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Ausgabe Nr. 11 · 15. März 2000 |
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100 Tage neuer Gemeinderat |
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Die ersten 100 Tage des neuen Gemeinderats sind zwar erst am 18. März vorüber.
Dennoch wollte das STADTBLATT schon einige Tage vorher von fünf neu gewählten
Gemeinderätinnen und -räten wissen, wie ihre ersten Erfahrungen mit dem
zeitaufwändigen Ehrenamt sind. Monika Frey-Eger, CDU, Thomas Krczal, SPD, Judith Marggraf, GAL, Karlheinz Rehm, "Die Heidelberger" und Margret Hommelhoff, F.D.P., haben unsere drei Fragen freundlicherweise beantwortet. Unsere Fragen lauteten: |
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1. | Mit welchen Erwartungen sind Sie auf die neue Aufgabe zugegangen? | |
2. | Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? | |
3. | Was lässt sich, nach Ihrer ersten Erfahrung, im Gremium noch verändern oder verbessern? Was läuft nach Ihrer Auffassung gut? | |
Monika Frey-Eger |
Monika Frey-Eger, CDU |
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Die Entscheidung, als Stadträtin zu kandidieren, fiel mir nicht leicht. In unserem
Familienunternehmen mit rund 100 Mitarbeitern ist meine Zeit bereits stark beansprucht.
Es gab jedoch mehrere Gründe, dieses Engagement einzugehen. Zum einen widerspricht es meiner Natur, zu kritisieren, aber nicht zu agieren. Hinzu kam die absolut unbefriedigende Verkehrspolitik und die mangelnde Berücksichtigung der Bedürfnisse der mittelständischen Betriebe im Heidelberger Gemeinderat. Ich musste in Wieblingen erleben, wie an den Bewohnern/Innen des Stadtteiles vorbei Entscheidungen getroffen wurden. Dies veranlasste mich letztendlich, die Aufgabe im Gemeinderat anzustreben. Das sehr gute Ergebnis bei der Kommunalwahl ist für mich einerseits Bestätigung meiner Schwerpunkte, aber auch eine große Herausforderung, für diese Ziele, Wünsche und Bedürfnisse der Mehrheit unserer Bürger/Innen zu kämpfen. Sehr unbefriedigend für mich ist die meines Erachtens viel zu lange Zeit für Entscheidungen. Es muss doch möglich sein, "kleine" Dinge, wie beispielsweise Ampelsteuerungen, schnell im Sinne der Bürger/Innen zu ändern. Im Zeitalter der Raumfahrt kann es kein Problem sein, den Rechner für die Verkehrssteuerung kurzfristig umzuprogrammieren. Frauenpolitik ist wichtig. Was mich jedoch in Heidelberg stört, ist die Überdimensionierung: Die Unterstützung von Existenzgründerinnen ist sicherlich richtig, aber seitens der Stadt nur Existenzgründerinnen zu unterstützen, wirft die Frage auf, ob ein junger Mann, der sich selbständig machen will, nicht genauso unterstützenswert ist. Die erste Aufgabe, die der neue Gemeinderat zu bewältigen hatte, war der Haushalt 2000. Hier haben wir mehrheitlich drei Entscheidungen getroffen, für die ich mich persönlich eingesetzt habe: Senkung der Gewerbesteuer, Einstellung von DM 600.000,- für die Sporthalle in Wieblingen und die Streichung der Gelder für das Autonome Zentrum. In den ersten 100 Tagen im Gemeinderat lernte ich in allen Fraktionen und Gruppierungen sympathische und kompetente Mitstreiter kennen, die zwar unterschiedliche Positionen vertreten, aber alle das Beste für die Stadt wollen - für mich eine große Ermutigung für die zukünftige sachbezogene Arbeit. |
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"Es muss doch möglich sein, kleine Dinge schnell zu ändern..." | ||
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Karlheinz Rehm |
Karlheinz Rehm, "Die Heidelberger" |
