Ausgabe Nr. 9 · 1. März 2000 |
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Dr. Jan Gradel |
CDU |
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Haushalt 2000, Teil 1 Am 24.2.2000 hat der Heidelberger Gemeinderat erstmals seit langer Zeit wieder einen Haushalt beschlossen, der von einer bürgerlichen Mehrheit geprägt wurde. Haushaltspolitische Debatten gelten, neben der momentanen Standortbestimmung vor allem der finanzpolitischen Weichenstellung für die Zukunft einer Stadt. In diesem Zusammenhang bedeutet ein Haushaltsplan zum einen die sparsame Verwendung der Ressourcen und vorhandenen Mittel, zum anderen die fiskalpolitische Ausformulierung der Ziele. Es ist dies das Königsrecht des Gemeinderates, die Ziele zu formulieren, Visionen zu haben und Signale für den Standort Heidelberg zu setzen. Hier erlaubt es uns der Ausgang der zurückliegenden Kommunalwahl, mit dem Ergebnis, dass es wieder eine bürgerliche Mehrheit in diesem Gremium gibt, dass wir die Ziele umformulieren. Dies ist Ausdruck von Demokratie, ist Politik. Wenn ich zurückblicke auf die vergangenen Wochen der langen, manchmal nicht enden wollenden Haushaltsverhandlungen, teils in den Gremien, teils mit den beteiligten Parteien und Vertretern der Verwaltung, so waren wir oft konfrontiert mit einem Aufschrei der Empörung, das sei unmöglich, undemokratisch, ja unchristlich und utopisch. Meine Damen und Herren, gerade diejenigen, die hier am meisten kritisiert haben, stehen aber, sich auf urdemokratische Rechte berufend, rote Fahnen schwingend und Hurra-skandierend hinter der Politik der derzeitigen Bundesregierung, die die begonnene Reformpolitik der Vorgängerregierung mit wenigen Handstreichen außer Kraft gesetzt hat. Die die begonnenen Schritte in Richtung mehr Eigenverantwortung im Arbeitsrecht, in der Gesundheitspolitik und viel wichtiger in der Bildungspolitik gekippt haben, die die begonnene Ausrichtung - das Fitmachen - der Republik Deutschland für den globalen Wettbewerb der Informations- und Produktionsstandorte gestoppt haben, und die heute noch, vehement und wider besseren Wissens den Ausstieg aus der Kernenergie fordern. Der einzigen Energieform, die an diesem Standort, billig, sicher und CO2-frei zur Verfügung steht. Das ist eben auch Demokratie, ist Politik. Ein Umsteuern in Heidelberg ist notwendig aber, ich kann Sie beruhigen, ganz so ideologisch verbrämt wie in Berlin wollen wir dies in Heidelberg nicht durchfuhren. Wir wissen: Änderungen im laufenden Budget sind stets schwer durchsetzbar und bedeuten manchmal besondere Härten. Sie stehen zum Teil für verschwendete Arbeit, wenn begonnene Projekte ohne befriedigendes Ergebnis aus politischen Erwägungen heraus gestoppt werden. Hier werden wir im laufenden Jahr behutsam vorgehen, aber für die Zukunft Ziele vorsehen, die zeigen, das sich einiges in dieser Stadt ändern muss. In der Vergangenheit hat diese Stadt überproportional viele Arbeitsplatze vor allem im verarbeiteten Gewerbe und im Industriebereich verloren. In der Vergangenheit haben, bedingt durch die unsägliche Verkehrspolitik dieser Stadt, Gewerbetreibende, Handwerk und vor allem der innerstädtische Einzelhandel deutlich an Boden verloren, insbesondere im direkten Vergleich mit unseren konkurrierenden Nachbargemeinden. Die Herabsetzung des Gewerbesteuerhebesatzes um 10% ist hier nur ein Teilaspekt. Aber ein wichtiger Impuls für die hiesige Wirtschaft. Und wer hier vorrechnet, diese steuerliche Entlastung erreicht nur wenige - den Reichen geben wurde hier im Vorfeld skandiert - der verkennt die mittelbare und langfristige Wirkung dieser Politik. In einer Stadt, in der investiert wird, erreichen gerade diese Gelder den Mittelstand und Städte, die ihren Gewerbesteuerhebesatz senken, haben langfristig höhere Einnahmen als andere, die lediglich abschöpfen wollen, was andere erwirtschaftet haben. Wir müssen doch begreifen, dass es inzwischen einen Standortwettbewerb zwischen den Gemeinden gibt. Hier können wir doch nicht, wie in der Vergangenheit zuschauen wie andere Städte investieren und selbst all unsere Kraft in die Aufstellung von Verkehrssignalanlagen und in den Rückbau von Straßen verschwenden. (Fortsetzung im nächsten STADTBLATT) |
