Stimmen aus dem Gemeinderat

SPD

Margrit Nissen

Tummelplatz des Wettbewerbs

Margrit Nissen

Ostern steht vor der Tür, da sollte man wohl besser über Ostereier oder ähnliches schreiben statt über Danaergeschenke, was ich eigentlich vorgehabt hatte. Dem Amt für Öffentliche Ordnung sei Dank, dass es ein wunderbares, vorläufig niet-und nagelfestes Geschenkei in Form der „Sondernutzungssatzung Fußgängerbereich Altstadt“ gefertigt hat. Veranlasst wurde dieser „Legevorgang“ bekanntlich durch zwei tönerne Geparden, die seit Jahren still einen Geschäftseingang bewachten und eines Tages einem Ordnungshüter in die Augen sprangen. Die Tiere mussten in den Käfig. Der Gemeinderat hatte Mitleid mit den Viechern und den gemaßregelten Gewerbetreibenden, er forderte Abhilfe. Die wurde mit der neuen, zentimetergenauen Satzung geschaffen.

Doch warum sollte sich ein Gewerbetreibender an diese neue Satzung halten, wenn er die alte schon nicht eingehalten hat? Liegt es nicht im Wesen des Wettbewerbs, sich hervorzutun vor den anderen und dabei immer auch bis an die Grenzen des Erlaubten und sogar ein bisschen darüber hinaus zu gehen?

Rafik Schami beschreibt mit leichter Hand in einem seiner Bücher dieses Phänomen am Beispiel der Hauptstraße von Damaskus, aber Ähnliches kann man überall auf der Welt studieren, eben auch bei uns: …“Früher soll sie (die Hauptstraße) mehr als zwanzig Meter breit und eine prächtige Paradestraße mit Säulen und Arkaden gewesen sein. Doch die Händler rückten mit ihren Buden von beiden Seiten immer weiter in die Straße hinein. Heute ist sie an manchen Stellen nicht einmal mehr zehn Meter breit. Die Technik der Vereinnahmung beherrschen die Damaszener Händler perfekt. Unauffällig dehnen sie ihre Läden mit einer Gemüsekiste, einer kleinen Pyramide aus Intarsienschachteln oder einem Blech mit Pistazien, die nur für ein paar Stunden zum Trocknen in der Sonne liegen, auf den Bürgersteig aus. Dann baut man ein leichtes Holzgestell auf und überspannt es mit einem noch leichteren Tuch, um die Ware vor der heißen Sonne zu schützen. Sobald die Passanten und die Polizisten sich daran gewöhnt haben, fällt das Holzgestell von Zeit zu Zeit um und der Händler ersetzt gezwungenermaßen das wacklige Holzgerüst durch eine etwas festere Konstruktion. Damit er aber seine Siesta ohne Sorgen vor Dieben genießen kann, bekommt das Ganze eine Tür und bald auch ein kleines Fenster mit Vorhang. Eine Woche später wird wie durch Zauberhand das dünne Holz mit Lehm verstärkt und nach einer Nacht- und Nebelaktion strahlt das Häuschen plötzlich in weißer Farbe mit frisch gestrichenen blauen Türen und Fensterrahmen. Bald aber steht davor wieder eine Kiste mit Gemüse, nur so, um die Kunden aufmerksam zu machen. Der Polizist murrt, wird jedoch mit vielen Worten und einem Kaffee beruhigt – bis er schließlich versetzt wird. Sein Nachfolger könnte schwören, dass die Straße hier immer schon einen Bogen machte.“( Aus „Die dunkle Seite der Liebe“,S.338)

Ich wette, in ein paar Jahren muss diese neue Satzung wieder neu „gelegt“ werden, weil nun womöglich zwei Osterhasen mehr als einen Meter vorgerückt sind ins Feld und einem neuen Ordnungshüter ganz satzungswidrig vor die Flinte laufen, Der Gemeinderat wird Abhilfe fordern, alles weitere siehe oben. In diesem Sinne ein fröhliches Osterfest!