Kultur

Ausgabe Nr. 13 · 31. März 1999



Forschungsgelder ermöglichen jetzt die Auswertung der Ausgrabungen im Neuenheimer Feld, die vor 20 Jahren beendet wurden. Das Foto stammt aus dem Jahr 1965. (Foto: Kurpfälzisches Museum)
Archäologische Abteilung des Kurpfälzischen Museums wertet Römerfunde aus

Einblick in römischen Alltag

Für das Kurpfälzische Museum gehen lang gehegte archäologische Wünsche in Erfüllung. Das römische Gräberfeld in Neuenheim, einer der bedeutendsten Bestattungsplätze in Süddeutschland, kann nun umfassend wissenschaftlich ausgewertet werden.

Dafür stellt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Million Mark zur Verfügung. Nach Abschluss der Arbeiten sollen die in Baden-Württemberg einmaligen Funde der Öffentlichkeit in einer Ausstellung vorgestellt werden. Die Förderung ist auf fünf Jahre ausgelegt und deshalb rechnet Dr. Renate Ludwig, Leiterin der Archäologischen Abteilung im Museum, damit, dass im Jahre 2006 die Ausstellung im Kurpfälzischen Museum stattfinden wird.

Das Neuenheimer Gräberfeld gilt als das größte römerzeitliche Gräberfeld in Süddeutschland. Zwischen 1951 und 1969 wurde es systematisch und vollständig freigelegt. Die Archäologen fanden zu beiden Seiten der Römerstraße nach Ladenburg etwa 1600 Gräber mit teilweise monumentaler Grabarchitektur. Mehr als 1300 Gräber enthalten Feuerbestattungen. Die Toten wurden in ihrer Festtagskleidung, mit persönlicher Habe und "Wegzehrung" für den Übergang ins Totenreich bestattet. Kosmetikartikel, Werkzeuge, Schuhnägel, Schnallen, Spielzeug, Gläser und Töpfe geben Einblick in Sitten und Alltag der Römer. "Hinter jedem der Fundobjekte steht ein Mensch", sagte Dr. Renate Ludwig bei der Vorstellung des Forschungsauftrags. Besondere Fundstücke seien völlig unzerstörte Glasgefäße. In einem sei eine gelbliche Flüssigkeit erhalten geblieben, wahrscheinlich ein Balsam, das ein Labor zurzeit auf seine Bestandteile untersucht. Bisher lagerten die Funde im Depot des Museums. "Für jedes Grab gibt es mindestens eine Kiste", verdeutlicht Dr. Ludwig die Dimension der wissenschaftlichen Arbeit, die jetzt auf das Museum zukommt. Einen halben Tag dauert es allein, um beispielsweise eine zerbrochene Urne vorsichtig von der Erde zu befreien. Zudem muss jeder Fund aufgezeichnet werden, um ihn anderen Archäologen über Kataloge zugänglich zu machen.

Dr. Thomas Werner, der Leiter des Kurpfälzischen Museums, bewertete die Forschungsgelder der DFG als Bestätigung: "Mit dem Forschungsauftrag wurde auch die wissenschaftliche Kompetenz der Archäologischen Abteilung gewürdigt", sagte er. Normalerweise würden Forschungsaufträge nur an Universitäten gehen.

Oberbürgermeisterin Beate Weber sprach von einer "Traumsituation", die durch die Bereitstellung der Forschungsmittel entstanden sei: "Das wird der archäologischen Abteilung zu weiterem Ruf verhelfen." Mit den Forschungsmitteln habe das Museum endlich die Gelegenheit, die Funde aufzuarbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. (neu)
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Stand: 30. März 1999