Kultur

Ausgabe Nr. 11 · 17. März 1999



Anfänge der Radiotechnik. (Foto: Ebert-Gedenkstätte)
Ausstellung in der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte

Die Kinderjahre des Rundfunks

Vor einem Dreivierteljahrhundert schlug die Geburtsstunde des offiziellen Rundfunks in Deutschland. Privatleute, Banken, Industrie- und Handelsunternehmen investierten in das neue Medium, dessen Programmangebot sich folglich vor allem an diese Gruppen richtete. Andere Vorstellungen von der Programmgestaltung als die bürgerlichen Kreise hatte allerdings die Arbeiter-Radio-Bewegung.

Dem Thema "Rundfunk und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik" ist eine Ausstellung gewidmet, die bis 25. April in der Ebert-Gedenkstätte, Pfaffengasse 18, zu sehen ist. Ralf Ketterer hat die Ausstellung zusammen mit Dieter Dowe und Bernd Braun im Auftrag der Gedenkstätte konzipiert und gestaltet.

Als vor 75 Jahren - am 29. Oktober 1923 - die Funk-Stunde AG in Berlin als erste deutsche Rundfunkanstalt zu senden begann, war Friedrich Ebert Reichskanzler. Wie alle Demokraten der Weimarer Republik hoffte er, den Rundfunk als Vermittler demokratischen Gedankenguts nutzen zu können.

Im Laufe des Jahres 1924 errichtete die Reichspost zusammen mit privaten Investoren weitere Sender in München, Stuttgart, Frankfurt, Münster, Hamburg, Leipzig, Breslau und Königsberg. Weil Redakteure und Zensoren nicht immer demokratischen Kreisen nahe standen, enthielten die Rundfunkprogramme neben Nachrichten und Belehrungen häufig auch einseitig politische Beiträge. Bald überwog die musikalische Unterhaltung, um die Hörer "aus der schwierigen Gegenwart in ein Gebiet zu führen, in dem Gegensätze geschlichtet, Spannungen gelöst und Harmonien hergestellt" werden. Zwar gab es ab 1927 auch so genannte "Arbeiterstunden" im Rundfunk. Die boten jedoch politisch Unverfängliches und entsprachen nicht den bildungspolitischen Zielen der Arbeiterbewegung.

1923 begannen die Radio-Amateure sich in Vereinen zu organisieren. Im April 1924 wurde in Berlin der Arbeiter-Radio-Klub (ARK) als reichsweite Kulturorganisation der Arbeiterbewegung gegründet. In den nächsten Jahren wuchs der ARK auf mehr als 240 Ortsgruppen, die ó weil der Wunsch nach einem eigenen Sender verwehrt blieb ó manchmal jenseits der Legalität Kleinsender auf lokaler Ebene betrieben.

1929 zerfiel der ARK in den sozialdemokratisch dominierten Arbeiter-Radio-Bund (ARB) und den kommunistischen Freien Radio Bund (FRB). Das Ende der Arbeiter-Radio-Bewegung zeichnete sich ab als die Nationalsozialisten die Überhand in den Sendern gewannen. Nach der Machtergreifung 1933 wurde zuerst der FRB verboten und danach der ARB aufgelöst.

Die Ausstellung in der Ebert-Gedenkstätte vermittelt mit Schautafeln und Beispielen früher Radiotechnik einen guten Einblick in die Kinderjahre des Rundfunks. Die Exponate wurden unter anderem vom Deutschen Rundfunkarchiv Frankfurt, vom Landesmuseum für Arbeit und Technik Mannheim und von der Sammlung Schroff/Franziskanermuseum Villingen-Schwenningen zur Verfügung gestellt. (br.)
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Stand: 16. März 1999