Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 14 · 5. April 2000

Sinnvolle Aufgabe muss sein

Gesprächsrunde "Älter werden in der Freizeitgesellschaft" im Seniorenzentrum Bergheim


Freizeit - freie Zeit - ist die Zeit außerhalb häuslicher und beruflicher Verpflichtungen. Deshalb, so die allgemeine Auffassung, verfügen vor allem Seniorinnen und Senioren über viel Freizeit. Ist das Mehr an freier Zeit aber wirklich befreiend oder eher belastend? Dieser Frage ging das Seniorenzentrum Bergheim in einer Gesprächsrunde zum Thema "Älter werden in der Freizeitgesellschaft" nach.

Cornelia Greverus vom Leitungsteam des Seniorenzentrums konnte dazu interessante Gesprächspartner/-innen begrüßen: die Grafikerin Marie Marcks (Jahrgang 1922), den Schauspieler Jochen Ballin (1925), den Experten für Sprecherziehung Prof. Wilhelm Pitsch (1913), den Stadtrat und früheren Pfarrer und Studienprofessor Heinz Reutlinger (1927) sowie die Hausfrau und frühere Einzelhandelskauffrau Edith Bartl (1943); dazu Manfred Anslinger, Petra Shönnemann und Dr. Frank Oswald als Fachleute vom Institut für Alternsforschung der Universität.

Ältere Menschen haben auch auf Grund der gestiegenen Lebenserwartung mehr Zeit als früher, und sie verfügen über mehr Freizeitmöglichkeiten, von denen sich viele erst nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt haben. Zum Beispiel: Reisen, Fernsehen, Volkshochschule. Dennoch sitzen rund ein Drittel der so genannten "Jung-Senioren" bereits nachmittags vor dem Fernseher, zitierte Cornelia Greverus aus einer Studie.

Sie empfahl deshalb, schon in jüngeren Jahren mit einer interessanten Freizeitbeschäftigung zu beginnen, die man im Alter fortsetzen kann. Nicht ratsam sei es, mit den Überlegungen über die Freizeitgestaltung späterer Jahre bis zum Eintritt in das Rentenalter zu warten. "Eine Tätigkeit muss sinnvoll erscheinen," ergänzte Dr. Oswald, "sonst droht die Gefahr der Langeweile." Den Wissenschaftlern vom Institut für Alternsforschung werde von den Seniorinnen und Senioren immer wieder gesagt: "Man muss eine Aufgabe haben."

Marie Marcks betonte, dass ihre Interessen heute wie früher die gleichen sind. Durch Kinder und Enkelkinder haben sich allerdings der Lebensrhythmus und die Art der Wahrnehmung geändert. Sicher ist sich die Künstlerin: "Ich langweile mich nicht!"

"Viele häusliche Aufgaben" füllen die Zeit von Edith Bartl aus, seit sie aus dem Berufsleben ausgeschieden ist: "Ich habe Haustiere, Hühner, Hund und Hasen, weil es mit Spaß macht."

Was er jetzt tue, habe er alles schon früher getan: "Ich musste mir keine neue Tätigkeit suchen," versicherte Heinz Reutlinger, um dann doch auf eine neue Tätigkeit zu verweisen: "Ich habe mit 68 angefangen Tennis zu spielen." Sport, so Reutlinger, bedeute ihm auch Kommunikation: "Im Verein kann mach sich geborgen fühlen." Dem Gemeinderat gehöre er (nun schon 35 Jahre lang) an, "um etwas gestalten zu können", und den Vorsitz im Tierschutzverein habe er, weil er den Tieren helfen möchte.

Schon als Schüler liebte er das Rezitieren ("ohne zu wissen, dass man daraus einen Beruf machen kann"), erzählte Professor Pitsch, der früher auch als Rundfunksprecher arbeitete. Ihm sei es ein Bedürfnis, Gedichte und Prosa auswendig vorzutragen. "Ich fühle Selbstbestätigung, solange das Gedächtnis funktioniert und die Gesundheit mitmacht." Was aber, wenn man nicht mehr machen kann, was man gerne möchte?, fragte Petra Schönnemann. Pitsch: "Man muss rechtzeitig lernen, sich zurück zu ziehen und dem Schicksal zu ergeben."

Für ihn sei es keine Zäsur gewesen, 65 zu werden, betonte Jochen Ballin. "Es lebt sich weiter wie zuvor. Theater ist mein Leben, Theater ist die Familie." Theater bedeute viel Arbeit, die er aber nie als Last empfunden habe. Klar war sich der Schauspieler aber darüber: "Wer mit 65 aufhören muss zu arbeiten, kann leicht in ein ganz tiefes Loch fallen. Das ist sicherlich auch eine Frage des Geldes."

Ballin weiter: "Jeder sollte einmal in der Woche irgendwo hingehen müssen. Da muss man sich waschen und vernünftig anziehen." Dagegen der Wissenschaftler Dr. Oswald: "Keine Tätigkeit außer Haus um jeden Preis, wenn einen auch das Fernsehen zufrieden macht..."

