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„Den Ideen Flügel geben“

Stadt und Architektenkammer präsentierten Werkstattbericht zum Projekt „Stadt an den Fluss“

Stadt an den Fluss! Heidelbergs größtes Stadtentwicklungsprojekt neben der „Bahnstadt“ nimmt Gestalt an. In einem Werkstattbericht informierten die Stadtverwaltung und die Architektenkammer am 28. April im Karlstorbahnhof über den Stand der Planungen zur Neckaruferpromenade und zum Neckarufertunnel.

Wo heute noch der Autoverkehr der Bundesstraße 37 die Stadt vom Fluss trennt, könnte in einigen Jahren eine attraktive Neckaruferpromenade zum Flanieren einladen. (Foto: Rothe)
Wo heute noch der Autoverkehr der Bundesstraße 37 die Stadt vom Fluss trennt, könnte in einigen Jahren eine attraktive Neckaruferpromenade zum Flanieren einladen. (Foto: Rothe)

Rund 300 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen und zeigten lebhaftes Interesse an dem Projekt. Moderator Stephan Weber von der Heidelberger Architektenkammer unterstrich, der Abend sei dazu da, erste Konzepte und Ideen zu zeigen, denen es jetzt Flügel zu geben gelte.

Die Promenade: viel mehr attraktive Freiflächen

Beflügelnde Ideen zur Gestaltung der Neckaruferpromenade präsentierte Stadtplaner Jochem Schneider. Er lud die Zuschauer zu einem visuellen Spaziergang entlang des Ufers ein. Die 2,2 Kilometer lange Strecke zwischen Karlstorbahnhof und Altklinikum hat er in acht Segmente unterteilt. Segment 1 markiert den Tunneleingang östlich des Karlstorbahnhofes und zeigt eine erheblich aufgewertete Fläche oberhalb des Tunnels: anstelle des bisher heftig frequentierten Kreuzungsbereiches gibt es attraktive Freiflächen, eine direkte Anbindung des Karlstors an die Hauptstraße und einen Tempo 30-Uferweg bis zur Alten Brücke. Der Neckarmünzplatz als Sequenz 2 bleibt zentraler Ankerplatz für Reisebusse, bekommt jedoch deutlich mehr Raum, der beispielsweise vom benachbarten Völkerkundemuseum kreativ genutzt werden könnte.

Sequenz 3, der Bereich um die Alte Brücke, ist das Herzstück der Promenade. Der als größerer Fußgängerbereich vorgesehene „zentrale Punkt für das Image und die Identität Heidelbergs“ könnte einen direkten Zugang zum Neckar bekommen, gegebenenfalls sogar ein Flussbad. Beim Marstall, Sequenz 4, könnten schwimmende Pontons neue Freiflächen erschließen und für Fluss-Genuss sorgen. Rund um die Stadthalle, Sequenz 5, würden sich die öffentlichen Freiflächen mehr als verdreifachen – durch eine Umgestaltung des Jubiläumsplatzes und des Neckarlauers. Der Neckarstaden zwischen Stadthalle und Bismarckplatz wäre nur noch im oberen Bereich Fahrstraße, im unteren fürs autofreie Flanieren und Radfahren vorgesehen.

Im Segment 7, im nördlichen Bereich des Bismarckplatzes, wäre die westliche Tunneleinfahrt. Hier könnte an der Oberfläche ein „Balkon zum Neckar“ geschaffen werden. Schlusspunkt und Sequenz 8 des Schneider-Spaziergangs ist das Altklinikum, wo der Stadtplaner jede Menge Möglichkeiten für gestalterische Kontinuität, aber auch Besonderheiten im Rahmen des Projektes Stadt an den Fluss sieht. Insgesamt sei die Neckar-
uferpromenade ein deutlicher Gewinn für Heidelberg – allein was das Mehr an Freiflächen betreffe, das beim 1,8-fachen bis zum Dreifachen der heutigen Fläche liege, so Schneider.

