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SPD

Thomas Krczal

Abzug der Amerikaner

Thomas Krczal

Der mögliche Abzug der Amerikaner aus Heidelberg hat nicht zuletzt in der Presse eine Diskussion über die möglichen Auswirkungen auf die Stadt ausgelöst. Ist der Abzug nachteilig für Heidelberg oder bietet er auch Chancen?

Zunächst einmal ist die Präsenz der Amerikaner in Heidelberg ein Stück der jüngeren Geschichte der von Kriegszerstörungen verschonten Stadt. Als Befreier von der Nazi-Diktatur haben die Amerikaner in unserem Stadtbild nicht nur sprichwörtlich Raum genommen. Auch wenn die Einrichtungen der Amerikaner und des Nato-Hauptquartiers durch Zäune und Stacheldraht von der übrigen Stadt abgetrennt sind, gab und gibt es doch auch Kontakte und Gemeinsamkeiten. Es seien hier beispielhaft der Deutsch-Amerikanische Frauenclub und die beliebten früheren Deutsch-Amerikanischen Volksfeste genannt. Unvergessen sind die emotionalen Solidaritätsbekundungen mit den Amerikanern nach den fürchterlichen Anschlägen des 11. September. Sehr zum Verständnis der amerikanischen Politik und Kultur trägt darüber hinaus das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) mit seinen vielfältigen Angeboten bei.

Aber auch das war und ist Teil des nicht immer leichten deutsch-amerikanischen Verhältnisses: Unsere überwiegend kritische Haltung und die Protestkundgebungen gegen die beiden Irak-Kriege vor dem Hauptquartier in der Römerstraße.

Über den tatsächlichen Umfang und Zeitpunkt des Abzuges erhalten wir im Moment nur vage Aussagen. Fest steht wohl nur ein erster kleiner Teilabzug von etwa 760 Soldaten, Zivilangestellten und Angehörigen. Sehr viel weitereichende Pläne hängen wohl noch vom amerikanischen Senat ab, vielleicht gibt es eine Grundsatzentscheidung erst nach den Präsidentschaftswahlen.

Nachteilig für die Stadt würde ein umfänglicher Abzug sicher im Bereich des Einzelhandels und der Gastronomie. Schmerzlich für die Betroffenen ist sicher der Verlust von zivilen Arbeitsplätzen. Städtebaulich jedoch würde ein endgültiger Abzug der Amerikaner, insbesondere was die innerstädtischen Flächen in der Südstadt und in Rohrbach betrifft, ein großes Entwicklungspotential bieten. Die Umwandlung militärisch genutzter Flächen in ein innerstädtisches Entwicklungsgebiet mit Wohnungen und zentralen Funktionen könnte die bisherige „Insellage“ auflösen und so den gesamten Bereich vernünftig in die Stadt integrieren. Die Erschließung von Wohnraum insbesondere für Familien mit unteren und mittleren Einkommen könnte ein bedeutender Beitrag für die Entspannung des Heidelberger Wohnungsmarktes sein. Daher unterstützen wir die vorsorgliche Einleitung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme als eines der schärfsten Instrumente zur Sicherung der Planungshoheit der Stadt. Außerdem sollte die Stadt nochmals mit Nachdruck über die Nutzung der bereits leer stehenden Wohnungen verhandeln.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Ein endgültiger Abzug der Amerikaner wäre sicher ein in vielerlei Hinsicht festzustellender Verlust, der für die Stadt jedoch verschmerzbar wäre. Die städtebaulichen und wohnungspolitischen Chancen die sich daraus ergeben, müssen wir beherzt angehen und nutzen.