Auch die Zuhörer/-innen beteiligten sich an der Aussprache, wobei unter anderem folgende Frage laut wurde: "Im Alter wird einem klar, dass die Zeit allmählich knapp wird und man fragt sich, was zieht man noch durch von dem, was man sich alles vorgenommen hat? Dadurch kann das Alter zum Stress werden." Die Antwort von Dr. Oswald: "Man muss sich wohl damit abfinden, dass man irgendwann nicht mehr alles machen kann, was man noch gerne tun würde." (br.)

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Vier Wochen ohne Auto

Offener Informationsabend soll Einstieg in autofreie Zeit erleichtern


Wie lebt es sich ohne Auto? Interessierte Bürger/innen können das vier Wochen lang im Rahmen eines Workshops testen, den das Agenda-Büro der Stadt Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Heidelberg anbietet. Wer sich dafür interessiert, aber noch unsicher ist, ob er es "wagen" will, vier Wochen ohne Auto zu leben, kann sich am Mittwoch, 12. April, um 19.30 Uhr in der Volkshochschule Heidelberg genauer informieren und sich erst danach für oder gegen eine Teilnahme zu entscheiden.

Details zur autofreien Zeit erläutern der Leiter des Workshops, Dr. Klaus Peter Kalwitzki (Diplompsychologe und Verkehrsberater) und Frank Zimmermann (Agenda-Büro). Mit Unterstützung der HSB und ihrer Mobilitätszentrale gibt es ausführliche Informationen über das ÖPNV-Angebot in Heidelberg und Umgebung.

Vor dem eigentlichen Workshop ist es Aufgabe der Teilnehmer/innen, zuerst fünf Wochen ihre Mobilität in gewohnter Weise zu organisieren und dabei zu notieren, wann und zu welchem Zweck sie das Auto verwenden. Die autofreie Zeit beginnt dann am Samstag, 20. Mai, mit einem eintägigen Workshop in der Volkshochschule. Dort werden die "fünf Wochen mit Auto" ausgewertet und die autofreie Zeit geplant und vorbereitet. Außerdem werden Vorträge und Diskussionen zum Thema Verkehr angeboten. Als besondere Zugabe stellt der VRN allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die autofreie Zeit kostenlos ein Ticket für die Region zur Verfügung. Während der gesamten Dauer haben die Teilnehmer des Workshops die Möglichkeit, sich in der Gruppe über die Erfahrungen und entstehende Probleme auszutauschen. "Dieser Erfahrungsaustausch", so Kalwitzki, "macht den Teilnehmern erfahrungsgemäß viel Spaß und hilft, die Tücken des autofreien Alltags zu bewältigen."

Beendet wird das Programm am 18. Juni mit einer Auswertung der "autofreien Zeit", verschiedenen Vorträgen und der Verleihung eines Abschlusszertifikats. Außerdem haben die Teilnehmer/innen die Möglichkeit, ihre Erfahrungen bei der Nutzung von Bussen und Bahnen mit dem Technischen Vorstand der HSB, Heino Hobbie, zu besprechen.

Wer vier Wochen lang das Leben ohne Auto testen will, kann sich bei der Volkshochschule Heidelberg, Telefon 0 62 21/91 19 11, anmelden. Die Teilnahmegebühr beträgt 60 Mark. Weitere Infos gibt es beim Agenda-Büro der Stadt Heidelberg, Telefon 0 62 21/58 21 21.

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Der Schulbericht beschäftigt sich mehr mit Schülerzahlen denn mit Schülervorlieben, von denen eine bestimmt die große Pause, wie hier in der Landhausschule, ist. (Foto: Rothe)

Schule ist Lern- und Lebensraum

Der Schulbericht 1999/2000 wurde dem Kulturausschuss vorgelegt


Die Stadt Heidelberg ist Trägerin von neun Grundschulen, acht Grund- und Hauptschulen, drei Realschulen, vier Gymnasien, zwei Förderschulen, sechs beruflichen Schulen und der Internationalen Gesamtschule Heidelberg. Alljährlich erscheint ein Schulbericht, in dem vor allem die Entwicklung der Schülerzahlen und andere statistische Daten zu finden sind.

Grund- und Hauptschulen
In jedem Stadtteil befindet sich eine Grundschule, teilweise zusammen mit einer Hauptschule. Die größte Grundschule ist auf dem Emmertsgrund mit 405 Kindern, die kleinste in Schlierbach besuchen 124 Erst- bis Viertklässler. Die Fröbelschule in Wieblingen ist die größte Grund- und Hauptschule mit 458 Schülerinnen und Schülern, die Wilckensschule in Bergheim mit 219 die kleinste. Knapp über 5.500 Schülerinnen und Schüler besuchten im Schuljahr 1999/2000 die Grund- und Hauptschulen in der Stadt. In der Heiligenbergschule und in der Albert-Schweitzer-Schule wurden je eine 10. Klasse eingerichtet, in denen Hauptschüler aus ganz Heidelberg die mittlere Reife machen können.

