Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 37 · 11. September 2002

Yvonne Eismann-Knorr

CDU

Semmelsgasse und das Weltkulturerbe

Vor einigen Wochen und Monaten durfte der Gemeinderat - nach mehreren Sitzungen - der Vorlage "Weltkulturerbe" Heidelberg zustimmen, nach der sich die Stadt Heidelberg um die Aufnahme in das Weltkulturerbe der Vereinten Nationen bewirbt.

Wie viele meiner Stadtratskollegen war und bin ich der Auffassung, dass durch diese "Adelung" Heidelbergs das Image der Stadt weltweit positiv aufgebessert wird. Damit wird aber gleichzeitig der Schutz der Heidelberger Altstadt - um die es ja hier geht - noch weiter verschärft. Bauliche Veränderungen, die bereits heute nur unter sehr strengen Auflagen zu realisieren sind, werden noch weiter erschwert. Im Vordergrund soll der Denkmalschutz stehen. Hauseigentümer müssen bei Fassaden und Dachstühlen, ja selbst bei Türen und Fenstern, strikt gefasste Vorschriften einhalten, damit das historische Bild in der Altstadt erhalten bleibt. Geschäftsinhaber müssen bei ihrer Werbung Rücksicht auf Fassade und Erscheinungsbild des Hauses nehmen.

Nun auf einmal heißt es, ein Schuppen in der Semmelsgasse wird abgerissen und das Grundstück neu bebaut. Dazu mag man stehen wie man will. Nur kann es nicht sein, dass die Vorlage der Verwaltung einen anderen Schriftzug aufweist wie die beschlossenen Bestimmungen im Gemeinderat.

Der Plan zeigt vier neue Häuser, die im modernen Baustil gebaut werden sollen. Obwohl man sich in gemeinderätlichen Gremien dafür ausgesprochen hat, die Altstadt in ihrem historischem Bild erhalten zu wollen. Gelten etwa für die Stadt andere Rechte als für jeden anderen Hausbesitzer, Restaurantpächter oder Ladenbesitzer? Gibt es da Sonderrechte, von denen ich als Stadträtin bisher nichts weiß?

Deshalb, liebe Frau Oberbürgermeisterin Weber, hätte ich - und bestimmt auch noch andere Stadträtinnen und Stadträte - gerne früher gewusst, wie sich der Sachverhalt in der Angelegenheit Semmelsgasse zusammensetzt. Hätten die Verwaltung und auch die Frau Oberbürgermeisterin Weber die Gremien und die Öffentlichkeit rechtzeitig über den Verlauf informiert, wären weniger Irritationen entstanden.
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Karl Emer

SPD

Kommunen brauchen Gewerbesteuer, Gewerbesteuer braucht Gemeindefinanzreform

Es scheint sich wohl kaum ein Politikfeld für Verdrehungen und irreführende Behauptungen so gut zu eignen wie die Finanz- und Wirtschaftspolitik. Vieles ist kompliziert und die Folgen bestimmter Gesetze lassen sich erst nach einigen Monaten, oft nach Jahren, feststellen. Manchmal sind die Behauptungen auch einfach absurd: So wird, parteipolitisch motiviert, neuerlich behauptet, die Einbußen bei der Gewerbesteuer hätten ihre Ursache im Steuersenkungsgesetzes vom 23. Oktober 2000. Dieses Gesetz bringt jedoch erst ab 2002 Steuerbefreiungen. Bei den jetzt in der Presse diskutierten Ausfällen handelt es sich jedoch um Mindereinnahmen aufgrund schlechter Betriebsergebnisse der Firmen in den Jahren 2000 und 2001. Anlässlich einer Veranstaltung unserer Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) zu den Gemeindefinanzen habe ich mit unserem Bundestagsabgeordneten Lothar Binding ein Gespräch geführt. Darüber will ich Ihnen in dieser und der kommenden Stadtblattausgabe berichten.

Die deutlichen Einnahmerückgänge bei der Gewerbesteuer im Jahr 2001 um rund 10 % führten bei vielen Kommunen zu einer dramatischen Verschärfung der Finanzlage. Gleichzeitig gab es bei einigen Kommunen auch Gewerbesteuerzuwächse. Dieses unterschiedliche Bild zeigt auf - wie auch die Kommunalen Spitzenverbände festgestellt haben - dass diese Entwicklung nicht auf die Steuerreform zurückzuführen ist. Die Koalitionsfraktionen haben vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen gehandelt und in den zum Ende des letzten Jahres verabschiedeten Steuergesetzen sofort wirksame Maßnahmen zu Gunsten der Kommunen durchgesetzt, die insgesamt zu zusätzlichen oder gesicherten Einnahmen für die Kommunen in Höhe von ca. 700 Mio. Euro führen werden.

