Verkehr

Ausgabe Nr. 12 · 22. März 2000



Der ICE im Rhein-Neckar-Dreieck - hier der Berlin-Sprinter - bald nur noch Geschichte? (Foto: Rothe)

Fährt ICE an der Region vorbei?

Einhelliger Protest gegen Bahn-Pläne, das Rhein-Neckar-Dreieck abzuhängen


In großer Einmütigkeit haben die Städte und Landkreise der Region Überlegungen der Bahn zu einer "radikal neuen Struktur" des Fernverkehrs zurückgewiesen. Danach würde es in Deutschland nur noch acht Knotenpunkte geben, die im Halbstundentakt von ICE-Zügen angefahren werden. Frankfurt und Stuttgart würden bedient, Mannheim/Heidelberg nicht.

Die jüngste Verbandsversammlung des Zweckverbandes Verkehrsverbund Rhein-Neckar (ZRN), in der die Spitzen der Städte und Landkreise vertreten sind, verabschiedete einstimmig eine Stellungnahme, in der es heißt: "Die Verantwortlichen in Bund und Ländern werden aufgefordert, auf die Deutsche Bahn AG einzuwirken und eine Verschlechterung des Fernverkehrsanschlusses des Rhein-Neckar-Dreiecks abzuwehren. Die Neubaustrecke Rhein-Main-Neckar ist mit einer siedlungs- und umweltverträglichen Trasse so in den Hauptbahnhof Mannheim einzuführen, dass eine leistungsfähige und schnelle Anbindung an das ICE-Netz und seine Netzfunktion als Knoten im öffentlichen Verkehr erhalten bleibt."

"Nur eine attraktive Bedienung in einem abgestimmten öffentlichen Verkehrssystem im Nah- und Fernverkehr", heißt es weiter, "wird der Bedeutung des Rhein-Neckar-Dreiecks gerecht und führt zum Erfolg im Verkehrsmarkt." Oberbürgermeisterin Beate Weber unterstrich: "Wir sollten sehr selbstbewusst darauf bestehen, der siebtgrößte Wirtschaftsraum in Deutschland zu sein, und auf einem neunten Knotenpunkt im Rhein-Neckar-Dreieck bestehen, weil unter anderem die Verbindungen in die Pfalz, nach Saarbrücken und ins Neckartal daran hängen."

Die Überlegungen der Bahn, über deren Verbindlichkeit noch Unklarheit herrscht, weil Bahnchef Hartmut Mehdorn dazu bisher eine Erklärung abgelehnt hat, hätte weit reichende Konsequenzen für Fern- und Nahverkehr, wie auf der ZRN-Verbandsversammlung deutlich wurde. Für die Fahrgäste aus der Region brächte die Neustrukturierung handfeste Unbequemlichkeiten. Wer den ICE nehmen will, muss nach Frankfurt oder Stuttgart fahren und dort umsteigen. Die Zubringerzüge dorthin wären dann kein Fernverkehr mehr.

Um den finanziellen Sinn dieser Verlagerung aus Bahnsicht zu verstehen, muss man sich vor Augen führen, wie der Bahnverkehr seit der Privatisierung strukturiert ist. Fern- und Nahverkehr wird von getrennten Unternehmen unter dem Dach der DB-Holding betrieben.

Für den Fernverkehr zeichnet die DB Reise & Touristik verantwortlich, für den Nahverkehr die DB Regio. Zieht sich der Fernverkehr aus den weniger ertragreichen Strecken in der Fläche zurück und konzentriert sich auf die profitablen Hauptstrecken zwischen den Metropolen, sinkt sein Defizit.

