Thema der Woche

Heidelberger schätzen Partnerschaft und Kinder

Ergebnisse der repräsentativen Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen zum Demographischen Wandel in Heidelberg liegen vor

Drei Viertel der Heidelberger Bevölkerung blicken optimistisch in die Zukunft. Das hat eine repräsentative Umfrage zum Demographischen Wandel ergeben, die die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag der Stadt Heidelberg im Januar 2006 durchgeführt hat.

Aufgaben der Stadt (Abbildung: Forschungsgruppe Wahlen)
Aufgaben der Stadt (Abbildung: Forschungsgruppe Wahlen)

1.334 zufällig ausgewählte Heidelberger Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren wurden telefonisch unter anderem nach ihren Lebensentwürfen, nach ihrer Einstellung zu Partnerschaft und Kindern, zum Zusammenleben der Generationen und Kulturen sowie nach dem Infrastruktur- und Wohnungsbedarf befragt. Die Ergebnisse waren teilweise überraschend. So widerspricht die Studie beispielsweise dem viel zitierten Vorurteil der „Familienferne“ von Akademiker/innen und bestätigt den Trend zu Partnerschaft und Familie. Die Studie ist die derzeit aktuellste und differenzierteste Befragung zu diesem Themenkomplex in einer deutschen Großstadt. Sie wurde vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik der Stadt Heidelberg betreut. Oberbürgermeisterin Beate Weber: „Mit der Studie haben wir nicht nur wichtige Planungsinformationen gewonnen, sondern auch Klischees über gesellschaftliche Egoismen hinterfragt. Dass wir uns für eine Umfrage entschieden haben, steht auch für den Willen, die Öffentlichkeit in den Entscheidungsprozess um den richtigen Weg in die Zukunft einzubinden.“ Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

Bevölkerungsprognose

Was den demographischen Wandel anbelangt, ist für Heidelberg – im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Städten – eine deutliche Zunahme der Bevölkerung bis 2020 prognostiziert. Erst 2030 wird mit einer deutlichen Abnahme gerechnet. Der Zuwachs wird allerdings nur aufgrund von Wanderungen eintreten, nicht als Folge vermehrter Geburten. Die Zahl der Älteren und die Zahl der Ausländer wird sich deutlich erhöhen.

Leben in Heidelberg

97 Prozent der Befragten fühlen sich in Heidelberg wohl oder sehr wohl. 91 Prozent der Interviewten sind mit ihrer Wohnsituation zufrieden. Allerdings meinen nur 47 Prozent der Befragten mit Kinderwunsch, dass ihre Wohnung für ein weiteres Familienmitglied ausreichend sei, 79 Prozent halten es für schwierig eine passende Wohnung zu finden. Gefragt, in welchen Bereichen die Stadt eine starke Verantwortung zu übernehmen habe, rangiert das altersgemäße, behindertengerechte Bauen mit 85 Prozent an erster Stelle, gefolgt von der Sicherstellung der Kinderbetreuung (79 Prozent) über die Betreuung alter Menschen (77 Prozent), die Eingliederung von Ausländern (71 Prozent) und die angemessene Versorgung der Familien mit Wohnraum (69 Prozent).

Familie, Kinder und Beruf

Über die Hälfte der Befragten (54 Prozent) ist der Auffassung, dass sich die Stadt auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einzusetzen habe. Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung werden als Basis angesehen, Beruf und Familie zu vereinbaren. Bei der Tagesbetreuung von unter Dreijährigen reklamieren 64 Prozent Nachholbedarf – trotz der im Städtevergleich überdurchschnittlichen Heidelberger Versorgungsquote. 53 Prozent der Eltern mit Kindern unter 18 fordern mehr Ganztagsschulen. 47 Prozent der Eltern fordern längere und flexiblere Öffnungszeiten in den Kindergärten. Mit dem pädagogischen und räumlichen Angebot in Krippen und Kindergärten sind nahezu alle zufrieden.

Die Umfrageergebnisse widersprechen dem Vorurteil der „Familienferne“ von Akademiker/innen. So haben Partnerschaft und Familie bei 55 Prozent der Befragten den höchsten Stellenwert. Abgeschlagen rangieren Freunde und Freizeit (24 Prozent) und Beruf und Karriere (12 Prozent). Fast vier von fünf Heidelberger/innen, die bisher noch keinen Nachwuchs haben, möchten grundsätzlich Kinder, am liebsten zwei.

Perspektiven im Alter

Die überwiegende Mehrheit (70 Prozent) der Heidelbergerinnen und Heidelberger ab 45 Jahren erachtet ihre finanzielle Versorgung im Alter als gut. Bei der Frage, wer in erster Linie für die Hilfe von älteren Menschen zuständig sein sollte, spricht sich die relative Mehrheit für den (Ehe)Partner aus. Perspektivisch möchte die Mehrheit der Befragten (52 Prozent) auch dann, wenn sie den Haushalt nicht mehr alleine bewältigen kann, in der eigenen Wohnung bleiben. Großen Anklang findet bei den über 45-Jährigen und Älteren die Vorstellung, im Alter mit anderen älteren Menschen privat in gemeinschaftlichen Wohnformen zu leben. 70 Prozent können sich auch vorstellen, später einmal in einem Mehrgenerationen-Haus zu wohnen. Die Seniorenzentren in den Stadtteilen kennen fast alle unter den Älteren, jede/r Fünfte nutzt sie.

Leben mit Ausländern

Die in Zukunft erwartete Zunahme des Ausländeranteils finden nur 19 Prozent der deutschen Bevölkerung gut, der Hälfte ist sie egal und 29 Prozent finden sie nicht gut. Je niedriger der formale Bildungsabschluss, desto höher der Prozentsatz derjenigen, die einen Anstieg des Ausländeranteils ablehnen.

Politische Herausforderungen

OB Beate Weber: „Partnerschaft und Kinder haben in unserer Stadt einen hohen Stellenwert. Für Heidelberg ist auf dem Weg zu noch mehr Familienfreundlichkeit entscheidend, ob es der Stadt gelingt, ein breites und preislich angemessenes Wohnungsangebot auch in Zukunft zu garantieren und ein noch flexibleres Betreuungsangebot anzubieten. Das Umfrageergebnis zeigt auch, dass das Bemühen um Integration und Toleranz eine Daueraufgabe ist. Auch über flexiblere, Generationen übergreifende Angebote müssen wir nachdenken.“

„Perspektive Heidelberg“

Als nächsten Schritt wird die Stadtverwaltung die Teilfortschreibung des Stadtentwicklungsplans unter dem Aspekt des demographischen Wandels öffentlich auf den Prüfstand stellen. Geschehen soll dies unter anderem mittels einer interaktiven Internetplattform „Perspektive Heidelberg“ in der Bürger/innen Heidelbergs Zukunftsfragen vom 24. April bis 19. Mai diskutieren können. Informationen zur Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans gibt es auch in einer STADTBLATT-Sonderbeilage am 26. April. Die Broschüre „Umfrage Demographischer Wandel in Heidelberg“ kann man beim Amt für Stadtentwicklung und Statistik, Tel. 58-21500, für fünf Euro erwerben. (eu)