Ausgabe Nr. 8 · 23. Februar 2000 |
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"Biotop" Bahninsel - wie viele Schienen brauchen die kommenden Generationen? (Foto: Rothe) |
Wie viele Gleise für die Zukunft? |
Experten-Anhörung im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss zum Thema "Zukünftige
Schieneninfrastruktur" Zwei Stunden lang befasste sich der Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss in seiner jüngsten Sitzung mit der Frage, wie viele der heute vorhandenen, aber teilweise nicht mehr genutzten Gleisanlagen der Deutschen Bahn AG in Zukunft noch benötigt werden. Rostige Schienen, zwischen denen der Sommerflieder prächtig gedeiht, verfallende Gebäude und weit und breit kein Zug. Große Teile des Heidelberger Bahnhofsgeländes liegen brach. Kein Verkehr auf den Gütergleisen, keine Hand rührt sich im Ausbesserungswerk, der Güterbahnhof stillgelegt, der Rangierbahnhof ebenso. Es ist unumstritten, dass große Teile des Bahngeländes für Verkehrszwecke derzeit nicht benötigt werden. Sie stehen damit als potenzielle Entwicklungsflächen zur Verfügung, Stichwort: "Bahnstadt". Doch wie viel der einst mit Steuermitteln geschaffenen "Schieneninfrastruktur" (so der Fachbegriff) wird für den Personen- und Güterverkehr im 21. Jahrhundert noch benötigt? Wie viel ist entbehrlich? Dabei können nicht nur heutige Verhältnisse maßgeblich sein. Kommt es zu einer Renaissance des Schienengüterverkehrs, weil die Lkws im Stau stehen und die Straßenbenutzungsgebühren steigen? Wollen hiesige Betriebe irgendwann heute nicht mehr genutzte Gleisanschlüsse reaktivieren? Sollen Umladeflächen Straße/Schiene vorgehalten werden? Welche Zuwächse sind im Personenverkehr zu erwarten? Reichen die vorhandenen Gleise, wenn die S-Bahn in zwanzig Jahren nicht nur jede halbe Stunde, sondern vielleicht alle zehn oder fünfzehn Minuten fährt? Können dann noch die ICE- und IC-Linien über Heidelberg fahren? Schienen abbauen ... Das Verschwinden der Gleise vollzieht sich schrittweise. Auf den ersten Stufen lässt sich der Prozess noch aufhalten, später wird er unumkehrbar. Zunächst stellt die Bahn den Verkehr ein, die Schienen werden aber noch in betriebsfähigem Zustand gehalten. Dann kommt die Stilllegung, die DB Netz muss die Strecke nicht mehr unterhalten. Aber die Trasse bleibt und könnte irgendwann wieder für Verkehrszwecke genutzt werden. Ist die Verkehrsfläche entwidmet oder steht gar das erste Haus darauf, ist im wahrsten Sinne des Wortes "der Zug abgefahren", auch wenn vielleicht in zwanzig Jahren Bedarf an weiteren Gleisen besteht. Es ist das Bestreben der Deutschen Bahn AG, ihr Netz zu verschlanken. Jeder Meter Schiene, der nicht betriebsfähig gehalten werden muss, spart Geld und jeder Quadratmeter Grundstück, der verkauft werden kann, bringt welches. Erhalten bleiben sollen nach dem Willen der Bahn, wie Uwe Otto von der DB Netz erläuterte, in Heidelberg nur die unmittelbar am Personenbahnhof vorbeiführenden Gleise. Die gegen den Pfaffengrund liegenden Gütertrassen, die die "Bahninsel" zur Insel machen, entfallen. Zwischen Wieblingen und Hauptbahnhof wolle die DB ein drittes Gleis verlegen, um parallele Einfahrten zu ermöglichen, so Otto. Erhalten bleiben soll die Option auf eine spätere Dreigleisigkeit nach Wiesloch. ... oder erhalten? Werner Schreiner vom VRN sieht jetzt schon Probleme, auf den vorhandenen Gleisen die künftigen S-Bahnen zwischen den anderen Zügen unterzubringen: "Der S-Bahn-Taktverkehr darf nicht zu Lasten des bedarfsorientierten Angebotes gehen. Wir als VRN hätten gern die Option auf Flächen aufrechterhalten." Auch Dirk Barkhausen von TransCare, "Deutschlands größter Beraterfirma im Eisenbahnbereich", wie er sagte, warnte vor vorschnellem Gleisabbau. Oberstes Gebot sei "das Offenhalten von Handlungsspielräumen". "Die Gütergleise sind hochwertig und elektrifiziert", so Barkhausen. Die Kapazitäten könnten für den S-Bahn-Verkehr genutzt werden. Am Güterverkehr auf diesen Gleisen könnte in einigen Jahren vielleicht ein anderer Betreiber als die DB Cargo Interesse haben. Oberbürgermeisterin Beate Weber betonte die Notwendigkeit, neben dem Nahverkehr weiter die Fernverkehrsanbindung Heidelbergs im Auge zu behalten. Auch den Güterverkehr will sie nicht allein Mannheim überlassen: "Ich halte es für außerordentlich wichtig, eine kleinere Verlademöglichkeit zu haben." (rie) |
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