Die Bedienung auf den vom Fernverkehr aufgegebenen Strecken wird natürlich nicht eingestellt. "Alle Zubringer zum Knoten werden Nahverkehr", so der ZRN-Vorsitzende Dr. Norbert Egger. Die Verbindungen fallen damit an die DB Regio, deren Defizite faktisch von den Ländern als Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) getragen werden. Es geht also letztlich um eine Art finanziellen Verschiebebahnhof der Defizite aus dem öffentlichen Personenverkehr. (rie)

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Radarkontrollen nicht behindern

Passanten dürfen nicht vor Geschwindigkeitsmessungen warnen


Ist es eine nette Gefälligkeit, wenn Passanten Autofahrer vor einer Radarkontrolle warnen? Anlässlich eines konkreten Vorfalles - eine Passantin lief eine Heidelberger Straße entlang und machte Autofahrer auf eine Messstelle aufmerksam - stellt das Rechtsamt der Stadt Heidelberg nochmals die Rechtslage dar: Warnen ist nicht erlaubt.

Ein Fußgänger, der von einem Auto mit Tempo 30 angefahren wird, hat eine 80-prozentige Chance, den Unfall unverletzt bis leicht verletzt zu überstehen. Bei Tempo 60, einer in der Stadt von manchen noch als "lässliche Sünde" empfundenen Geschwindigkeit, muss dagegen mit schweren bis schwersten Verletzungen oder tödlichen Unfallfolgen auf Seiten des Fußgängers gerechnet werden.

Überhöhte Geschwindigkeit ist "die wohl wichtigste Hauptursache im gesamten Unfallgeschehen", so war vor zwei Wochen an dieser Stelle zu lesen. Das Zitat entstammt der Unfallbilanz 1999 der Heidelberger Polizei. "Führt man sich dazu noch vor Augen", heißt es dort weiter, "dass bei keiner Unfallursache der Anteil der Unfälle mit Personenschaden, und zwar mit gravierendem Personenschaden, so hoch ist im Vergleich zur Gesamtunfallzahl, dann wird es umso deutlicher, dass der Geschwindigkeitsmissachtung eine traurige Spitzenrolle bei den Verkehrsverstößen zukommt."

Die systematische Überwachung der Einhaltung der höchstzulässigen Geschwindigkeit ist deshalb innerorts wie außerorts für die Verhütung von Verkehrsunfällen von größter Bedeutung. Wer Radarkontrollen durch Warnungen an die Autofahrer unwirksam macht, sabotiert die Bemühungen von Polizei und Gemeindevollzugsdienst, Zahl und Schwere der Verkehrsunfälle zu mindern.

Bestätigt wird das Heidelberger Rechtsamt in seiner Auffassung, dass Warnungen vor Radarkontrollen nicht zulässig sind, durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 17.01.1997, Az. 5 B 2601/96). Demnach beeinträchtigen Warnungen unbefugter Dritter vor verdeckten Geschwindigkeitskontrollen "die ordnungsgemäße Durchführung präventiv-polizeilicher Aufgaben auf dem Gebiet der Verkehrsüberwachung" und stellen somit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des Polizeigesetzes dar. Auf diese Entscheidung wurde wegen ihrer allgemeinen Gültigkeit auch über den Städtetag Baden-Württemberg hingewiesen.

Es gibt ein anderes, dem scheinbar widersprechendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart. Diesem lag jedoch ein anderer Sachverhalt zu Grunde: Hier war der Passant nicht nur aufgefordert worden seine Warnungen zu unterlassen, sondern ihm wurde - im Gegensatz zum "Heidelberger Fall" - wegen vorsätzlicher Belästigung eines anderen Verkehrsteilnehmers zusätzlich noch eine Geldbuße von 150 Mark auferlegt.

Von der Geldbuße wurde der Betroffene freigesprochen, weil nach Auffassung des OLG Stuttgart das Warnen vor einer Verkehrskontrolle nicht als Ordnungswidrigkeit nach der Straßenverkehrsordnung zu sehen ist, was jedoch Voraussetzung für die Verhängung eines Bußgeldes ist. Deshalb wurde der Betroffene im Stuttgarter Fall vom Vorwurf freigesprochen, eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass das Warnen vor verdeckten Geschwindigkeitskontrollen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des Polizeigesetzes darstellt und somit dem Warnenden völlig zu Recht untersagt werden kann. (rie)

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Stand: 21. März 2000