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Roger Schladitz |
SPD |
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Haushalt 2000 In konstruktiver und positiver Atmosphäre war zum Haushalt 1999 ein Kompromiss erzielt worden. SPD, CDU, HD und FWV und FDP schrieben u.a. als zentrales Ziel die mittelfristige Sicherung der Investitionskraft der Stadt fest. Maß für die Erreichung dieses Ziels war die "Heidelberger Formel", ein finanztechnischer Begriff, der sich schon in der Vergangenheit bewährt hatte. Es zeichnet sich nun deutlich ab, dass dieses Ziel 1999 mehr als nur erfüllt wird. Heidelberg steht auch wirtschaftlich gut da. Leider konnte der Haushalt 2000 nicht mit derselben konstruktiven Kraft gestaltet werden. Die Mehrheiten im neu gewählten Gemeinderat haben sich verschoben. CDU, HD und FWV waren darauf fixiert, "Zeichen setzen" zu müssen und wollten so eine Vielzahl von Beschlüssen "mit Signalwirkung" durchsetzen. Dabei war ein Teil dieser "Signal-Anträge" u.E. völlig unnötig, ja sogar schädlich für Heidelberg. Die SPD will die einst gemeinsam für gut befundene Linie fortsetzen. Mit ihrem Leitantrag und der Unterstützung des eingebrachten Haushaltsplanes sollte die erfolgreiche Finanzplanung (u.a. Sicherung der Investitionskraft nach der Heidelberger Formel) weitergeführt, das kommunale Gemeinwesen, die kommunale Infrastruktur sowie Wirtschaft und Handel gestärkt und die erfolgreichen kulturellen, sozialen und ökologischen Projekte fortgesetzt werden. In den Vorberatungen und in der abschließenden Sitzung des Gemeinderats konnte dann eine Reihe von negativen Beschlüsse verhindert werden. Schwer wiegt der Beschluss, die Gewerbesteuer zu senken. Heidelberg verliert damit jährlich (geschätzte) 2,8 Millionen DM Investitionskraft. Dieses völlig ohne Not verspielte Kapital wird fehlen und die jetzige Mehrheit wird erklären müssen, welche Leistungen der Stadt sie in Zukunft dafür streichen will. Bei all den geplanten Investitionen, den noch nicht berechenbaren Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform auf den Umfang der Entlastung von Unternehmen sowie auf die Einnahmeentwicklung der Kommunen bleibt dieser Verzicht in jedem Fall grob fahrlässig; zumal er auf der anderen Seite fast keinen allgemeinen Nutzen bringt (von 5946 Betrieben zahlen 4513 keine Gewerbesteuer, 1410 werden zusammen 0,8 Millionen DM sparen, das heißt. 6oo DM pro Jahr pro Betrieb; den Rest, 2 Millionen DM, teilen sich 23 (!) Betriebe). Uns bleibt die Hoffnung, dass die erfolgreiche Politik der Bundesregierung für Heidelberg Entlastungen bringen wird. |
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Dr. Wolfgang Luckenbach |
DIE HEIDELBERGER |
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Haushalt 2000 Der Haushalt 2000 ist verabschiedet: 21 Ja-, 18 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen, fürwahr eine knappe Mehrheit: Sie spiegelt jedoch genau das Kommunalwahlergebnis vom Oktober 1999 wider, als die Heidelberger Wählerinnen und Wähler dem Gemeinderat eine andere, "Neue Mehrheit" bescherten. - Nach dem Marathon von Sitzungen und Besprechnungen, interfraktionellen Treffen, sogar an Sonn- und Feiertagen, auf der Suche nach Kompromissen und breiten Mehrheiten, ist nun ein Haushalt verabschiedet worden, in dem die Handschriften von CDU, "Heidelbergern" und Freien Wählern deutlich zu erkennen sind. - Der Gewerbesteuer-Hebesatz wird um 10 Prozentpunkte gesenkt, um dem Handel und Gewerbe eine, wenn auch geringe, steuerliche Entlastung zu verschaffen und um einen Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung zu leisten. Die Verwaltung muss weitere Einsparungen vornehmen, die Zuschüsse an kulturelle und soziale Gruppen werden bis zum Jahr 2002 auf dem diesjährigen Stand eingefroren und auch die Zuschüsse der Stadt an die HVV werden bis zum Jahr 2003 festgelegt. Die