Zur Verkehrsführung referierte der Leiter des Amts für Verkehrsmanagement Alexander Thewalt. Die derzeitige Verkehrsbelastung auf der B 37 liege bei 20.500 Fahrzeugen pro Tag. Für 16.000 wäre in Zukunft der geplante Tunnel der Weg zum Ziel. Eine deutliche Verkehrsentlastung also. Auf der zukünftigen Neckaruferpromenade gebe es einen Fußgängerbereich an der Alten Brücke, ansonsten plane man Tempo 30- und verkehrsberuhigte Bereiche. Die Verbindungen in die Altstadt und besonders der Zugang für die Altstadtbewohner solle nicht gekappt werden. Der Verkehrsraum werde also im Wesentlichen gemischt genutzt, aber sich deutlich entspannter präsentieren.

Der Tunnel: aber sicher!

Der zweite Teil des Abends gehörte den Tunnelplanern. Deren „Chef“, Erster Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg, zeigte sich „froh, dass ich das noch erleben darf“. Er erinnerte an die Weichenstellung für den Tunnel, die der Gemeinderat 2002 im Rahmen der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans beschlossen habe. Kürzlich sei „Stadt an den Fluss“ von Zuschussgebern als „Projekt von nationalem Rang“ eingestuft worden, damit stehe seine umfassende Zuschussfähigkeit außer Zweifel. Malsburg warb für die „unglaublichen Möglichkeiten“, die das Projekt für Heidelberg biete.

Möglichkeiten, die Tiefbauamtsleiter Ulrich Zwissler für die Tunnelplanung in Fakten und Zahlen übersetzte. Der Tunnel habe eine Länge von 2.053 Metern, sei 10,5 Meter breit und werde aus zwei Fahrspuren und zwei Standspuren bestehen. Vorgesehen sind drei Nothaltebuchten mit Ausgang über Rettungstreppenhäuser. Für die Belüftung des Tunnels sollen Ventilatoren sorgen, was den Verzicht auf optisch fragwürdige Entlüftungsschächte auf der Neckaruferpromenade möglich machen würde.

Der Tunnel, so Zwissler, sei absolut hochwassersicher. Bei den Planungen berücksichtige man die sogenannten Jahrhunderthochwasser – den höchsten Pegelstand, der einmal in hundert Jahren vorkommt. Mehr noch, fügte der nächste Referent, der Geologe Prof. Dr. Stephan Semprich, hinzu: Der Tunnel biete die einmalige Chance, eine Überflutung der Altstadt durch Hochwasser zu verhindern. Mit seiner „Gruppe Geotechnik“ aus Graz sei er gerade dabei, ein entsprechendes Modell zu simulieren.

Die Zuschauer zeigten sich beeindruckt, manche aber auch skeptisch. Viele der vorgestellten Gestaltungsideen seien bereits heute und ohne Tunnel realisierbar, hieß es. Er habe schöne Lösungen für den Radverkehr vermisst, so ein anderer Zuschauer. Wieder ein anderer machte sich für den Königstuhltunnel stark, der jedoch aus planerischen und finanziellen Gründen längst verworfen wurde. In jedem Fall: Die Stadt an den Fluss bewegt die Heidelberger wie kaum ein anderes Thema. In seinem Schlusswort unterstrich Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner nochmals die „große Chance, die das Projekt bietet“. Für die Heidelberger und für die Gäste. Für das Lebensgefühl der gesamten Stadt. Heute seien wirklich erst Ideen vorgestellt worden. Ihm als OB sei es wichtig, die Bürger so früh wie möglich zu informieren und zu beteiligen. Anfang Mai beginnen die Beratungen in den gemeinderätlichen Gremien. Noch vor der Sommerpause werden auch konkrete Aussagen zu Kosten und Zuschüssen vorliegen, so der OB. (hei)

Wie geht‘s weiter?

  • 4. Juni, Sondersitzung Bezirksbeirat Altstadt: Vorbereitung/Beratung Machbarkeitsstudie Oberflächengestaltung
  • 8. Juni, 11 bis 16 Uhr: Informationstag „Stadt an den Fluss“
  • 10. Juni, Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss: Vorbereitung/Beratung Machbarkeitsstudie Oberflächengestaltung
  • 1. Juli, Bauausschuss: Vorbereitung/Beratung Beschluss Tunnel und Wettbewerb Oberflächengestaltung
  • 9. Juli, Haupt- und Finanzausschuss: Vorbereitung/Beratung Beschluss Tunnel und Wettbewerb Oberflächengestaltung
  • 23. Juli, Gemeinderat: Beschluss Machbarkeitsstudie Oberflächengestaltung, Beschluss Tunnel und Beschluss Wettbewerb Oberflächengestaltung