden. Natürlich würden Kinder am liebsten immer ein schönes Ende haben. Die heile Welt biete ich jedoch nicht an, wohl aber eine Art von positiver, mutmachender Perspektive. Auch der Tod oder ein anderer schmerzhafter Verlust sind wichtige Themen. Es ist mir ein Anliegen, Kindern zu vermitteln: Man kann nicht alles behalten, und doch ist da noch nicht alles zu Ende...

STADTBLATT: In der Stadtbücherei ist jetzt eine Werkschau von Ihnen zu sehen...

Sophie Brandes: Ja, es werden Ausschnitte aus meiner 30-jährigen Illustrationsarbeit gezeigt. Ich habe etwa 800 Illustrationen für Kinderbücher gemacht, davon können wir natürlich nur eine Auswahl zeigen. Mit dem Titel der Ausstellung "Jenseits der wirklichen Welt" sind die Bilder aus der Phantasiewelt gemeint, mit denen man sich wegdenken und wegträumen kann. Auch in Träumen geben Bilder symbolhaft das wieder, was einen im Moment bewegt. (doh)
   
 

Vernissage

Die Werkschau von Sophie Brandes werden Bürgermeister Dr. Jürgen Beß und die Künstlerin Angelika Dirscherl am Freitag, 11. April, um 19.30 Uhr im oberen Foyer der Stadtbücherei eröffnen. Die Retrospektive ist bis zum 31. Mai in der Hauptstelle, Poststraße 15, dienstags bis freitags von 10 bis 20 Uhr und samstags von 10 bis 16 Uhr zu sehen. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.


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Kurt Weill im Film

Das Kino im Karlstorbahnhof zeigt Stationen eines Künstlerlebens


Anlässlich des Heidelberger Frühlings zeigt das Karlstor-Kino eine Hommage an den Komponisten Kurt Weill. Im Jahre 1900 in Dessau geboren, zählt Kurt Weill zu den bekanntesten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Berühmt wurde er durch die Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht und seine Kompositionen zur "Dreigroschenoper". Als Jude emigrierte Weill während des Nationalsozialismus zunächst nach Paris, dann in die USA, wo er in den 40er Jahren mit seinen Musicals große Erfolge feierte. Er starb 1950 in New York.

Eine Woche lang steht der Dokumentarfilm von Sven Düfer auf dem Programm des Karlstor-Kinos. Er zeichnet die Stationen dieses Künstlerlebens in seinem Film chronologisch nach, hat Zeitzeugen befragt und eng mit dem Weill-Biographen Jürgen Schebera zusammengearbeitet. Außerdem äußern sich zeitgenössische Künstlerinnen über Leben und Werk Kurt Weills, darunter: Kathrin Angerer, Milva, Stefanie Wüst, Blixa Bargeld und Udo Lindenberg. Zur ersten Vorstellung am Donnerstag, 10. April, um 20 Uhr ist der Regisseur Sven Düfer anwesend.

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Stand: 8. April 2003