Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 15 · 11. April 2001

 

Seit zehn Jahren für die Bürger da

Amt der/des Bürgerbeauftragten wurde 1991 eingerichtet - Jan-Pieter Baumann hielt Rückblick und Ausblick


Seit zehn Jahren gibt es bei der Stadt Heidelberg - soweit bekannt als einziger Stadt in Deutschland - die Institution der/des "Bürgerbeauftragten". Jan-Pieter Baumann, Bürgerbeauftragter seit 1997, verband deshalb seinen Jahresbericht 2000/01, den er jetzt dem Gemeinderat vortrug, mit einem Zehn-Jahre-Rückblick und einem Ausblick auf die weitere Entwicklung der Tätigkeit der/des Bürgerbeauftragten.

Im Laufe von zehn Jahren - vom 15. April 1991 bis Ende März 2001 - haben sich Heidelberger Bürgerinnen und Bürger in 1.498 Fällen mit ihren Anliegen an die Bürgerbeauftragten gewandt. "Chancen und Möglichkeiten dieser Institution sind also von der Bevölkerung in beachtlichem Umfange wahrgenommen worden", sagte Baumann. Das treffe auch für die Zugänge im Berichtsjahr 2000/2001 zu, die mit 141 Fällen dem Jahresdurchschnitt der ersten zehn Jahre recht genau entsprächen.

Als uneingeschränkt positiv könne er diese Entwicklung aber nicht ansehen, weil nach seinen Erfahrungen immer noch nicht alle Bürger Heidelbergs wissen, dass sie bei Konflikten mit der Stadtverwaltung den gewählten Bürgerbeauftragten anrufen können. Schon vergangenen Jahr habe er darauf aufmerksam gemacht, "dass nicht selten Menschen zu mir kommen, die von dieser Möglichkeit erst erfahren haben, nachdem Konflikte mit der Stadtverwaltung für sie schon rechtlich bindend geregelt oder unabänderliche Tatsachen geschaffen waren".

Die Erfolgsquote war im Berichtsjahr 2000/2001 mit knapp 47 Prozent etwa ebenso hoch wie in den Vorjahren. "Auf den Zehnjahreszeitraum übertragen heißt das, dass in fast 700 Fällen Bürgerinnen und Bürger Heidelbergs zumindest teilweise Erfolg hatten, wenn sie sich mit ihren Anliegen an die Bürgerbeauftragten wandten", blickte Jan Pieter Baumann zurück. Die Tätigkeit der/des Bürgerbeauftragten sei ein Beitrag zum Rechtsfrieden, wenn die Erörterung der Anliegen der Bürgerinnen und Bürger dazu führe, dass eine konkret getroffene Entscheidung akzeptiert und von Rechtsmitteln abgesehen wird: "Insoweit nützt die Tätigkeit des Bürgerbeauftragten auch der Verwaltung."

Am einfachsten gestalte sich die Zusammenarbeit mit den städtischen Ämtern, wenn der Bürgerbeauftragte in Angelegenheiten tätig wird, bei denen soziales Verständnis oder individuelles Entgegenkommen der jeweiligen Verwaltungsstelle gefragt ist. Baumann: "In solchen Fällen wird der Bürgerbeauftragte gegenüber der Verwaltung erklärend, anregend und auch bittend tätig und findet dabei in der Regel wohlwollende Zuhörer."

An mehreren Beispielen zeigte der Bürgerbeauftragte, dass unter solchen Umständen bei den Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern durchaus Bereitschaft besteht, nach praktikablen Lösungen für die Bürgerinnen und Bürger zu suchen. Anders seien die Erfahrungen allerdings, wenn Bürgeranliegen das Vorgehen der Verwaltung stärker in Frage stellten oder gar die Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit des von der Verwaltung vertretenen Rechtstandpunktes bezweifelten. Dann stoße die Zusammenarbeit schnell an Grenzen.

Auch hierfür hielt der Bürgerbeauftragte ein Beispiel bereit, welches nach seiner Auffassung deutlich machte, "dass unterschiedliche Vorstellungen darüber vorhanden sind, in welcher Weise, mit welcher Intensität und in welchem Umfang der mit einem Bürgeranliegen befasste Bürgerbeauftragte zu unterrichten und anzuhören ist".

Weder die vom Gemeinderat 1991 beschlossene Satzung, auf der die Institution Bürgerbeauftragter rechtlich gründet, noch die von der Oberbürgermeisterin dazu erlassene Dienstanweisung regelt nach Baumanns Worten ausreichend die Art und den Umfang des Zusammenwirkens von Verwaltung und Bürgerbeauftragten. Offen bleibe ebenfalls die Frage, wie weit der Bürgerbeauftragte Bürgerinteressen auch gegenüber den privatrechtlichen Gesellschaften, deren Haupt- oder Alleingesellschafterin die Stadt ist - zum Beispiel GGH oder HVV - vertreten kann.

