Kultur

Ausgabe Nr. 12 · 22. März 2000



Helga Schmidle, Mitbegründerin des Zimmertheater-Kollektivs war zu Gast bei "Erlebte Geschichte - erzählt". (Foto: Rothe)

Mit zwei Plumeaus ging es nach Heidelberg

Helga Schmidle im Gespräch mit Michael Buselmeier


"Sieben junge Schauspieler gründeten 1950 das Zimmertheater und nicht fünf wie die Legende sagt." Diesen Irrtum wollte Michael Buselmeier gleich Eingangs im Gespräch mit Helga Schmidle aus der Welt räumen. Eine von ihnen ist Helga Schmidle, die mehr als 30 Jahre lang Charakterrollen verkörperte. Beim Publikum unvergessen, ist sie eine wichtige Zeugin der (Früh-) Geschichte des Zimmertheater-Kollektivs.

In Mannheim 1925 geboren, kam Helga Schmidle als junges Mädchen kurz vor Kriegsende mit ihrer Mutter nach Heidelberg. Der Vater war früh gestorben, die Wohnung in Mannheim ausgebombt. "Mit zwei Plumeaus auf dem Handwagen" ging es nach Heidelberg, wo sie bis heute lebt.

Nach dem Krieg arbeitete sie als Kassiererin im Stardust-Club, als Akkordeon-Spielerin bei der Big-Five-Swing-Band, als Sängerin im "Seegarten", dem Offiziers-Club der Amerikaner und als Mannequin. Morgens Moderatorin beim Süddeutschen Rundfunk, der damals seinen Sitz im Marstall hatte, abends auf der Bühne, fand sie noch Zeit sich ihren Traum zu erfüllen: sie nahm Schauspielunterricht an der Hochschule für Musik und Theater.

Im Frühjahr 1949 absolvierte sie die Schauspielprüfung am Nationaltheater Mannheim. "Wir waren ultrahochmotiviert, wir wollten spielen". Sie hatten von Walter Gmelin gehört, der das erste Zimmertheater in Hamburg gründete. Am 8. Januar 1950 standen Karl-Heinz Walther, Jochen Ballin, Helga Schmidle, Brigitte Zepf, Rudi Riegler, Annemarie Miltenberger und Claire Hahn zum ersten Mal auf der Bühne des Zimmertheaters, damals noch in der Häusserstraße 33. "Die glücklichen Tage" hieß ihr erstes Stück.

"An diesem Abend haben wir 11,90 Mark eingenommen, jeder bekam 1,20 Mark, die haben wir dann verprasst", schwärmte sie noch heute. Nach erfolgreicher Premiere gründeten die sieben Schauspieler das Zimmertheater-Kollektiv und zogen bald darauf in die Hauptstraße. "Wir waren eine Gemeinschaft von Menschen, die nur ein gemeinsames Ziel hatten: ein Theater aufzubauen und es zum Erfolg zu führen." Nach fünf Jahren hatten sie bereits 50 verschiedene Stücke mit 18 Regisseuren zur Aufführung gebracht.

Die Mississippi-Lilli aus dem ersten Musical des Zimmertheaters liegt ihr noch heute im Blut und so bekam das Publikum eine überzeugende Kostprobe zu hören. Ihre Lieblingsrolle in all den Jahren war jedoch die "Blanche" in Tennessee Williams "Endstation Sehnsucht". Gastspiele in Hamburg und Paris zählen zu den Höhepunkten der gemeinsamen Spielzeit des Kollektivs. 1981 stand Helga Schmidle zum letzen Mal auf der Bühne des Zimmertheaters in Dürrenmatts "Play Strindberg". 1983 wurde das Kollektiv umgewandelt in einen eingetragenen Verein. Seit dem spielt Helga Schmidle auf anderen Bühnen, zuletzt 1999 am Karlsruher Kammertheater. (doh)

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Stand: 21. März 2000