Welches sind denn nun die Ursachen für die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen? Es sind allgemeine konjunkturelle und branchenspezifische Entwicklungen und es sind Spät(h)folgen früherer Entscheidungen, deren Wirkzeiten bis in die Zukunft reichen und natürlich rückwirkend nicht korrigierbar sind:

  • Weltwirtschaft und Altlasten: Die weltwirtschaftliche Wachstumsschwäche und bis 1998 aufgebaute Staatsverschuldung sind Gift für die deutsche Konjunktur. Allein der Bund muss 20 % aller Steuereinnahmen für Zinsen aufwenden, die ihm damit für Investitionen fehlen.
  • Baubranche: Die Fördergebietsgesetze mit ihren überzogenen Abschreibungsmöglichkeiten von Objekten auf 10 Jahre in den neuen Ländern haben zu einer totalen Überhitzung des Baumarktes in den 90er Jahren geführt, unter deren Spätfolgen wir heute noch zu leiden haben. Obwohl die Fördergebietsgesetze seit 2 Jahren abgeschafft sind, wirken sich die Abschreibungen nach altem Recht noch weitere 8 Jahre aus. (D.h., wir alle bezahlen heute (!) Wohnungen oder Büros mit Steuerausfällen, die in den neunziger Jahren gebaut, aber oft nicht gebraucht wurden.)
  • Banken: Fehleinschätzungen im Wertpapierhandel und im Investmentbereich verursachten einen Rückgang der Provisionseinnahmen. Auch "Faule Kredite" wie Engagements bei Kirch Media (Hypo-Vereinsbank) schmälern heute die Gewinne und damit die Steuereinnahmen. Die Folgen der großzügigen 2 Mrd. Euro Kredite der halbstaatlichen BayernLB an den Medienkonzern Kirch werden erst später deutlich werden.
  • Versicherungen: Bei Versicherungen wirken sich die Folgen des 11. September 2001 aus. Die Milliardenschäden rissen tiefe Löcher in die Bilanzen z.B. der Allianz oder der Münchner Rückversicherung.
  • Energieversorger: In der Energieversorgung geht der verstärkte Wettbewerb mit einem merklichen Preisverfall und entsprechenden Ausfällen bei der Gewerbesteuer einher.

Des weiteren gibt es eine Reihe von Sonderfaktoren, über die ausgiebig zu berichten der Raum fehlt. Für die kommende Legislaturperiode ist deshalb eine Gemeindefinanzreform geplant, um die kommunalen Einnahmen zu sichern und zu verstetigen. Mehr dazu im nächsten Stadtblatt.

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Fidan Ulucan-Kiliç

GAL

Die Richtung stimmt!

Noch bis vor wenigen Jahren hätte es keiner glauben wollen, dass jemand, dessen Eltern ausländischer Staatsangehörigkeit sind, mit der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten könnte. Ich erinnere mich noch genauestens daran, wie meine Parteifreunde und ich an einem Stand angeschrieen wurden, es sei eine Unverschämtheit, dass "Ausländer" Deutsche werden sollten. Angeheizt durch die Kampagne der hessischen CDU gegen den Doppelpass war mir die Stimmung gegenüber Mitmenschen nichtdeutscher Herkunft selten so hart und verblendet erschienen. Dank des am 1.1.2000 in Kraft getretenen Staatsangehörigkeitsgesetzes werden Migrantenkinder der dritten und vierten Generation nicht mehr als "Ausländer" geboren. Und es besteht Grund zur Hoffnung, dass die nächsten Generationen mit einem anderen Selbstbewusstsein in diesem Land werden sich entfalten können, als beispielsweise die erste Generation.

Spätestens seit der Green Card Diskussion hat die Mehrheit der Bevölkerung in diesem Land begriffen, dass die Ausblendung von Reformen und die Ausgrenzung eines beträchtlichen Teils der Gesellschaft dieser Gesellschaft nicht dient. Verglichen mit der Zeit vor 1998 stellt das Einwanderungsgesetz eine Chance für die Gesamtgesellschaft dar, die mehr als erforderlich war. Es besteht Grund zu Optimismus, wenn dieses Land "ja" zu seiner Realität sagt, wenn Integration als Staatsaufgabe definiert wird, wenn mit der humanitären Verpflichtung auch ernst gemacht wird. Die positiven Effekte dieser Politik machen sich auch auf kommunaler Ebene bemerkbar. In diesem Jahr wurden in Heidelberg auf Initiative von GAL und SPD zwei Integrationskurse als Pilotprojekt erfolgreich durchgeführt und es werden weitere folgen. Mit dem Zuwanderungsgesetz, das noch nicht in Kraft ist, gäbe es die Möglichkeit Härtefälle wie die Berishas, die ja seit einem halben Jahr im Kirchenasyl leben, zu vermeiden. Wir hoffen dennoch auf eine humanitäre Lösung in diesem Fall.
  La deutsche vita - Fritz Kuhn trifft Feridun Zaimoglu und Dr. Jannis Androutsopoulos. Zaimoglu liest aus seinem neuen Buch German Amok am 14.September, 20 Uhr im DAI

