Thema der Woche

Ausgabe Nr. 7 · 16. Februar 2000



Blick ins Männerbad. (Foto: Rothe)

Neue Impulse für das Alte Hallenbad

Planungsworkshop liefert "sechs exzellente Entwürfe" - Erster Bürgermeister Prof. Dr. Schultis: "Wir sind einen Schritt weitergekommen"


Drei Tage lang wurde im Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) heiß diskutiert, haben die Köpfe geraucht und die Zeichenstifte geglüht. Für die Ergebnisse - sechs Entwürfe für die Gestaltung des Areals Poststraße / Altes Hallenbad - gab es am Ende geradezu begeisterte Kommentare. "Was die Architekten abgeliefert haben, finde ich sensationell", lobte beispielsweise Andreas Vogel, Geschäftsführer der UFA-Filmtheater Projektentwicklungs GmbH, die Lösungsvorschläge.

Auch für Clemens Jung von der Bavaria Objekt- und Baubetreuung, einer Tochtergesellschaft der Berliner Bank und potenzieller Investor für das Areal, sind "sechs exzellente Entwürfe" aus dem Planungsworkshop hervorgegangen. Stadtplanungschef Diethelm Fichtner sieht die Stadt "ganz dicht dran" an einer Lösung für das Alte Hallenbad und die Poststraße, in den Augen des Stadtplaners "heute die Rückseite der Stadt".

In der Zusammenfassung des Hallenbad-Grundstücks mit seinem Vorplatz und der Möglichkeit der Überbauung der Poststraßen-Tiefgarage liegt der Schlüssel zur Finanzierung der anderweitig unbezahlbaren Sanierung des Kulturdenkmals. Jung: "Die Kombination von Sanierungsobjekt und Renditeobjekt macht das Ganze interessant." Die von den Architekten vorgelegten Konzepte umfassen deshalb jeweils Überlegungen zu Umbau und Umnutzung des Jugendstilbades mit Vorplatz, zu einem neuen Gebäude am Hallenbad entlang der Passage zur Bergheimer Straße sowie für ein bis zwei Gebäude über der Tiefgarage Poststraße.

Wellness im Frauenbad
Die Bavaria will insgesamt achtzig bis hundert Millionen Mark investieren. Rund dreißig Millionen sollen in die Sanierung des Hallenbades fließen, mit sechzig Millionen wird der Neubau Poststraße veranschlagt. Interessenten für die Gebäude gibt es bereits. So will die UfA in der Poststraße das ursprünglich am Hauptbahnhof geplante Kinozentrum mit 1.800 Plätzen (Vogel: "ein Multiplexchen") unterbringen. Die Sparkasse hat Bedarf an 4.000 bis 4.500 Quadratmetern zusätzlicher Bürofläche. In das Erdgeschoss des Poststraßen-Neubaus sollen Geschäfte einziehen.

Im Alten Hallenbad ist eine "Nassnutzung" nur noch für das Frauenbad vorgesehen, das Teil eines "Wellness-Centers" werden könnte, das die Firma Medi-Vital hier einrichten möchte. Das Männerbad wird künftig trocken bleiben, aber weiterhin der körperlichen Ertüchtigung dienen. Anstelle des von Projektentwickler Heinrich Schäfer hier angedachten Palmengartens mit Erlebnis-Gastronomie soll - "zu meinem Leidwesen", wie er in einer Presseerklärung betont - ein Fitness-Center entstehen. Schäfer, Inhaber der Waschex Immobiliengesellschaft, hatte das Projekt im vergangenen Dezember an die Bavaria übergeben.

Theater im Männerbad
Als Interessent für das Hallenbad neu ins Spiel gekommen ist das Zimmertheater, das seine Räume in der Hauptstraße bis 2005 räumen muss. Es könnte entweder unter dem Männerbad oder in einem Neubau neben dem Hallenbad ein neues Domizil finden. Zimmertheater-Chefin Ute Richter sah denn auch Licht am Horizont: "Im Herrenbad, das wäre ideal." Wie sich das im Detail realisieren ließe, bleibt noch genauer zu untersuchen.

Im Mittelpunkt des Workshops standen insbesondere die städtebaulichen Fragen. Fünf der sechs Architektenbüros sehen auf dem lang gestreckten Tiefgaragengelände zwei Gebäude vor, einen Kino- und einen Bürokomplex, zwischen dem eine Nord-Süd-Passage liegt, die die Kurfürsten-Anlage mit der Bergheimer Straße verbindet. Zwei Büros gehen so weit, die südliche Poststraße im Bereich der Sparkasse zu überbauen und damit eine Verbindung zwischen dem bisherigen Sparkassengebäude und dem Neubau herzustellen.

