Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 11 · 14. März 2001



Im dichten Gedränge der Fahrgäste verliert jede Überwachungskamera ihre Wirksamkeit. (Foto: Rothe)

Keine Video-Überwachung auf dem Bismarckplatz

Stadt und Polizei sind sich nach Auswertung der Feinanalyse des Kriminalitätsgeschehens einig


Das auf dem Bismarckplatz sich abspielende Kriminalitätsgeschehen macht es weder hinsichtlich der Quantität noch der Qualität erforderlich, zu seiner effektiven Bekämpfung auf eine Videoüberwachung zurückzugreifen. Deshalb verständigten sich Stadt und Polizeidirektion darauf, auf eine Videoüberwachung auf dem Bismarckplatz zu verzichten. Darüber wurde der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung am 8. März informiert.

Die Feinanalyse des Kriminalitätsgeschehens auf dem Bismarckplatz macht deutlich, dass der Bismarckplatz zwar - nach absoluten Zahlen - unter den vergleichbaren Örtlichkeiten Heidelbergs die durch Kriminalität am höchsten belastete ist. Diese Feststellung relativiert sich jedoch durch die Tatsache, dass er mit mehr als 60.000 Ein-, Aus- und Umsteigevorgängen auch den mit Abstand am meisten frequentierten Verkehrsknotenpunkt in Heidelberg darstellt.

In der Feinanalyse wurden beim Referat Kriminalitätsbekämpfung der Polizeidirektion alle 304 Straftaten untersucht, die die polizeiliche Datenerfassung des Jahres 2000 dem Bismarckplatz zuordnete. Diese Zahl war zu bereinigen um jene Bagatellfälle, die bereits nach zwei Monaten den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend wieder gelöscht werden mussten. Auch die Straftaten, bei denen ein Beschuldigter bei einer Tat mehrere Straftatbestände erfüllt hatte, waren herauszurechnen.

Übrig blieben für die Auswertung 204 Straftaten, von denen 127 Fälle durch eine Videokamera-Überwachung nicht hätten erkannt werden können, weil
sie an anderen Tatorten begangen, statistisch aber dem Bismarckplatz zugeordnet worden waren (zum Beispiel Ladendiebstähle oder Taschendiebstähle, die von den Geschädigten auf dem Bismarckplatz erst entdeckt und dort angezeigt wurden),
sie verbal begangen worden waren (Beleidigungen),
sie durch polizeiliche Kontrolltätigkeit überhaupt erst bekannt geworden waren (Rauschgift-Delikte, Waffenbesitz, Urkundenfälschungen oder Ähnliches).

Es wären somit lediglich 77 Fälle (37,75 Prozent) mit einer Video-Kamera überhaupt erfassbar gewesen. Diese Taten teilen sich wie folgt auf:

16 einfache Diebstähle (achtlos abgestellte Taschen oder Ähnliches; Diebstahl von Plakaten),
zwölf Fahrrad-Diebstähle,
19 Taschendiebstähle (13 davon aus einem Gedränge heraus),
sieben Sachbeschädigungen,
13 einfache Körperverletzungen (hauptsächlich in den Abend- und Nachtstunden),
sieben gefährliche Körperverletzungen (mehrheitlich unter Jugendlichen nach vorheriger "Anmache" fast ausschließlich zur Nachtzeit),
eine Bedrohung,
ein Fall von Exhibitionismus,
ein Raub/Räuberischer Diebstahl (unbekannter Täter entriss einer Frau die Handtasche).

In 30 dieser Fälle ermittelte die Polizei auch ohne Videoüberwachung den oder die Täter, sodass letztendlich 47 Straftaten übrig blieben, für die kein Verantwortlicher ermittelt werden konnte.

Nach der Analyse sind sich Stadt und Polizeidirektion einig, keine Videoüberwachung auf dem Bismarckplatz zu installieren. Der Ort ist kein "krimineller Brennpunkt", wie es das Polizeigesetz Baden-Württemberg (Paragraph 23) als Voraussetzung für eine Videoüberwachung fordert.

Allerdings sind Stadt und Polizei der Meinung, dass es sinnvoll ist, die Videoüberwachung im öffentlichen Raum als eine der Möglichkeiten effektiver Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung im Polizeigesetz zu verankern. Sollten sich in Heidelberg Situationen ergeben, in denen eine solche Videoüberwachung erfolgversprechend eingesetzt werden kann, wird darüber sehr ernsthaft zu beraten sein, betonen Stadt und Polizeidirektion.

Für den Bismarckplatz halten sie nach wie vor an dem gemeinsamen Konzept fest, die objektive Sicherheitslage und das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung durch sichtbare Präsenz von Polizeibeamten noch weiter zu verbessern. Deshalb ist geplant, die mobile Bismarckplatzwache in dem Polizei-Container in ein festes Domizil umzuwandeln.

