Stadt & Leute

„Wer wenig Restmüll erzeugt, zahlt wenig“

Gespräch mit Hans Zimmermann, dem Leiter des Amts für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, der am 29. Februar in den Ruhestand verabschiedet wird

Über 45 Jahre war er Mitarbeiter der Stadt Heidelberg, rund 25 Jahre allein als Leiter des Amts für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung. In diese Zeit fielen große Veränderungen im Abfallbereich. Über Abfallwirtschaft und Abfallverhalten damals und heute sprach STADTBLATT-Redakteur Eberhard Neudert-Becker mit Hans Zimmermann.

Hans Zimmermann
Hans Zimmermann Foto: Dorn

Sie sind über 45 Jahre bei der Stadt, 24 Jahre davon als Leiter des Amts für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung. Da drängt es sich ja geradezu auf zu fragen: Ist Heidelberg heute sauberer als früher?

Hans Zimmermann: Straßen, Plätze und Wege, die regelmäßig gereinigt werden, sind heute sauberer als früher. An Orten, die nicht regelmäßig gereinigt werden können, weil sie beispielsweise im Außenbereich, an Landstraßen oder an Wegen in den Wald liegen, kann die Sauberkeit noch erheblich verbessert werden.

Was mir wichtig erscheint: Das Nutzungsverhalten der Einwohner und Gäste Heidelbergs hat sich, verglichen mit der Zeit vor etwa 20 Jahren, verändert. Das Leben findet heute viel stärker als früher im Freien statt, im öffentlichen Raum. Man verbringt die Abende draußen, isst und trinkt auf der Straße, raucht auch seit dem Rauchverbot im Freien und lässt die Abfälle dort. So haben wir es einerseits mit größeren Verschmutzungen zu tun. Aber andererseits, und das möchte ich unterstreichen: Da, wo wir regelmäßig reinigen, ist es sauberer geworden.

In Ihre Amtszeit fällt die Einführung der Abfalltrennung. Wie hat sich das Abfallverhalten der Heidelberger seitdem verändert?

Zimmermann: Ich will zur Verdeutlichung ein paar Zahlen nennen: Als ich 1984 die Amtsleitung im damaligen Betriebs- und Beschaffungsamt übernommen habe, kamen wir auf 73.000 Tonnen gesammelten Restabfall. Heute liegt die Zahl unter 30.000 Tonnen.

Gleichzeitig hat die Verwertung stark zugenommen. Zum einen haben die Bürger die Chance erhalten, gesondert Bioabfall, Wertstoffe, Glas und so weiter zu sammeln. Zum anderen haben wir in Heidelberg Anfang der Neunziger Jahre die Gebührenstruktur so verändert, dass Anreize für die getrennte Sammlung von Abfällen entsteht. Wir haben die Gebühr im Wesentlichen linear gestaltet: Wer wenig Restmüll erzeugt, zahlt wenig.

Auch für Gewerbebetriebe ist es lukrativ, weniger Abfälle zu erzeugen. Im Rahmen des städtischen Projekts „Nachhaltiges Wirtschaften“ unterstützen wir mittelständische Betriebe dabei, ihr Abfallaufkommen zu minimieren.

Wo sehen Sie noch Möglichkeiten, Abfall zu vermeiden beziehungsweise die Stadt noch sauberer zu bekommen?

Zimmermann: Wenn man die Spielregeln für die Nutzung des öffentlichen Raumes gemeinsam entwickelt, fühlen sich auch die Nutzer an diese gebunden. Und wir müssen uns dem geänderten Nutzungsverhalten anpassen und die Reinigungshäufigkeit an einigen Stellen erhöhen.

Aber es gibt noch andere Verbesserungsmöglichkeiten. So müssen die Abfallbehälter vereinheitlicht werden und bei Graffiti oder wilden Plakatierungen müssen wir noch schneller reagieren.

Bei der Abfallvermeidung sehe ich vor allem in Großwohnanlagen noch Potenzial. Dort wollen wir mit den Wohnungsbaugesellschaften durch eine Informationsoffensive die Trennung der Abfälle verbessern und damit die Kosten für die Mieter senken.

Was waren für Sie entscheidende Weichenstellungen in ihrer Amtsleiterzeit?

Zimmermann: Das Wichtigste ist der Wandel von der Abfallbeseitigung zur Abfall- und Ressourcenwirtschaft. Früher ging es lediglich darum, Abfälle zu beseitigen, heute darum, Abfälle stofflich und ener-
getisch möglichst hochwertig zu verwerten.

Das Zweite war der Wandel von einem Amt zu einer betriebswirtschaftlich handelnden Organisation. Der Betrieb Abfallwirtschaft hat in den vergangenen zehn Jahren jedes Jahr eine Wirtschaftlichkeitsverbesserung von 1,5 Mio. Euro erzielt. Nur so war es auch möglich, die Gebühren niedrig zu halten. Waren vor zwanzig Jahren unsere Gebühren im oberen Drittel bundesweit, befinden wir uns heute in der unteren Hälfte. Dass wir gegenüber privaten Anbietern wettbewerbsfähig sind, darauf sind wir stolz.

Ein drittes ist die regionale Zusammenarbeit von Stadt Mannheim, Stadt Heidelberg und Rhein-Neckar-Kreis. Wir teilen uns die Entsorgungsanlagen: Mannheim verbrennt, Heidelberg kompostiert und der Kreis deponiert. Das führte zu einer wesentlich besseren Entsorgungssituation in der Region.

Könnten Sie den Heidelbergern noch ein paar Tipps geben, wie man Abfallgebühren spart?

Zimmermann: Wer vermeidet und verwertet, kann Abfallgebühren sparen. Wer alle Vermeidungs- und Verwertungsmöglichkeiten optimal ausschöpft, kommt mit zehn bis fünfzehn Liter Behältervolumen pro Woche und Person aus. Wer darüber liegt, hat noch erhebliches Potenzial zu trennen und Gebühren zu sparen. Tricksen nützt nichts: Wer Restmüll in die Wertstofftonne wirft, spart nichts, weil deren Inhalt teuer als Restmüll entsorgt wird.

Lassen Sie mich zum Abschluss ein paar Zahlen nennen: Als ich begonnen habe, hat eine vierköpfige Familie pro Jahr um die 300 Mark für die Entsorgung bezahlt. Durch die Wertstofftrennung, die lineare Gebührenstruktur und durch Betriebsoptimierungen haben wir es geschafft, dass die Gebührenhöhe 24 Jahre später immer noch in einem Bereich zwischen 130 und 170 Euro für eine vierköpfige Familie liegt, wenn sie ordentlich Abfälle trennt.