Fünf der sechs Büros platzieren das Kinozentrum an der zum Bismarckplatz zeigenden Ecke. Der Heidelberger Architekt Thilo Danneberg dreht das Ganze herum und siedelt das Kino an der nordwestlichen Ecke an. Danneberg möchte damit das "Juwel" Altes Hallenbad "aus dem Hinterhof-Milieu heraustreten" lassen, stößt damit bei der UfA aber nicht auf Gegenliebe. Andreas Vogel: "Wo Kino drin ist, muss auch Kino draufstehen." So könnte ein leuchtendes gläsernes Foyer an der dem Bismarckplatz zugewandten Ecke einen weithin sichtbaren Akzent setzen.

Eine statt zwei Tiefgaragen
Ein Büro macht den Vorschlag, auf die vor dem Alten Hallenbad vorgesehene Tiefgarage mit rund 180 bis 200 Stellpätzen zu verzichten und stattdessen unterhalb der südlichen Poststraße, zwischen den Bankgebäuden und der bestehenden Tiefgarage, eine neue dreigeschossige Tiefgarage vorzusehen. Diese Lösung hätte, so die Einschätzung der Stadtplaner, deutliche Vorteile für die Verkehrserschließung. So kann die Zufahrt auf kurzem Wege aus der Kurfürsten-Anlage erfolgen. Dass bei der Ausfahrt ein Linksabbiegen in Richtung Zentrum nicht möglich ist, wird als nachteilig empfunden.

Bezüglich der nördlichen Poststraße sind die Büros übereinstimmend der Auffassung, dass der Straßenraum zu einem Aufenthaltsraum mit entsprechender Qualität aufgewertet werden muss. Man stellt sich hier etwa eine Fußgängerzone oder einen verkehrsberuhigten Bereich vor. Auch der Platz vor dem Hallenbad, heute Parkplatz, soll durch einer Außengastronomie eine deutliche Aufwertung erfahren. Einige Büros machen den Vorschlag, den Platz abzusenken. Damit würde das Kellergeschoss des Hallenbades zum Erdgeschoss.

Alle Architekten schlagen vor, den Platz nach Westen, also entlang der Passage zur Bergheimer Straße, räumlich zu begrenzen. Die vorgeschlagenen Baukörper sind allerdings unterschiedlich. Die Tendenz ging dahin, an dieser Stelle keinen "Riegel" zu platzieren.

Jetzt Bebauungsplan
Auch die Bebauung über der Tiefgarage, dieses Bemühen war bei allen Büros festzustellen, soll den Angrenzern nicht den Blick verstellen. Anliegen einer Bewohnerinitiative der nördlichen Poststraße, die Vertreter zum Workshop entsandt hatte, war es vor allem, "die gegenüberliegende Wand abzurücken". Durch Leichtigkeit und Transparenz der vorgeschlagenen Konstruktionen soll der Eindruck einer "Wand" vermieden werden. Im Übrigen zeigte man sich auf Seiten der Nachbarn durchaus verständnisvoll. So würde man eine Fußgängerzone oder verkehrsberuhigte Zone in der Poststraße "sehr begrüßen". Einzig die Heidelberger Volksbank kann dem Projekt wenig abgewinnen. "Wir betrachten uns nicht als Nutzer, sondern als Betroffener", so Bankvorstand Dieter Ehhalt.

Nach der Einschätzung des Erstens Bürgermeisters und Baudezernenten Prof. Dr. Joachim B. Schultis ist die Stadt mit dem - von Professor Lutz Hachenberg wie immer souverän moderierten - 11. Planungsworkshop bei der Lösung des Problems Altes Hallenbad einen großen Schritt weitergekommen. Er hoffe und wünsche, "dass das Projekt nun weitergeht", und kündigte an, dass die Stadt jetzt einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erarbeiten wird. (rie)
 

Die beteiligten Architektenbüros

- Rhode, Kellermann, Wawrowsky + Partner, Düsseldorf
- Büro Böhm, Köln
- Thilo Danneberg, Heidelberg
- JSK Joos, Schulze, Krüger-Heyden, Berlin
- Albrecht, Hardegsen
- Schmidt-Schicketanz + Partner, München

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Stand: 15. Februar 2000