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1. | Beweggrund für mich, in den Stadtrat zu gehen, war, etwas für die Bürger, insbesondere in meinem Stadtteil, zu erreichen. Ich möchte das in mich gesetzte Vertrauen umsetzen. Vieles ist neu für mich und da muss man sich in den ersten Wochen erst einmal in die Materie einarbeiten, um dann mit der eigentlichen Arbeit beginnen zu können. Zum Glück habe ich einen Beruf, der mir eine gewisse Flexibilität erlaubt. Ich habe mich von Anfang an auf meine Aufgabe gefreut, da man viel mit Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammenkommt. Natürlich bin ich nach wie vor für Anregungen der Bürger dankbar. | |
2. | Die erste Bilanz meiner Amtszeit ist positiv. Die Zusammenarbeit und Unterstützung innerhalb der Fraktion ist hervorragend und trotz der vielen Termine und Verpflichtungen ist dieses Amt eine Bereicherung. Am meisten freut es mich, wenn ich merke, das ich etwas im Sinne der Bürger bewegen kann. In den letzten Wochen habe ich viele Gespräche geführt und auch viele konstruktive Anregungen erhalten. Leider ist es nicht immer möglich, es allen recht zu machen, aber es ist wichtig, daß man trotz unterschiedlichen Meinungen fair miteinander umgeht. | |
3. | Bürgernähe ist eine wichtige Sache. Viele der vom alten Stadtrat getroffenen Entscheidungen waren für die Bürger kaum nachzuvollziehen. Ich denke, es ist wichtig, an die Aufgaben mit gesundem Menschenverstand zu gehen und Entscheidungen transparent und verständlich zu machen. Das heißt, ich wünsche mir, dass im Stadtrat weniger nach Parteibuch und mehr zum Wohle der Bürger entschieden wird. | |
"Es ist wichtig, die Entscheidungen transparent und verständlich zu machen..." | ||
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Thomas Krczal |
Thomas Krczal, SPD |
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1. | Ich habe deshalb habe für dieses Amt kandidiert, um etwas vor Ort bewegen zu können, auf Entscheidungsprozesse in der Stadt Einfluß nehmen zu können. Gerade auf der Ebene der Kommunalpolitik ist das am unmittelbarsten möglich und die Auswirkungen von Entscheidungen, ob positiv oder negativ am direktesten spürbar. Das hat mich fasziniert. | |
2. | Das ist nach 100 Tagen schwer zu beantworten. Entscheidungsprozesse sind oft langwieriger als zuerst angenommen. Dadurch habe ich meinen Idealismus aber nicht verloren. Gefreut hat mich der überwiegend sehr angenehme Umgang mit den Gemeinderatskollegen/innen, trotz oft unterschiedlicher politischer Auffassungen. | |
3. | Zuerst das Gute. Nach meinem Eindruck werden die Sitzungen professionell von der Verwaltung vorbereitet. Der Informationsfluß ist sehr umfangreich und bietet eine gute Grundlage für die Gemeinderatstätigkeit. Manchmal ist es fast etwas zu viel Papier. Ich denke, wir müssen aufpassen bei der Menge der Details nicht den Blick fürs Ganze zu verlieren. Mehr Konzentration auf das Wesentliche, gerade auch bei den Debatten im Gemeinderat, machen die Kommunalpolitik für die Bevölkerung transparenter und verständlicher. | |
"Gefreut hat mich der überwiegend sehr angenehme Umgang mit den Gemeinderatskollegen/kolleginnen"... | ||
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Judith Marggraf |
Judith Marggraf, GAL |