Weil es in diesem Land eine dem Heidelberger Bürgerbeauftragten vergleichbare Institution nicht gibt, griff Jan-Pieter Baumann auf die Rechtsgrundlagen der parlamentarischen Ombudsstellen in der Schweiz zurück und zitierte aus der Verordnung über den Beauftragten in Beschwerdesachen der Stadt Winterthur:

"Der Ombudsmann prüft aufgrund einer Beschwerde, auf Anregung oder von sich aus, ob Amtsstellen der Stadt Winterthur nach Recht und Billigkeit verfahren. Er wirkt in erster Linie vermittelnd. Als Amtsstellen im Sinne dieser Verordnung gelten alle Behörden und Verwaltungsstellen der Stadt Winterthur sowie alle Institutionen und Organisationen des privaten Rechts, denen öffentliche Aufgaben übertragen wurden und die überwiegend von der Stadt Winterthur finanziert werden."

Baumann abschließend: "So oder so ähnlich könnte auch eine Regelung für die Tätigkeiten der Bürgerbeauftragten der Stadt Heidelberg aussehen, wenn die Stadt und insbesondere der Gemeinderat es so will." Und: "Es liegt klar zutage, dass das für die Bevölkerung Heidelbergs nur von Vorteil wäre." (br.)

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Günter Braun mit seinem Entwurf des Mahnmals für die Opfer des Naziregimes auf dem Bergfriedhof. (Foto: Rothe)

"Gewalt sichtbar machen"

Mahnmal-Entwürfe für Opfer des Nationalsozialismus wurden präsentiert


Künstlerinnen und Künstler der Region hatte die Stadt Heidelberg im vergangenen Jahr aufgerufen, Entwürfe zur Gestaltung eines Mahnmals für die auf dem Bergfriedhof bestatteten Opfer des Nationalsozialismus einzureichen. Vergangenen Freitag wurden die Arbeiten der vier Preisträger öffentlich präsentiert.

Das neue Mahnmal soll an die Ehrengrabstätte auf dem Bergfriedhof gesetzt werden, die an Opfer des Naziterrors erinnern. Aus insgesamt 16 Wettbewerbsbeiträgen gingen Günter Braun (1.Preis), Roswitha Josephine Pape (2. Preis), Walter Mink (3. Preis) und Felix Geyer (Ankauf) als Sieger hervor. Der Mahnmal-Entwurf von Günter Braun besteht aus schwarzem Granit und wird ein Höhe von 1,80 Meter haben. An seinem oberen Ende ist er aufgebrochen. "Ich wollte die Gewalt sichtbar machen", sagte der Künstler bei der Vorstellung der Entwürfe. Auch der zweitplatzierte Entwurf von Josephine Pape besteht aus einem Granitblock, an den sich eine Glasplatte "anlehnt", in die die Namen der Verstorbenen eingraviert sind. Der Entwurf von Walter Mink sieht zwei nach oben sich verjüngende Dreiecke aus Sandstein vor, die eine Glasplatte mit den Namen der Verstorbenen verbindet. Mehr Raum nimmt der Entwurf von Felix Geyer ein, der den Boden um das Ehrenmal mit einem einheitlichen Belag versieht, aus dem sich einzelne Elemente hervorheben.

Die Arbeiten wurden von einer fünfköpfigen Fachjury bewertet: Dr. Milan Chlumsky, Künstlergruppe '79, Hans Gercke, Heidelberger Kunstverein, Prof. Dr. Peter Anselm Riedl, Kunsthistorisches Institut der Universität Heidelberg, Werner Schaub, Bund Bildender Künstler, und Elke Wassmann, Heidelberger Malerkreis.

Im Jahr 1950 errichtete die Stadt Heidelberg auf dem Bergfriedhof eine Ehrengrabstätte für die dort beigesetzten 27 Antifaschisten, die in den Jahren 1942 bis 1944 wegen ihres Widerstandes gegen das nationalsozialistische Terrorsystem hingerichtet worden waren. Sieben aus dem Elsass stammende Widerstandkämpfer werden durch eine später aufgestellte Steinplatte namentlich genannt. Weitere Opfer der Nazis, die hier bestattet wurden, sind bis heute anonym. Durch das neue Mahnmal sollen nun auch sie namentlich geehrt werden, wenn die Archive ihre Identität preisgeben. Hans-Martin Mumm, Leiter des Kulturamts, hofft, dass bis zum Volkstrauertag das neue Mahnmal errichtet sein wird. (neu)

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Stand: 10. April 2001