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Mostars Weg zur Einheit

Bürgermeister Ljubo Beslic sprach im Spiegelsaal des Prinz Carl über die aktuelle Lage in der Stadt

Mostar ist die Stadt der Zwei-Drittel-Mehrheiten bei wichtigen Entscheidungen im Stadtrat. Das liegt nun nicht an der großen Einigkeit im Gremium, sondern an einer neuen Satzung für die Stadt: Damit keine ethnische Mehrheit Minderheiten überstimmt, verlangt die Kommunalverfassung bei wichtigen Entscheidungen die Zwei-Drittel-Mehrheit.

Bild der Brücke Stari Most
Mostar mit der weltbekannten Brücke Stari Most, die Juli 2004 wieder eröffnet wurde Foto: Stadt Heidelberg

Das ist eine der Besonderheiten Mostars, der Stadt im südwestlichen Teil Bosnien-Herzegowinas, über die Bürgermeister Ljubo Beslic im Spiegelsaal kürzlich berichtete. Der Bürgerkrieg Anfang der 90er Jahre hat das Land, die Stadt und die dort lebenden Bosnier, Kroaten und Serben gespalten. Die Regelung sollte daher den Einheitsprozess fördern: Nicht an ethnischen Interessen, sondern am Wohle der Bürger/innen und der Stadt sollen sich die Entscheidungen der Kommunalpolitiker orientieren.

Es sei schwierig gewesen, diese Regeln umzusetzen, sagte Beslic. Vor über zwei Jahren habe der Weg zur Einheit begonnen. Im Januar 2004 gab der für die Umsetzung des Dayton-Abkommens zuständige Hohe Repräsentant in Bosnien-Herzegowina der Stadt das neue Statut, das die Verwaltung von Mostar neu regelte. Es habe einige gegeben, die die Teilung der Stadt nach dem Bürgerkrieg in eine kroatische und bosnische Hälfte gerne beibehalten hätten. „Doch heute hat Mostar einen Bürgermeister, einen Haushalt und einen Stadtrat mit 35 Räten“ betonte Beslic.

Auch die Tatsache, dass es inzwischen ein gemeinsames Altenheim, eine gemeinsame Feuerwehr und ein gemeinsames Krankenhaus gäbe, wertete er als Erfolg. Allerdings machte der Bürgermeister auch deutlich, dass die Verabschiedung wichtiger Entscheidungen zeit-
intensive Gespräche mit den Parteien erfordere, die nicht immer zum Erfolg führten.

Auch die Tatsache, dass es inzwischen ein gemeinsames Altenheim, eine gemeinsame Feuerwehr und ein gemeinsames Krankenhaus gäbe, wertete er als Erfolg. Allerdings machte der Bürgermeister auch deutlich, dass die Verabschiedung wichtiger Entscheidungen zeitintensive Gespräche mit den Parteien erfordere, die nicht immer zum Erfolg führten.

Beslic nannte weitere Schwierigkeiten auf dem Weg in die Normalität: Die Stadt habe hohe Schulden aus der Zeit der Teilung. Weit über 9.000 Wohnungen sind unbewohnt, 10.000 Flüchtlinge leben in der Stadt. Zudem hat die Stadt zu viele Angestellte, Entlassungen sind unabdingbar. „Es lastete ein großer Druck auf der Verwaltung“, bemerkte der Bürgermeister. Positiv bewertete er, dass es seit der Einheit keine ethnischen Auseinandersetzungen gegeben habe, die Verwaltung funktioniere, Eigentumsfragen um Wohnungen und Häuser geklärt seien. Zudem ist Mostar seit kurzem über Linienflüge erreichbar. Beslic ist optimistisch, dass die Einheit der Stadt positiv auf potenzielle Investoren wirke.

Er dankte der Stadt Heidelberg für die Unterstützung bei der Neuorganisation der Verwaltung Mostars. Die Stadt hat das „Heidelberger Modell“ weitgehend übernommen, „eine vollkommen neue und ungewohnte Ordnung“, so der Bürgermeister. Er zeigte sich stolz, dass der Verwaltungsaufwand durch die Reorganisation reduziert wurde und nun alle Einwohner/innen den Service nutzen könnten. Bei dem Besuch einer Delegation in Heidelberg standen zahlreiche Gespräche in den Ämtern auf dem Programm. „Der Besuch war arbeitsintensiv, aber sehr lehrreich“, sagte Ljubo Beslic.

Heidelberg – Mostar

Schon seit 1994 pflegt Heidelberg Verbindungen zu Mostar. Damals gründete die Stadt gemeinsam mit den Partnerstädten Cambridge und Montpellier die europäische Städtekooperation „Zukunft für Mostar“, um beim Verwaltungsaufbau zu helfen. Damals war der ehemalige Bremer Bürgermeister Hans Koschnick EU-Administrator in der Stadt. Auch die Heidelberger Mediziner Dr. Sloba Horsch, ihr Mann Prof. Dr. Axel Horsch und Prof. Dr. Hans-Günther Sonntag engagieren sich bei der Verbesserung der medizinischen Versorgung und Ausbildung. Nach dem Weggang von Koschnick riss die Verbindung ab bis zum Jahr 2002, als die Heidelbergerin Dr. Caroline Hornstein, Leiterin der Außenstelle der Adenauer-Stiftung in Sarajewo, um Unterstützung beim Neuaufbau der Stadtverwaltung von Mostar bat. 2003 unterzeichneten beide Städte eine Charta der Freundschaft. Seitdem gibt es auch regelmäßige Kontakte des Sportkreises Heidelberg mit Mostar. So wird auch 2006 wieder eine Jugendfußballmannschaft aus Mostar am Kurpfalz-Cup teilnehmen. (neu)