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1. | Meine Motivation, für den Gemeinderat zu kandidieren, bestand darin, aktiv gestaltend mitwirken zu wollen an dem, was so schön mit "suchet der Stadt Bestes" umschrieben wird. Für mich waren erst einmal vorherrschend die Neugier, wie alles ablaufen wird und - das gebe ich gerne zu - auch die Anspannung, wie ich als "Neue" mit den Abläufen und Ritualen zurecht komme. Die "Feuerprobe" haben wir gleich mit dem ungebremsten Einstieg in die Haushaltsberatungen absolviert und ich bin ein bisschen stolz darauf, dass unsere Fraktion (wir sind ja fast alle "neu") das ganz gut hingekriegt hat, auch wenn wir mit dem Ergebnis nicht gerade glücklich sind. | |
2. | Einerseits erlebe ich - über Parteigrenzen hinweg - kompetentes Arbeiten einzelner GemeinderätInnen, andererseits erlebe ich die parteipolitisch bestimmten Fensterreden, die den Eindruck vermitteln, "der Stadt Bestes" sei mit dem Wahlprogramm einer Partei identisch. Ich wünsche mir mehr Austausch untereinander und mehr Offenheit, über Tellerränder auch mal rauszuschauen. | |
3. | Verändern oder verbessern können sich nur die Menschen, die den Gemeinderat bilden. Hier bin ich skeptisch. Obwohl sich gerade etwas entwickelt, was ich toll finde: das Thema "Straßenbahn nach Kirchheim" wird derzeit von ganz unterschiedlichen Seiten offen diskutiert. Das vermittelt den Eindruck, dass man wirklich auf der gemeinsamen Suche nach der besten Lösung ist. Ich befürchte aber, dass unterm Strich die Positionen pro und contra Straßenbahnausbau schon feststehen. | |
Als neue Gemeinderätin möchte ich noch erwähnen, was für meine Arbeit immens wichtig ist: die Zusammenarbeit mit "der Stadtverwaltung": Egal ob ich Informationen, Rat oder Einschätzungen brauchte, alle, bis auf eine Ausnahme, waren ungemein hilfsbereit. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken. | ||
"Ich wünsche mir mehr Austausch untereinander und mehr Offenheit..." | ||
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Margret Hommelhoff |
Margret Hommelhoff, F.D.P. |
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Die ersten hundert Tage im Gemeinderat waren für mich viel Arbeit, viel Papier
und viele interessante Informationen. Mit den ersten beiden Punkten hatte ich gerechnet.
Dass es aber - besonders in Ausschüssen und bei Haushaltsberatungen - so aufschlussreiche
Erkenntnisse über städtische Belange gibt, hatte ich nicht erwartet. Schließlich
habe ich früher mehrfach bei öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats den
Eindruck von eher oberflächlichen, aber pressewirksamen Debatten gehabt. Die
sachbezogenen, überparteilichen Diskussionen in vielen Gremien sind dagegen
sehr erfreulich. Besonders freut mich die Ansprache von Bürgerinnen und Bürgern,
womit ich als "frisch gebackene" Stadträtin nicht gerechnet hätte. Zu verbessern ist nach meiner ersten Erfahrung vorrangig die Organisation der Sitzungen. |
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1. | Zu mehr als zwei Tagesordnungspunkten pro Sitzung sollten externe Berater nicht eingeladen werden. Anderenfalls kann die Diskussion so unter Zeitdruck geraten, dass man Fragen doch nicht stellt, um die Debatte nicht zu verlängern. | |
2. | Ich habe bei Gemeinderatssitzungen den Zuhörern und Zuhörerinnen gegenüber ein schlechtes Gewissen, die manchmal stundenlang warten, bis "ihr" Tagesordnungspunkt an der Reihe ist. Ich wünschte mir eine Geschäftsordnung, die eine Änderung der Reihenfolge der Tagesordnung auch während der Sitzung auf mehrheitlichen Beschluss erlaubt. Außerdem vermisse ich hier manchmal erläuternde Worte der Oberbürgermeisterin an das Publikum. Der Gemeinderat würde sich dann bürgerfreundlicher darstellen, und das ist meines Erachtens dringend notwendig. | |
"Der Gemeinderat muss bürgerfreundlicher werden" | ||
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