Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 6 · 5. Februar 2003



Ein Plakat für den "Familienfrühling": Oberbürgermeisterin Beate Weber und Bernhard Schreier, Vorstandsvorsitzender der Heidelberger Druckmaschinen AG, mit dem preisgekrönten Bild von Tobias Kempf (Foto. Rothe)

Ein Haus voller Musik

Der achtjährige Tobias Kempf gewinnt Plakatwettbewerb zum "Familienfrühling 2003"


Rund 300 Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren aus Heidelberg und der Region haben ihre Bilder von einem "Haus voller Musik" dem Festivalbüro des "Heidelberger Frühlings" eingesandt. Unter diesem Motto hatten das Musikfestival und die städtische Musik- und Singschule gemeinsam mit der Heidelberger Druckmaschinen AG zu einem Plakatwettbewerb für den "Familienfrühling 2003" aufgerufen.

Ende Januar hat die Jury in der Print Media Academy die Bilder gesichtet und entschieden, wessen Entwurf die Grundlage für die Plakate zum diesjährigen Familienfrühling sein wird.

Mitglieder der Jury waren Oberbürgermeisterin Beate Weber, Bernhard Schreier, Vorstandsvorsitzender der Heidelberger Druckmaschinen AG, Cornelia Dodt, Leiterin der Jugendkunstschule Heidelberg, Kersten Müller, stellvertretender Leiter der städtischen Musikschule, und Thorsten Schmidt, Leiter des Musikfestivals Heidelberger Frühling.

Gewinner des Plakatwettbewerbs ist der achtjährige Tobias Kempf aus Bergheim. Tobias hat das Motto des Plakatwettbewerbs "ein Haus voller Musik" besonders fantasievoll aufgegriffen und in ein prächtiges und farbenfrohes Bild umgesetzt. Die Resonanz auf die Ausschreibung war überwältigend. Es fiel deshalb allen Juroren sehr schwer, bei den vielen schönen Einsendungen eine gerechte Entscheidung zu fällen.

Alle Kinder, die an dem Malwettbewerb teilgenommen haben, werden eingeladen, den Druck des Familienfrühlings-Plakats am 13. Februar in der Vorführ-Druckerei der Heidelberger Druckmaschinen AG zu beobachten. Zudem erhält der Gewinner selbstverständlich Freikarten zur Auftaktveranstaltung des Familienfrühlings am 23. März im Atrium des Forschungs- und Entwicklungszentrums der Heidelberger Druckmaschinen AG. Im Rahmen dieser Veranstaltung werden alle eingesandten Plakatentwürfe in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert.

Auch Oberbürgermeisterin Beate Weber und Bernhard Schreier hatten bei der Jurysitzung sichtlich Spaß an diesem Auftakt eines gelungenen Corporate Citizenship. "Ich freue mich sehr, dass es den Familienfrühling in diesem Jahr wieder gibt und dass die Heidelberger Druckmaschinen AG das Kindermusikfestival im Rahmen des Heidelberger Frühlings als Hauptsponsor unterstützt", so die Oberbürgermeisterin. Beate Weber hat zugesagt, in der Eröffnungsveranstaltung als Erzählerin an der Märchenoper "Peter und der Wolf" mitzuwirken. (ck)

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Pfarrer Ludwig Bopp im voll besetzten Spiegelsaal des Prinz Carl (Foto: Rothe)

Beinahe "Kapuzerich" geworden

Pfarrer Ludwig Bopp zu Gast in der Reihe "Erlebte Geschichte - erzählt"


Mit "etwas Lampenfieber wie vor einer großen Predigt" sah Pfarrer Ludwig Bopp dem Gespräch mit Michael Buselmeier im voll besetzten Spiegelsaal entgegen. Von Atheisten und Christen gleichermaßen verehrt, war er vierzig Jahre lang Seelsorger an der St. Bonifatius-Kirche in der Weststadt. Mit ihm war erstmals ein Priester zu Gast in der Reihe "Erlebte Geschichte - erzählt".

Geboren 1926 in Limbach bei Mosbach im Odenwald, wuchs er zusammen mit fünf Geschwistern in einer freiheitlich gesinnten katholischen Familie auf. "Da war man fest gefügt in die christliche Gemeinschaft", erinnert er sich an seine Kindheit. Doch schon mit zehn Jahren musste er die Geborgenheit der Familie verlassen und kam mit Cousin und Bruder ins 150 Kilometer entfernte Internat nach Rastatt. "Das war der heilige Wahnsinn", denn nur vier mal im Jahr kam man nach Hause. Dass der Vater als Handelsvertreter sie manchmal besuchen konnte, war nur ein kleiner Trost.

Nachdem das Internat von den Nationalsozialisten geschlossen worden war, besuchte er das Kapuzinerkloster in Bensheim. Dort beschloss er, später einmal Kapuziner-Mönch zu werden: "Mit Leib und Seele war ich Kapuzerich, eine einfache Kutte, ein einfaches Zimmer, das hatte mir gefallen". Aber bis zum Abitur war es noch weit. Mit 16 Jahren wurde er in den Krieg geschickt, als Flakhelfer nach Mannheim. Die furchtbare Angst angesichts des Bombardements hat sich ihm tief ins Gedächtnis gegraben.

