Planen und Bauen

Ausgabe Nr. 47 · 20. November 2002

 

Tunnel, Brücke - oder keine Querung?

Stadtteilverein Wieblingen veranstaltete gut besuchte Podiumsdiskussion zur "5. Neckarquerung" zwischen Wieblingen und Handschuhsheim


Der Saal des Katholischen Gemeindehauses an der Wallstraße war überfüllt, so groß war das Interesse an der gegenwärtig in Wieblingen wohl meistdiskutierten Frage einer "5. Neckarquerung". Stark besetzt war auch das Podium: Insgesamt fünfzehn Teilnehmer, unter ihnen zwei Bürgermeister, fünf Mitglieder des Gemeinderats, die Spitzen von Universität und Universitätsbauamt sowie Vertreter des Stadtteilvereins und zwei Naturschutzfachleute, sorgten für eine sehr informative Veranstaltung, bei der die konträren Positionen klar zutage traten. Moderiert wurde das Podium vom Stadtteilvereinsvorsitzenden Günter Trapp.

Erster Bürgermeister Prof. Dr. Raban von der Malsburg gab einen Überblick über Verkehrssituation, Beschlusslage und Planungsstand. Eine fünfte Neckarquerung würde rund 22.000 Kraftfahrzeuge aufnehmen und an anderer Stelle, vor allem in der Bergheimer Straße und auf der Ernst-Walz-Brücke, insgesamt nur zu einer Entlastung von etwa 12.700 Kraftfahrzeugen führen. "In der Summe gibt es mehr Verkehr im Westen der Stadt", so von der Malsburg. Ein Tunnel würde rund 75 Millionen Euro, eine Brücke 23 Millionen Euro kosten.

Die Stadtverwaltung habe als Alternative zur Neckarquerung den Anschluss der Tiergartenstraße an die Autobahn-Auffahrt Dossenheim vorgeschlagen. In die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes wurde im vergangenen Jahr die 5. Neckarquerung als Tunnel aufgenommen. Da das Verkehrsministerium die Finanzierbarkeit eines Tunnels in Frage gestellt hat, wird in der Machbarkeitsstudie alternativ die Brückenlösung untersucht. Die Ergebnisse werden dem Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss am 28. Januar und dem Gemeinderat am 12. März 2003 vorgestellt, teilte von der Malsburg mit.

"Verkehrserschließung unverzichtbar"
Bürgermeister Dr. Eckart Würzner behandelte die Naturschutzaspekte. Eine Brücke, wie von der Universität gewünscht, würde Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet und Flora-Fauna-Habitat-Gebiet berühren und einen erheblichen Eingriff in das Landschaftsbild darstellen. "Aus naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist jeder Eingriff in dieses Gebiet grundsätzlich abzulehnen", betonte Dr. Würzner.

"Für uns ist eine Verkehrserschließung von Westen unverzichtbar", so Rektor Prof. Dr. Peter Hommelhoff, der daran erinnerte, dass diese bereits 1960 vereinbart worden sei. Jetzt sei - insbesondere durch die Verlagerung der Kliniken ins Neuenheimer Feld und die erwartete Zunahme von 10.000 auf 13.000 Arbeitsplätze - der Zeitpunkt für die Verwirklichung erreicht. Die Verschiebung von der stationären zur ambulanten Behandlung bringe zusätzlichen Patientenverkehr. "Was wir mit der 5. Neckarquerung erschließen wollen, ist Individualverkehr, den das Neuenheimer Feld unverzichtbar braucht, um wettbewerbsfähig zu bleiben".