Kernzeitbetreuung
Weiterhin steigend ist die Nachfrage nach Kernzeitbetreuungsplätzen für Grundschüler. 628 Kinder nahmen dieses Betreuungsangebot im Schuljahr 1999/2000 in Anspruch. Ab kommenden Schuljahr wird die "verlässliche Grundschule" eingeführt, mit der die Schulen eine feste Unterrichtszeit garantieren. Vor Schulbeginn und nach Schulende wird die Stadt weiterhin Betreuungsangebote einrichten, dazu wird gerade eine Umfrage unter den Eltern durchgeführt. "Dass sich Kinder auch über die Unterrichtszeit hinaus an der Schule aufhalten, sollte uns Ansporn sein, den Schülerinnen und Schülern einen Raum zu schaffen, an dem nicht nur gelernt wird, sondern der auch "Lebensraum" sein kann", sagt dazu Bürgermeister Dr. Jürgen Beß.

Realschulen
Die drei öffentlichen Realschulen besuchen in diesem Schuljahr 1127 Schülerinnen und Schüler. Seinen Realschulabschluss kann man in Heidelberg aber auch in den privaten Elisabeth-von-Thadden-Schule und St. Raphael Realschule machen. Auch an der Internationalen Gesamtschule Heidelberg (IGH) ist der mittlere Schulabschluss möglich.

Gymnasien
Die vier öffentlichen Gymnasien besuchen zurzeit rund 3160 Schülerinnen und Schüler. Jede Schule hat ihren eigenen Charakter und bietet entweder einen neusprachlichen, altsprachlichen und/oder naturwissenschaftlichen Zug an. Das Helmholtz ist mehrheitlich in der Hand der Jungs, während bei den drei anderen Gymnasien die Mädchen in der Überzahl sind. Sein Abitur kann man in Heidelberg aber auch in einem der vier privaten Gymnasien (St. Raphael Schule, Elisabeth-von-Thadden-Schule, Heidelberg College, Englisches Institut) an der Waldorfschule und an der IGH machen. Zudem gibt es an der Carl-Bosch-Schule ein Technisches Gymnasium und an der Willy-Hellpach-Schule ein Wirtschaftsgymnasium. Wer es besonders eilig hat, kann das Abitur am Kurfürst-Friedrich- und am Bunsen-Gymnasium auch in acht Jahren machen.

Wer von der Grundschule bis zum Abitur in einer Schule bleiben möchte, sollte die IGH wählen. Dort ist der Übergang zwischen den einzelnen Schularten leichter möglich. Wer darauf angewiesen ist, erhält eine Ganztagesbetreuung mit Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung und Freizeitprogramm.

Sonder- und Förderschulen
Die Einzugsbereiche der Sonder- und Förderschulen umfassen auch Gemeinden des Umlands. Die Schulen haben die Aufgabe, behinderte Kinder oder Kinder mit einer Beeinträchtigung ihrer geistig-seelischen Anlagen zu unterstützen. Die Käthe-Kollwitz-Schule und die Robert-Koch-Schule kümmern sich um Lernbehinderte, die Graf-von-Galen-Schule um Geistigbehinderte und die Stauffenbergschule um Sprachbehinderte.

Berufliche Schulen
Die meisten Schülerinnen und Schüler, fast 6.500, gehen in Heidelberg in die beruflichen Schulen, Schüler des Technischen Gymnasiums und Wirtschaftsgymnasiums nicht mitgerechnet. Die Unterrichtsinhalte sind so zahlreich wie die Berufe, die man in der Region erlernen kann. Die Johannes-Gutenberg-Schule ist die größte Berufsschule mit knapp über 1.900 Schülerinnen und Schülern. In der kleinsten auf dem Boxberg, der Fritz-Gabler-Schule, erhalten die zukünftigen Hoteliers, Restaurantfachleute und Sommeliers die fachspezifische Grundlage für ihre spätere Tätigkeit.

Ansonsten gibt es in Heidelberg noch acht allgemein bildende Schulen in privater Trägerschaft. Darunter befinden sich eine französische Grundschule, die freie Montessorischule und die Freie Christliche Schule.

Weit über 18.000 Schülerinnen und Schüler strömen täglich in die öffentlichen Schulen. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Gebäude. Deswegen muss die Stadt als Trägerin die Bildungsstätten zuweilen wieder auf Vordermann bringen. Abgesehen von kleineren Renovierungsarbeiten wird zurzeit gerade als größeres Projekt die Außenstelle des Kurfürst-Friedrich-Gymnasiums in der Luisenstraße saniert. Und an der Johannes-Gutenberg-Schule wird der zusätzliche Bedarf an Räumlichkeiten mit der Errichtung eines Erweiterungsbaus gedeckt. (neu)

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Stand: 4. April 2000