Es folgten Arbeitsdienst in Schifferstadt, Stellungskrieg in der Eifel: "Wir waren so schlecht ausgerüstet. Ich hatte ein Gewehr von 1898 und nicht einmal einen Stahlhelm", und schließlich die Gefangenschaft bei den Amerikanern: "Da waren wir zunächst einmal befreit!" Nach eineinhalb Jahren Gefangenschaft wollte er nicht gleich ans Abitur denken, sondern erst einmal leben und tanzen. Er organisierte Tanzveranstaltungen: "Ich hatte so die Nase voll von Lehrern und Offizieren und Wachposten in der Gefangenschaft."

Das Abitur holte er schließlich in Eberbach nach und studierte dann katholische Theologie in Freiburg. "Plötzlich hatte ich die Kapuziner vergessen." 1952 wurde er zum Priester geweiht und kam nach Stationen in Mühlhausen im Kraichgau, Mannheim-Neckarau und Karlsruhe 1960 nach Heidelberg.

Hier gründete er zusammen mit zwei anderen jungen Priestern im Pfarrhaus von St. Bonifatius eine Gemeinschaft, ein "Oratorium" nach den Ideen des Philipp Neri (1515-1595). Von dem aus Florenz stammenden Heiligen hatte er gelernt, dass nur der ein Christ sein könne, der bereit sei, sich selbst zu erneuern und sich selbst in Frage zu stellen. Außerdem gefiel ihm, "dass Neri einer der wenigen Heiligen war, der Humor hatte." Auch er habe unter den Verhältnissen gelitten, aber er habe erkannt, das mit Gewalt keine positiven Veränderungen möglich sind.

Seit 40 Jahren lebt Ludwig Bopp nun in dieser Gemeinschaft und möchte sie nicht missen. Heute gehören acht Priester zwischen 41 und 82 Jahren dazu. Als er 1999 in den Ruhestand getreten ist, hat er seine Aufgaben einem Jüngeren übergeben: "Da musste ich loslassen lernen", sagt er, denn er wollte seinem Nachfolger das Fußfassen erleichtern. "Aber in anderen Gemeinden kann ich grasen", sagt er scherzend. (doh)

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Zum Abschluss der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus legten Auszubildende der Stadt Heidelberg an der Gedenktafel für die Heidelberger Sinti in der Steingasse Blumen nieder. (Foto: privat)

Gegen das Vergessen

Hundert Blumen als Zeichen der Erinnerung


Am 27. Januar fand im Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma eine Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Auszubildende der Stadt Heidelberg beteiligten sich an der Vorbereitung und Durchführung.

Hundert Blumen sollen symbolisch an die etwa 100 Menschen erinnern, die einmal Bürger unserer Stadt waren, hier gelebt, gelacht, geweint haben. Mit uns und unter uns, bis sie vertrieben und schließlich ermordet wurden", sagte die Auszubildende Tanja Kalis vor der Blumenniederlegung am Gedenkstein für die Sinti und Roma in der Steingasse, die die Veranstaltung abschloss. Neun engagierte Auszubildende der Stadt Heidelberg hatten sich seit November in drei Arbeitsgruppen mit dem nationalsozialistischen Völkermord und dem Schicksal der Sinti und Roma in Heidelberg auseinander gesetzt und die Gedenkstunde mitgestaltet.

"Wir gedenken heute all jener Menschen - Männer, Frauen und Kinder - die Opfer des nationalsozialistischen Terrors wurden: weil sie als Juden oder Sinti und Roma geboren wurden, weil sie behindert oder krank waren, weil sie eine andere politische oder religiöse Überzeugung vertraten, weil sie sich zu ihrer Homosexualität bekannten oder weil sie sich in Deutschland und in den besetzten Staaten Europas gegen den nationalsozialistischen Terror zur Wehr setzten", erinnerte Anita Awosusi, Vorstandsmitglied des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma, an das gemeinsame Schicksal der Verfolgten des Naziregimes.

Die heutige Gedenkstunde habe "nicht nur die Aufgabe, an vergangenes Unrecht zu erinnern, sondern sie möchte aufrufen zu Versöhnung und Wachsamkeit überall auf der Welt: Versöhnung zwischen Völkern, ethnischen Gruppen und Religionen, die heute in vielen Ländern auf allen Kontinenten im Streit liegen, und Wachsamkeit gegenüber allen Ideologien und Konzepten, die Hass und Vernichtung propagieren und organisieren", stellte Oberbürgermeisterin Beate den Bezug zur aktuellen politischen Situation her, die in vielen Teilen der Welt von Misstrauen, Fanatismus und Gewalt geprägt ist. (rie)

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Stand: 4. Februar 2003