Die GAL macht am Samstag, 14.9.2002, von 10 - 12 Uhr in Wieblingen, Maaßstraße (Höhe Post) einen Info-Stand zur 5. Neckarbrücke. GAL-Stadt- und Bezirkbeirät/innen verteilen eine aktuelle Sonderinformation.
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Dr. Ursula Lorenz

FWV

Haare raufen

Ulla Schmidt rauft sich die Haare wegen des Krankenkassendefizits. Dr. Ursula Lorenz tut das wegen der Begründung, die diese erfolglose Gesundheitsministerin dafür gibt: Die Ärzte verschreiben lustvoll teure Medikamente, damit kriminelle Pharmaunternehmen und Apotheken auf Kosten der Versicherten gedeihen. Hier führt eine bodenlose Ignoranz bei einem ernsten Thema die Feder. Auch Minister müssten von Pisa erfasst werden. Die demographische Entwicklung der Bevölkerung mit den Kosten der Morbidität älterer Menschen, verbesserte Techniken in Diagnostik und Therapie erlauben längeres Überleben bei Infektionen, Karzinomen etc. Natürlich müssen wir dafür auf innovative Medikamente mit höherem Preis zurückgreifen - anderes wäre unterlassene Hilfeleistung. Das Gesundheitssystem funktioniert nur, weil Ärzte in Praxen und Kliniken enorme Leistungen ohne entsprechendes Entgeld erbringen. Das weiß man, und das wird unverfroren einkalkuliert. Die akzeptable Lösung des Problems gelingt nur mit Mut zu Einschnitten (z.B. warum werden die Jugendlichen mit Antikonzeptiva in 3-stelliger Millionenhöhe kostenlos verwöhnt?). Ich hoffe, dass am 23.9. die dann gewählte Regierung sofort mit einem wirksamen Programm beginnt.
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Margret Hommelhoff

FDP

Umweltschutz

Mit Erstaunen habe ich den polemischen Artikel von Stadtrat Weiss gelesen. Da ich selbst nicht bei der Podiumsdiskussion im DAI anwesend war, übermittele ich Ihnen eine Stellungnahme von unserem Bundestagsabgeordneten Dirk Niebel:

"Der Stil des Artikels ist kennzeichnend für das grüne Wahlkampfgebaren - viel heiße Luft und wenig fundierte Auseinandersetzung. Christian Weiss versucht, die katastrophale Klimaschutzbilanz von Rot-Grün zu vertuschen. Selbst Umweltminister Trittin spricht seit Wochen nur noch von einem CO2-Reduktionsziel von 21% bis 2010 an Stelle der vom Bundestag beschlossenen 25%. Mit rot-grüner Klimapolitik war das nicht zu schaffen. Die CDU/FDP-Regierung hatte schon 1990 25% bis 2005 anvisiert und dies auch im wesentlichen bis 1998 erreicht, was auch Herr Weiss bestätigt.

Die Polemik gegen den FDP-Abgeordneten Dirk Niebel zeigt, dass die Nerven der Grünen ziemlich blank liegen. Außer dem Umweltgedanken haben sie dem konstruktiven liberalen Bürgerprogramm nichts entgegen zu setzen. Das große grüne Auto, mit dem der grüne Spitzenkandidat herumtourt, verbraucht auf 100 km 7 Liter mehr Sprit als das Guidomobil. Joggen mit Joschka stärkt immerhin das Herz-Kreislaufsystem, und das haben die Grünen in dieser Zeit offensichtlich dringend nötig."
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Anschriften der Fraktionen und Einzelmitglieder im Gemeinderat

CDU:

Rohrbacher Str. 57, 69115 Heidelberg,
Tel.: 16 39 72, Fax: 16 48 43
e-mail: info@cdu-fraktion-hd.de
Internet: www.cdu-fraktion-hd.de

SPD:

Bergheimer Straße 88, 69115 Heidelberg
Tel.: 16 67 67, Fax: 16 40 23,
e-mail: fraktion@spd-heidelberg.de
Internet: www.spd-heidelberg.de

GAL:

Rohrbacher Str. 39, 69115 Heidelberg,
Tel.: 16 28 62, Fax: 16 76 87
e-mail: mail@gal-heidelberg.de,
Internet: www.gal-heidelberg.de

"Heidelberger":

Bergheimer Str. 95, 69115 Heidelberg,
Tel.: 61 94 21, Fax: 61 94 22
Internet: www.dieHeidelberger.de

FWV:

Fischergasse 14-16, 69117 Heidelberg,
Tel.: 16 30 70, Fax: 65 98 30
Internet: www.FWV-hd.de

FDP:

Zähringerstr. 44a, 69115 Heidelberg,
Tel. 24 56 4, Fax: 18 21 13
Internet: www.fdp-heidelberg.de

PDS:

Sitzbuchweg 14, 69118 Heidelberg,
Tel. 80 03 25

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Stand: 10. September 2002