Rolf Stroux, Leiter des Universitätsbauamtes, hatte wenige Tage zuvor mit einem neuen Konzept (Rhein-Neckar-Zeitung vom 12. November 2002) Bewegung in die Diskussion gebracht. Sein Vorschlag einer an zwei Pylonen aufgehängten "Tunnelbrücke" versuche, "eine Symbiose zu finden". Im Bereich der Wieblinger Wohnbebauung sieht Stroux' Vorschlag einen Tunnel, über dem Neckar eine eingehauste Brücke und über dem Neckarkanal eine offene Brücke vor. Eine Anbindung an die Mannheimer Straße ist nicht vorgesehen, doch könnten Fußgänger und Radfahrer die Brücke benutzen.

"Den Menschen nicht zuzumuten"
"Wir können die Argumente der Universität nicht unter den Teppich kehren", nahm Dr. Ursula Lorenz für die Freien Wähler Stellung. "Ein Tunnel wäre ein tragbarer Kompromiss, aber auch ein sehr teurer." Wie mehrere andere Redner appellierte Lorenz an die Universität, die Alternativen nicht zu vernachlässigen: "Nichts ist bisher getan worden, um die einfachen Maßnahmen, wie Job-Ticket und Parkraumbewirtschaftung, in Gang zu setzen. Ich habe für meine Praxis das Job-Ticket in einem halben Jahr gehabt!" "Wir möchten eine Tunnellösung haben", betonte Dr. Annette Trabold für die FDP. Man könne über die berechtigen Interessen der Bevölkerung und des Naturschutzes nicht hinweggehen.

Klar gegen die Neckarquerung bezogen Thomas Krczal (SPD) und Peter Holschuh (GAL) Stellung. "Wir sind gegen die 5. Neckarquerung als Tunnel, weil sie nicht bezahlbar, und gegen die 5. Neckarquerung als Brücke, weil sie den Menschen in Wieblingen nicht zuzumuten ist", so Krczal. "Unsere Position ist ganz einfach: wir sind gegen den Tunnel und gegen die Brücke", so auch Holschuh, "die Querung wäre die teuerste Zufahrt für einen Parkplatz in Deutschland".

Ernst Schwemmer (CDU) erinnerte an den Generalverkehrsplan von 1978 mit dem von Professor Schaechterle vorgeschlagenen Ringverkehr. "Wir bräuchten eigentlich eine Brücke für den ÖPNV", so Schwemmer. Wenig Probleme sieht er mit dem Naturschutz: "Wenn die Brücke einige Jahre fertig gestellt ist, ist der Naturschutz kaum mehr tangiert."

"Aus ökologischen Gründen ablehnen"
Unterstützung für die Wünsche Hommelhoffs signalisierte Wolfgang Lachenauer (Heidelberger). "Die Universität gehört zur Stadt, prägt die Stadt, ist ein Aushängeschild Heidelbergs." Für die Wieblinger sieht er Vorteile durch die Querung: Mit dem Fahrrad könnten sie das Neuenheimer Feld mit seinen Sportanlagen nutzen. Auch seine Fraktion wolle die Lösung mit dem geringsten Eingriff in die Natur, aber: "Wenn der Tunnel nicht bezahlbar ist, werden wir uns mit der Brücke befassen müssen."

Für den Naturschutzbeauftragten der Stadt Heidelberg, Dr. Karl-Friedrich Raqué, ist eine Brücke ebenso wenig denkbar wie für den Vertreter des BUND, Dr. Rainer Zawatzky. "Aus ökologischen Gründen muss ich die jetzige Planung an dieser Stelle ablehnen", betonte Raqué. "Die Erschließung über eine Straße hat eine gefährliche Sogwirkung für das Auto", so Zawatzky. Nach Umsetzung der bekannten Alternativen - Straßenbahnanschluss des Neuenheimer Feldes, Parkraumbewirtschaftung und Job-Ticket - werde die Ernst-Walz-Brücke auch für den wachsenden Patientenverkehr ausreichen. Der Stadtteilverein kündigte in seiner Stellungnahme an, er werde "mit dem überwiegenden Teil der Wieblinger Bevölkerung gegen den Bau einer Brücke kämpfen". (rie)

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Stand: 19. November 2002