Kultur

Ausgabe Nr. 5 · 31. Januar 2001



Loris Cecchini mit seinem im Kunstverein ausgestellten "Gummiflügel". (Foto: Welker)





Lustvolle Entdeckungsreise

Loris Cecchini aus Mailand stellt im Heidelberger Kunstverein aus


In den Grenzbereich zwischen Sein und Schein wagt sich der Heidelberger Kunstverein mit seiner ersten Ausstellung im Jahr 2001. Die ebenso witzigen wie hintergründigen Bilderfindungen des Mailänders Loris Cecchini stellen gewohnte Wahrnehmungen in Frage. Seine Installationen, computeranimierten Fotografien und seine Videoarbeiten bewegen sich zwischen Traum und Wirklichkeit.

Durch handgefertigte Modelllandschaften spazieren nichts ahnend reale Menschen, ein Flügel aus grauem Gummi schmiegt sich an den Fußboden, Videokunst bewegt sich an der Grenze zum optischen Verschwinden in nebulösen Graustufen. Loris Cecchini beschäftigt sich mit menschlichen Wahrnehmungsmustern. Seine Arbeiten stellen gewohnte Sicherheiten in Frage und spielen mit unseren Sehgewohnheiten. Sie werfen Fragen auf - Realität oder Vision? Wirklichkeit oder Traum? Was ist echt und was falsch? Was Original und was Imitation?

Cecchini verwendet moderne Techniken wie digitale Fotografie und Computeranimation ebenso wie ganz herkömmliche Arbeitsweisen. Er fertigt Gipsabdrücke von alltäglichen Gegenständen an und gießt diese anschließend mit Gummi aus. Die so geschaffenen Geister von realen Objekten entwickeln jedoch ein Eigenleben fern ihrer ursprünglichen Funktion. Sie verändern ihre Form und wirken irreal fast schelmenhaft. Sein erstes Gummi-Objekt war ein Fahrrad, in Heidelberg sind ein Flügel und eine ehemalige Kinobestuhlung zu sehen.

Loris Cecchini, 1969 in Mailand geboren, studierte an den Kunstakademien in Siena, Florenz und Mailand. Er lebt und arbeitet in Mailand. Hans Gercke, Direktor des Kunstvereins, entdeckte die ungewöhnlichen Arbeiten des "jungen Zauberkünstlers" in einer Galerie - einem ehemaligen Kinosaal - in der italienischen Stadt San Gimignano. "Die Arbeiten haben mich spontan fasziniert", berichtet Hans Gercke und freut sich, die erste größere Einzelausstellung Cecchinis in Deutschland realisieren zu können. Als Dokumentation zur Ausstellung bietet der Kunstverein einen Katalog zum Preis von 25 Mark an. Die Bilder und Skulpturen sind noch bis zum 4. März im Kunstverein, Hauptraße 97, zu sehen. (doh)
   
 

Verlängert ...

  ... wurde ebenfalls bis zum 4. März die Ausstellung "Schutzlinge" von Cholud Kassem. Ihre bemerkenswerten Arbeiten auf Papier sind, wie die Arbeiten Cecchinis, jeweils dienstags, donnerstags, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr, mittwochs von 11 bis 20 Uhr und freitags von 11 bis 22 Uhr zu sehen.

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Die filigrane Arbeit der Italienerin Lucia Constantini trägt den Titel "Habito"

Klöppel-Kunst auf "Spitzen"-Niveau

9. Internationale Biennale der Spitze bis zum 22. April im Textilmuseum

Bereits zum fünften Mal zeigt das Textilmuseum Max Berk die "Internationale Biennale der Spitze", die unter der Schirmherrschaft von Königin Fabiola von Belgien steht. Mit diesem hochrangigen Wettbewerb wird traditionelle Klöppel-Kunst bewahrt und die zeitgenössische Fertigung von Spitze gefördert.


Insgesamt 25 Künstlerinnen und Künstler aus den Niederlanden, Belgien, Polen, Italien, Tschechien, Japan, Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Rumänien, der Slowakei und Lettland sind mit zum Teil großformatigen Arbeiten vertreten. "Derzeit ist eine Rückwendung zu den klassischen Spitzen-Techniken festzustellen", berichtet Dr. Kristine Scherer vom Textilmuseum und Mitglied der Jury. Aber auch Experimentierfreudigkeit bezüglich der verwendeten Materialien sowie innovative Ausdrucksformen lassen sich an den eingereichten Arbeiten beobachten.

Den "Grand Prix Reine Fabiola" erhielt die Japanerin Tomoko Ishida für ihre dreidimensionale, aus Papier bestehende Arbeit "Co-Twisted". Dieses Werk vereint die Komplexität der Struktur mit japanischer Ästhetik und meditativer Ruhe. Den "Goldenen Klöppel" erhielt die deutsche Künstlerin Waltraud Janzen für ihr aus Messingdraht in freier Häkeltechnik hergestelltes "Kettenhemd", das durch seinen preziösen und zerbrechlichen Charakter besticht.

Die polnische Künstlerin Dorothea Buczkowska wurde für ihre dreidimensionale, aus verschiedenen Metallgeflechten bestehende Arbeit "Léspace de lárbre" mit dem "Silbernen Klöppel" ausgezeichnet. Den "Bronzenen Klöppel" erhielt die Belgierin Colette Bertin für das Werk "Message", das in klassischer Klöppeltechnik aus selbsthergestellten Papierfäden angefertigt wurde und an eine mittelalterliche Schriftrolle erinnert. Der "Kristallene Klöppel" schließlich wurde der Tschechin Maria Danielova für ihre mehrteilige Arbeit "Echo" zuerkannt.

Die Ausstellung ist noch bis zum 22. April zu sehen. Das Textilmuseum Max Berk, Brahmstrasse 8, ist Montag, Mittwoch und Samstag von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Zur Ausstellung wird ein Katalog zum Preis von 20 Mark angeboten.

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Stand: 30. Januar 2001