stadtblatt-Sonderbeilage zum Blättern

stadtblatt  / 23. Oktober 2019 2 INTERKULTURELLES ZENTRUM „WIR SIND HEIDELBERG“ „Gesicht zeigen für eine offene Gesellschaft“ Die Leiterin des IZ über drei Jahre „Wir sind Heidelberg“ Leiterin Interkulturelles Zentrum Jagoda Marinić Frau Marinić, das Projekt „Wir sind Hei- delberg“ endet jetzt. Sind Sie zufrieden mit den drei Jahren? Jagoda Marinić Unbedingt! Natür- lich, es gibt noch genug zu tun, wie immer, aber wir haben den Grund- stein gelegt, den wir uns am Projekt- beginn gewünscht haben. Das IZ konnte mit mehreren Projekten und Abenden zeigen,wiewichtig es ist,die Menschen einer vielfältigen Stadtge- sellschaft zusammenzubringen. Welche Aktion war Ihnen besonders wichtig? Marinić Jede auf ihre Art. Wir ha- ben viel experimentiert, auch mit künstlerischen Mitteln. Als wir die Schlossverwaltung im Boot hatten, dort die Skulptur „The Helpless“ von Jean-Luc Cornec zu zeigen, war das ein großer Schritt, um unsere Themen in die breite Öffentlichkeit zu bringen. Sehr am Herzen lag mir auch das Projekt „Taxi Driver“: Wir haben Kurzfilme gedreht über deut- sche Taxifahrer, die eine Einwande- rungsgeschichte haben. Zuletzt sa- ßen alle Fahrer zusammen auf der Bühne, haben ihre besten Beifahrer- geschichten und über sich selbst er- zählt und das Publikum hat Tränen gelacht und viel über die Menschen hinter dem Klischee Taxifahrer er- fahren. Auf diesen Abend haben mich Leute in der Apotheke und auf der Straße angesprochen und gesagt, dass sie noch nie einen solchen Büh- nenabend erlebt hatten. Was konnte durch das Projekt „Taxi Dri- ver“ erreicht werden? Marinić Ein Projekt wie „Taxi Driver“ zeigt mit filmischen und erzähleri- schen Mitteln, dass hinter jeder und jedem, die beziehungsweise der in Heidelberg ihren beziehungsweise seinen Beitrag zum reibungslosen Zusammenleben leistet, eine Ge- schichte steckt.EinMenschmitTräu- men,Hoffnungen und einem Ziel für sein Leben. Man baut Vorurteile ab und hört, wie wichtig vielen Men- schenmit Einwanderungsgeschichte die deutsche Demokratie ist.Das sind richtige Verfassungspatrioten. Was war der erfolgreichste Abend? Marinić Es gab einen Abend im IZ, da war das Haus wirklich brechend voll: Die interkulturelle Jam-Session. 16verschiedeneGigs ausunterschied- lichen Ländern, alles Musikerinnen undMusiker,die hier leben und noch nie zusammen einen Abend lang ge- spielt haben. Der Musiker Andrea Apostoli hat sie alle gesucht,vernetzt und an diesem Abend zusammenge- bracht,umdie gemeinsameArbeit zu präsentierten. Es waren junge Leute aus Frankreich da, die neu nach Hei- delberg gezogen waren und die sich beeindruckt zeigten davon, dass wir öffentliche Räume haben, in denen Vielfalt mit einer solchen Leichtig- keit gelebt wird. Ist das an sich ein Erfolgsrezept des In- terkulturellen Zentrums, dass es sich auf die Stärken der Vielfalt konzentriert? Marinić Ja,dieser Aspekt ist uns im IZ besonders wichtig. Das eine sind die kontroversen Debatten zumThe- ma Vielfalt sowie die Professiona- lisierung von Vereinen. Das andere ist die Möglichkeit, immer wieder Anlässe zu schaffen, die Menschen über etwas Verbindendes zusam- menbringen. Sie gingen mit diesem Projekt aber auch verstärkt in die Stadtteile? Marinić Das war ein wichtiges Ziel. Wir haben in allen Heidelber- ger Stadtteilen Bürgerinnen und Bürger gefunden, die bereit waren, Gesicht zu zeigen für eine offene Ge- sellschaft.Die Fotokampagne,an der sich zweihundert Heidelbergerin- nen und Heidelberger beteiligten, hängt jetzt in unserem kleinen Ver- anstaltungssaal. Was war das Heidelberg-Spezifische an dem Projekt? Marinić Die Heidelbergerinnen und Heidelberger haben mit gro- ßer Offenheit auf unsere Projekte reagiert, sie zum Mitmachen zu be- wegen war meist sehr einfach. Als wir beispielsweise einluden, abends am Schloss rund um die Skulptur „The Helpless“ eine selbst verfass- te Geschichte vorzulesen, kamen über hundert Menschen zusammen. Diese vertrauensvolle Offenheit ist elementar, um in einer diversen Stadtgesellschaft Zusammenhalt zu schaffen. Nur mit solchen Begeg- nungen schafft man gemeinsam ein Wirgefühl auch mit neu Zugezoge- nen. Das sollte dieses Projekt errei- chen. Das haben wir immer wieder geschafft. Lebenswerte Vielfalt Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner Liebe Bürgerinnen und Bürger, In den vergangenen drei Jahren hat das Interkulturelle Zentrumder Stadt Heidelberg zahlreiche Aktivitäten im Bereich der Willkommens- und An- erkennungskultur initiiert, begleitet und betreut – gemeinsam mit Ver- einen, Stadtteilvereinen, Initiativen, Institutionen, Organisationen und Migrantenselbstorganisationen. Jetzt ist das vom Bundesamt für Mi- gration und Flüchtlinge geförderte Projekt „Wir sind Heidelberg“ abge- schlossen. Ziel war es, die Vielfalt der Heidelberger Stadtgesellschaft sicht- bar zu machen. Die Beteiligten können eine erfolg- reiche Bilanz ziehen: Es fanden zahl- reiche Veranstaltungen statt, bei de- nen verborgene Geschichten erzählt und musikalische Schätze gehoben wurden. Es gab zahlreiche Möglich- keiten zur Begegnung und Vernet- zung; sei es bei Lesungen,Konzerten, Tanz, Theateraufführungen, Work- shops oder Kunstprojekten. Jede einzelne dieser Begegnungen stärkt den gesellschaftlichen Zusam- menhalt und macht Heidelberg zu einer so lebenswerten Stadt.Ich freue mich, dass das Projekt in der Breite der Stadtgesellschaft angekommen ist. Ihnen und uns wünsche ich, dass der Geist des Projekts weiterlebt und dass die Freude am Austausch erhal- ten bleibt. Prof.Dr.Eckart Würzner Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg Das Interkulturelle Zentrum (IZ) ist eine städtische Einrichtung, in der sich Menschen aller Lebenswel- ten begegnen und austau- schen können. Das IZ will die Vielfalt der Stadtgesellschaft stärken, die Akteure vernetzen und stärken. Für Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte ist das IZ ein „Haus der Begegnung“. Zudem ist das IZ eine zentra- le Anlaufstelle für die Profes- sionalisierung internationa- ler Vereine und Initiativen in Heidelberg. Das Interkulturelle Zentrum Nach drei Jahren endet das vom Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geförderte Projekt „Wir sind Heidelberg“. Ziel war die Förderung von Begegnungen in einer vielfältigen Stadt, um Vorurteile abzubauen und den Zusammenhalt zu fördern. Weitere Informationen: www.iz-heidelberg.de „Wir sind Heidelberg“

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