Thema der Woche

Ausgabe Nr. 50 · 11. Dezember 2002

 

Hartes Ringen um Prioritäten

Stellungnahmen der Gemeinderatsfraktionen und -gruppierungen zum Haushalt 2003


Von allgemeiner Zustimmung bis zu deutlicher Ablehnung reichten die Stellungnahmen im Gemeinderat zum Entwurf des Haushaltsplanes für das Jahr 2003. Das Einbringen ihrer Änderungsanträge zum Etatentwurf in der Gemeinderatssitzung am 5. Dezember nutzten die Sprecherinnen und Sprecher der einzelnen Fraktionen und Gruppierungen, um ihre unterschiedlichen Auffassungen zu den Prioritäten der wichtigsten Investitionsvorhaben zu betonen.
   

Der Beitrag der CDU-Fraktion begann mit einer Entschuldigung ihres Vorsitzenden Dr. Jan Gradel, der in einem Pressegespräch im Vorfeld der Gemeinderatssitzung der Oberbürgermeisterin eine Haushaltspolitik der "verbrannten Erde" vorgeworfen hatte. Dagegen wehrte sich Beate Weber und nannte es "infam", den Befehl Hitlers an die deutsche Wehrmacht, bei deren Rückzug aus Russland nur verbrannte Erde zurückzulassen, mit einer demokratisch gewählten Oberbürgermeisterin in Verbindung zubringen.

Einen solchen Vergleich habe er nicht anstellen wollen, betonte Dr. Gradel, nahm den Ausdruck "verbrannte Erde" zurück und ersetzte ihn durch "nach uns die Sintflut". Denn die gegenwärtige Haushaltslage erlaube weder den Bau der Straßenbahn nach Kirchheim noch die Realisierung des so genannten Burelli-Tunnels, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende. Er kritisierte vor allem, dass dafür in den kommenden Jahren hohe Schulden gemacht und die finanziellen Rücklagen der Stadt bis auf den gesetzlichen Mindestbetrag aufgelöst werden sollten.

Zum Haushaltsplan 2003 legte Dr. Gradel nur einen Änderungsantrag vor: Anders als im Entwurf vorgesehen, sollte es keine weiteren Zuschüsse für das Frauennachttaxi geben.

 

 

Vertrauen
Ganz anders beurteilte Dr. Anke Schuster, Sprecherin der SPD-Fraktion, die Lage: "Wir haben Vertrauen in die Haushaltspolitik und die Finanzplanung dieser Stadtverwaltung." Die Pro-Kopf-Verschuldung in Heidelberg werde Ende 2003 bei etwa 809 Euro liegen und damit deutlich unter dem Durchschnitt im Land. Und die Mindestzuführung vom Verwaltungshaushalt an den Vermögenshaushalt werde erreicht, "das schafft nicht einmal die Hälfte der baden-württembergischen Kommunen".

Die SPD-Sprecherin lobte den sozialen Aspekt des Haushaltsentwurfs: 5,6 Millionen Euro für Bau- und Sanierungsmaßnahmen im Schulbereich, 379.000 Euro für Kinderspielplätze, eine Million für das Projekt Soziale Stadt. Dem Burelli-Tunnel räumt sie "die höchste Priorität" ein, weil er - zumal zu zwei Dritteln durch Zuschüsse finanziert - eine wesentliche Voraussetzung sei, Investoren für Heidelberg zu gewinnen.

Zum Haushalt 2003 präsentierte Dr. Schuster vier Anträge: um drei weitere Spielplätze vorab zu realisieren, seien weitere 246.000 Euro erforderlich; die Planungsraten für einen Neckarufertunnel sollte auf 150.000 Euro festgelegt werden und für eine fünfte Neckarquerung auf 15.000 Euro. Der Karlstorbahnhof sollte einen um 18.000 Euro erhöhten Zuschuss erhalten. Außerdem müssten ausreichend Mittel zum Erwerb von Immobilien und zur Fortschreibung des Wohnungsentwicklungsprogramms bereit gestellt werden.

 

 

"Überflüssig"
Als "ernst, aber nicht hoffnungslos" bezeichnete Stadträtin Irmtraut Spinnler für die GAL-Fraktion die Lage. Zwar werde von "interessierten Kreisen" die Stimmung "in Grund und Boden geredet", aber in Heidelberg sei man so schlecht nicht dran: "Viele Kommunen haben damit zu kämpfen, überhaupt einen genehmigungsfähigen Haushaltsplan aufzustellen."