  Zum Seitenanfang



Rat und Beistand in familiären Konfliktfällen finden Kinder und Jugendliche bei Liliana Rotaru in der Schiffgasse 13 jeden Dienstag von 15 bis 16 Uhr oder nach Vereinbarung (Telefon 616556). Auch Erwachsene können einen Beratungstermin vereinbaren. (Foto: Rothe)

Wenn Eltern es nicht können ...

... sorgt der "Anwalt des Kindes" dafür, dass die Interessen der Kinder gewahrt bleiben


Wenn Eltern allzu sehr in ihre eigenen Probleme verstrickt sind, um ihrer Fürsorge- und Erziehungspflicht nachkommen zu können, wer vertritt dann die Interessen der Kinder? Erwachsene können sich zur Durchsetzung ihrer Interessen einen Rechtsanwalt nehmen - eine Möglichkeit, die Kindern und Jugendlichen nicht ohne weiteres offen steht.

Wer einen Rechtsanwalt beauftragt und bezahlt, bestimmt auch, wessen Interessen er vor Gericht vertritt. Erteilen die Eltern den Auftrag, so entsteht die paradoxe Situation, dass der Anwalt ihrem Mandat verpflichtet ist und nicht dem des Kindes. Der Gesetzgeber hat das erkannt und vor zweieinhalb Jahren im Rahmen einer Reform des Kindschaftsrechts eine eigenständige Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche geschaffen, die so genannte Verfahrenspflegschaft, populär auch "Anwalt des Kindes" genannt.

In Fällen von Sorgerechtsstreitigkeiten der Eltern im Falle einer Scheidung oder Trennung, bei Umgangsstreitigkeiten, Kindesmisshandlung oder Vernachlässigung werden Verfahrenspfleger in richterlichem Auftrag tätig. Sie berücksichtigen in besonderem Maß den wohlverstandenen Willen des Kindes. Durch den pädagogisch und psychologisch geschulten und einfühlsamen Beistand, der die Kinder und Jugendlichen ihrem Alter und Entwicklungsstand gemäß begleitet und berät, können Ängste abgebaut und der auf dem Kind lastende Druck gemildert werden. Den Eltern entstehen durch den "Anwalt des Kindes" keine Kosten.

In Heidelberg sind Liliana Rotaru und Maja von Beyme als Verfahrenspflegerinnen tätig. Von Beyme war früher im städtischen Kinder- und Jugendamt und verfügt über langjährige Erfahrung auf diesem Gebiet. Liliana Rotaru hat Jura studiert und anschließend ein einjähriges Aufbaustudium an der Diakonischen Akademie Deutschland zur Verfahrenspflegerin absolviert. Seit November 2000 unterhält sie das Büro "Pro Infante - Institut für Verfahrenspflege" in der Schiffgasse 13, das Kindern und Eltern kostenlose Beratung in Konfliktfällen anbietet.

"Verfahrenspfleger vertreten bei Interessenkollisionen mit den Eltern das objektive Wohl des Kindes", erläutert Rotaru ihre Aufgabe. "Die Eltern sind oft so verstrickt und verkracht, dass die Kinder einfach vergessen werden. Wir fragen immer die Kinder, wie sie zum Problem stehen - das Kind soll eine Stimme bekommen", so Rotaru.

Die Berufsbezeichnung "Verfahrenspfleger" ist bisher nicht geschützt, so dass sich - zum Leidwesen der professionellen Verfahrenspfleger - grundsätzlich jeder so nennen darf. Sie haben sich deshalb in der "Bundesarbeitsgemeinschaft Verfahrenspflegschaft für Kinder und Jugendliche" zusammengeschlossen, die bindende Standards aufstellt, um die Qualität der Berufsausbildung und -ausübung zu sichern. Der Berufsverband appelliert an die Familienrichter, nur solche Personen zum "Anwalt des Kindes" zu berufen, die über die notwendige Qualifikation verfügen. (rie)

  Zum Seitenanfang



Leitet das Diakonische Werk in Heidelberg: Heidi Farrenkopf. (Foto: Rothe)

Alles unter einem Dach

Haus der Diakonie eröffnete nach Umbau und Sanierung in der Karl-Ludwig-Straße 6


"Die gesamte soziale Kompetenz Heidelbergs" begrüßte Diakoniepfarrer Stephan Ramsauer am Dienstag vergangener Woche im Providenz-Gemeindesaal. Anlass war die Eröffnung des Hauses der Diakonie im umgebauten und sanierten ehemaligen evangelischen Gemeindehaus Karl-Ludwig-Straße 6.