HSB muss ihre Wirtschaftlichkeit nachhaltig verbessern, und sich auch mehr an der Nachfrage orientieren. Die Investitionsplanung für einen Ost-West-Tunnelbau und für die 5. Neckarquerung ins Neuenheimer Feld werden in den Haushalt aufgenommen. Der Betrag für die Schulausstattung wird um 300.000 Mark erhöht und, um die Attraktivität der Schlossfestspiele nachhaltig zu verbessern, erhält das Theater einen einmaligen Zuschuss von 500.000 Mark. Das sind die Eckpfeiler einer neuen Haushaltspolitik. Auch wenn die Endabstimmung für den Gesamthaushalt äußerst knapp war, so gab es bei vielen Einzelabstimmungen dennoch große Mehrheiten, ja sogar Einstimmigkeit. Leider hat sich die SPD keinen Deut in Richtung eines Kompromisses bewegt und schon im Vorfeld ihre Ablehnung zu den Plänen von CDU, "Heidelbergern" und Freien Wählern signalisiert, obwohl von unserer Seite große Zugeständnisse angeboten und auch durchgeführt wurden. Dieser Haushalt 2000 signalisiert einen Aufbruch, um unsere Stadt weiter voran zu bringen und sie sowohl für ihre Bewohner wie auch für ihre Besucher liebens- und lebenswert zu erhalten. |
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Hermann Gundel |
FWV |
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Haushalt 2000, Teil 1 Würde man die Frage stellen, "Ist der Haushalt 2000 ein Haushalt wie jeder andere in den vergangenen Jahren?", würde ich ganz spontan die Frage mit einem "Ja" beantworten. Er ist ausgeglichen, in sich stimmig, solide, versucht, die Vorgaben des Gemeinderates aus den Leitanträgen der vergangenen Haushalts-Entscheidungen mit gutem Erfolg umzusetzen, und er versucht sogar, neue Ansätze in bezug auf die Wirtschaftsförderung (Stadtmarketing), Verkehrsplanung (Gutachten Tunnel) aufzugreifen. Überlegt man etwas länger, merkt man, dass es nicht nur der erste Haushalt im neuen Jahrtausend ist, er hat auch noch einen Bruder bekommen, den ersten Teil des sogenannten "Neuen Haushalts", der dem Gemeinderat in Zukunft die Kosten einzelner Produkte und Leistungen aufzeigt, die das Unternehmen "Stadt Heidelberg" für seine Bürger erbringt, und er macht die Produkt- und Leistungskosten mit anderen Kommunen vergleichbar. Ob er die Arbeit des Gemeinderates erleichtert? Fragezeichen! Die Entscheidung, was wirtschaftlich richtig ist, den Bürgern nützt und sozial verträglich ist, wird auch künftig kontrovers diskutiert werden - je nach Standort. Neu ist auch das Mehrheitsverhältnis im Gemeinderat. Die "neue Mehrheit", eine knappe Mehrheit, zu der die FWV sich bekennt, aber - und das will ich ganz deutlich sagen - nicht um ihrer selbst willen, was wir zum Beispiel bei der Entscheidung über die Erhaltungssatzungen deutlich machten. (Fortsetzung im nächsten STADTBLATT) |
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Dr. Hannelis Schulte |
Linke Liste/PDS |
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Haushalt 2000 Haushalt 2000: Mit allen Anträgen ist die Dreiergruppe (CDU, HDer, FWV) nicht durchgekommen, leider jedoch mit den meisten. Also wird unsere Stadt pro Jahr um circa 2,5 Millionen ärmer durch die Senkung der Gewerbesteuer um 10 Prozent. Sie sagen: Sonst würden die Betriebe in andere Städte abwandern, die die Steuern gesenkt haben. Wir nennen das Steuer-Dumping und finden es so typisch für die neoliberale Politik wie schädlich für das Gemeinwohl. Denn es macht alle Städte und Kreise ärmer. Für Heidelberg wurde jetzt gestrichen: beim Umweltschutz, bei sozialen Gruppen (zum Beispiel bei der "Werkstatt", die arbeitslosen Jugendlichen hilft) und bei der Kulturförderung. Einig war sich der Stadtrat nur zugunsten des Sports, der Schulhausrenovierung und der Straßenbeleuchtung. Wenn das so weitergeht: Gute Nacht, Heidelberg! |
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Anschriften der Fraktionen und Einzelmitglieder im Gemeinderat |
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Zur Inhaltsangabe STADTBLATT | ||||||||||||||
Copyright © Stadt Heidelberg 1999, All Rights Reserved Stand: 29. Februar 2000 |