Besonders wichtig, so die GAL-Sprecherin, sei die Straßenbahn nach Kirchheim. Dieses für die gesamte Stadt bedeutsame Vorhaben verbessere die Qualität des öffentlichen Nahverkehrs und senke langfristig dessen Kosten. Eine fünfte Neckarquerung hingegen könne durch ein Maßnahmenpaket im Bereich Bergheimer Straße/Autobahn "überflüssig" gemacht werden.

Irmtraut Spinnler forderte, die Lebensbedingungen der Kinder in der Stadt - vor allem hinsichtlich des Spielflächenangebots - zu verbessern. Und sie beantragte, die Zukunft des Kulturhauses Karlstorbahnhof zu sichern und die ihm fehlenden 18.000 Euro zusätzlich zu bewilligen. Im übrigen wolle sich die GAL bei ihren Änderungsanträgen "auf das Nötigste beschränken".

 

 

Stadt am Fluss
Im Namen der Fraktion "Die Heidelberger" regte Wolfgang Lachenauer zur Konsolidierung der städtischen Finanzen eine zehnprozentige Haushaltssperre an. Er wandte sich ausdrückliche gegen eine höhere Verschuldung der Stadt als bisher in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen.

Seine Fraktion sehe die Prioritäten bei den wichtigsten Maßnahmen zur Stadtentwicklung so: "Unser größtes Verkehrsproblem ist die Erschließung des Neuenheimer Feldes. Das schafft nicht der Burelli-Tunnel, sondern nur eine fünfte Neckarquerung." Darüber dürfe die "Stadt am Fluss" nicht vergessen werden, plädierte Lachenauer für den Bau des Neckarufertunnels. Keine Priorität räume seine Fraktion der Straßenbahn nach Kirchheim ein.

 

 

"Doppelt geht nicht"
"Wir bleiben bei unserer Entscheidung für die Straßenbahn nach Kirchheim," erklärte hingegen FWV-Stadträtin Dr. Ursula Lorenz. Ein weiterer Aufschub zur Prüfung der Pläne dürfe nicht dazu führen, dass Fristen für die Zuschussanträge nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz versäumt würden. Weder für den Burelli-Tunnel noch für die fünfte Neckarquerung dürften die Planungsraten gestrichen werden.

Außerdem wandte sich die FWV-Sprecherin gegen eine Kürzung der "ohnehin zu geringen Mittel" für Schulbau und Gebäudeunterhaltung sowie für Straßenbau und Straßenunterhaltung. Auch die FWV beantrage eine Erhöhung des Zuschusses für den Karlstorbahnhof "zur Behebung der Altschulden" und ein Einfrieren der Zuschüsse für das Frauenachttaxi, nachdem die HSB eine verstärkte Nachtbedienung anbiete. "Doppelt geht nicht in diesen Zeiten."

 

 

"Erfolgreiche Arbeit"
Auch die FDP möchte, dass mit dem Haushaltsplan 2003 Prioritäten gesetzt werden, betonte Stadträtin Dr. Annette Trabold. Und für die FDP habe bei den verkehrlichen Maßnahmen die Neckarquerung Priorität. Sicherlich seien auch andere Verkehrsinvestitionen für die Förderung der Wirtschaft notwendig, aber es störe, wenn in der mittelfristigen Finanzplanung 78 Millionen Euro für den Burelli-Tunnel auftauchten, für die Neckarquerung aber lediglich die Planungsraten.

Nachdrücklich warb die FDP-Stadträtin um Unterstützung bei der Konsolidierung des Karlstorbahnhofs. Dies sei eine lohnende Investition. Obwohl von Anfang an unterfinanziert, habe das Kulturhaus seit zehn Jahren eine ausgesprochen erfolgreiche Arbeit geleistet.

 

 

Mehr Schulraum
Die Bildungspolitik stand im Mittelpunkt der Ausführungen von Dr. Hannelis Schulte (LL/PDS). Sie forderte die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für den Schulbau. Der Errichtung weiterer Klassenräume sei die Voraussetzung, den derzeit hohen Klassenteiler zu senken und besseren Unterricht in kleineren Klassen zu erteilen. (br.)

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Stand: 11. Dezember 2002