Möglich wurde dies, so Ramsauer, weil das Jugendwerk seinen Sitz zur Markusgemeinde verlegte und das Gemeindeamt Providenz ins Schmitthennerhaus umzog. Während des Umbaus war das Diakonische Werk Gast im Gebäude Plöck 24 der Stadtmission. Der Diakoniepfarrer beschrieb das Projekt als wirtschaftlich ("nicht alles Machbare wurde gemacht") und als sozial: Die Hilfe und Beratung Suchenden finden jetzt freundlichere Räume vor und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessene Arbeitsplätze.

Den Umbau plante Architekt Martin Hauss. Er überraschte die Zuhörer mit der Aussage, dass er als Kind selbst in dem Haus gewohnt habe. Der Kostenvoranschlag von 1,6 Millionen Mark sei eingehalten worden, versicherte er.

Für die Stadt Heidelberg überbrachte Bürgermeister Dr. Jürgen Beß die "Gratulation zum gelungenen Werk", das die "Kräfte der Diakonie unter einem Dach konzentriert". Eine gute Basis, die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Stadt und Diakonischem Werk fortzusetzen: "Mit Gottes Segen und dem des Gemeinderats."

Rat und Hilfe würden heute von Menschen aus allen gesellschaftlichen Milieus nachgefragt, stellte Kirchenrat Jürgen Rollin, stellvertretender Geschäftsführer des Diakonischen Werks Baden, fest. "Beratung und Gespräche brauchten einen helleren Rahmen", begründete er die Modernisierung des Hauses. Und: Vorher seien die Angebote für viele Menschen - vor allem für Rollstuhlfahrer oder Mütter mit Kinderwagen - nur schwer erreichbar gewesen. Die Sanierung signalisiere zudem: "Es gibt keine dunklen Ecken. Wir legen alles offen."

Über die Vereinigung aller Angebote unter einem Dach, freute sich auch die Leiterin des Diakonischen Werks Heidelberg, Heidi Farrenkopf: Die Menschen kämen selten nur mit einer Frage oder einem Anliegen zur Beratung. 13 der insgesamt 15 Schwerpunkte der diakonischen Arbeit sind nun in der Karl-Ludwig-Straße 6 zu finden. Ausnahmen: Die Seniorenzentren (Altstadt und Pfaffengrund) und der Laden "Brot und Salz" (im Hof Plöck 22).

Heidi Farrenkopf nannte Zahlen: Im vergangenen Jahr suchten mehr als 1.600 Personen beim Diakonischen Werk Rat und Hilfe ("das sind über 50 pro Tag"), und in den Seniorenzentren wurden rund 16.000 Kontakte zu älteren Menschen hergestellt. "Die Aufgaben werden auch in den nächsten Jahren nicht ausgehen," sagte sie und dankte vor allem den mehr als 100 ehrenamtlichen Kräften. (br.)

  Zum Seitenanfang



Bereiten den Wettbewerb vor: die Kommission für Öffentlichkeitsarbeit des Ausländerrates mit (von links) João Carvalho, Patricio Padilla, Soultana Paraskevopoulou und Gültekin Demir. (Foto: Rothe)

Neue Motive gesucht

Ausländerrat veranstaltet Wettbewerb zur Plakatgestaltung


Der Ausländerrat der Stadt Heidelberg schreibt für die Neugestaltung seines Plakates für Veranstaltungen und seiner Publikationen einen Wettbewerb aus. Teilnahmeberechtigt sind Künstlerinnen und Künstler, die in Heidelberg und der näheren Umgebung leben und arbeiten.

Besonders angesprochen sind ausländische Künstlerinnen und Künstler. Die Teilnehmer sollen ihre Arbeiten (bis zu drei Entwürfe) bis Ende März beim Ausländerrat einreichen. Sie werden von einer Jury - sie besteht aus Carla Jauregui (Montpellierhaus), Lynn Schoene (Künstlergruppe 79), Marisa Vola (Künstlerin), Dr. Dietmar Schuth (Kunsthistoriker) und Werner Schaub (Internationale Gesellschaft für Bildende Kunst) - bewertet.

Die/der erste Preisträger/in erhält 2000 Mark. Auf Grundlage dieser Entwürfe wird der Ausländerrat in Zukunft für seine Veranstaltungen werben. Der zweite Preis ist mit 1000 Mark und der dritte mit 500 Mark dotiert. Die Arbeiten der Sieger werden zusammen mit höchstens 20 Arbeiten weiterer Wettbewerbsteilnehmer vom 23. bis 28. April im Foyer des Prinz Carl Kornmarkt 1, ausgestellt.

Für weitere Informationen steht der Ausländerrat der Stadt Heidelberg, Hans-Böckler-Straße 3, 69115 Heidelberg, Telefon 06221/58-4016, zur Verfügung. Dorthin sind auch die Anmeldung zum Wettbewerb zu richten sowie die Plakatentwürfe einzusenden.

  Zum Seitenanfang
  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



Copyright © Stadt Heidelberg 1999, All Rights Reserved
Stand: 13. März 2001