Kultur

Ausgabe Nr. 32 · 7. August 2002



Sally Stevens und der Chor der Schlossfestspiele. Den eingängigen Harmonien und Melodien von Sigmund Romberg verdankt der "Student Prince" seinen Erfolg beim Publikum. Es spielt das Mannheimer Hochschulorchester unter Leitung von Volker Christ. (Foto: Schlechter)

Poesie und große Gefühle

Der "Student Prince" startet am 10. August

Ohne die romantische Liebesgeschichte des "Student Prince" sind die Schlossfestspiele heute undenkbar. Seit 1974 ist der Heidelberg Klassiker mit Kult-Charakter fester Bestandteil des Programms. Die Light-Opera von Sigmund Romberg, in der Neuinszenierung von Ingo Waszerka, ist ab dem 10. August genau zehn mal im Schlosshof zu erleben.


Rombergs "Spectacular Light Opera" spielt mit der Sehnsucht nach der großen Liebe, die sich gegen alle äußeren Umstände durchsetzt. Aber eben nur spielt, denn ein Happy End bleibt dem ungleichen Paar versagt. Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen, politischen Systemen oder Moralvorstellungen hat hier nicht ihren Platz. "Sie ist einfach dazu gedacht, sich in einer lauen Sommernacht in wohliger Melancholie an die eigene Jugend oder die verlorene "wahre Liebe" zu erinnern", heißt es im Programmheft.

Mit seinen Melodien schuf Romberg die passende romantisch-melancholische Stimmung zur Handlung: Kronprinz Karl Franz von Karlsberg reist inkognito in das biedermeierliche Heidelberg, um am geselligen Studentenleben teilzunehmen. Im Gasthaus "Goldener Apfel" verliebt er sich in die Kellnerin Kathie, doch die innige Romanze wird plötzlich gestört, als die Nachricht vom Tode des Königs eintrifft...

Keine andere literarische Vorlage prägte das Bild vom romantischen "Alt-Heidelberg" so stark wie Wilhelm Meyer-Försters gleichnamiges Theaterstück, das als "Old Heidelberg" schon 1902 mit Erfolg am Broadway gespielt wurde. Die von Sigmund Romberg 1924 komponierte "Light Opera" unter dem Titel "The Student Prince of Heidelberg" wurde in den zwanziger Jahren zum erfolgreichsten Musik-Theater am Broadway. Es markiert den Übergang von der aus Europa importierten Operette zum amerikanischen Musical.

Bis heute zieht es hunderte von Amerikanern alljährlich zu den Schlossfestspielen. Aber auch die Heidelberger möchte Regisseur Ingo Waszerka für seine Inszenierung gewinnen. Im Jahre 2001 hat er den Heidelberg Klassiker mit viel Liebe zum Detail neu inszeniert und aufpoliert, mit Poesie und Mut zur Emotion aber auch nicht ohne ein kleines Augenzwinkern. (doh)
   
 

Eintrittskarten...

  ...für den "Student Prince" gibt es bei HeidelbergTicket, Theaterstraße 4. Die Theater- und Konzertkasse hat bis zum 31. August montags bis freitags von 15 bis 19 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. In dieser Zeit ist auch die Telefon-Hotline 58-2000 besetzt. Kurzentschlossene können auch Restkarten an der Abendkasse im Schlosshof erwerben.
   
 

Karten zu gewinnen

  Nicht jede Liebesgeschichte muss so enden wie die von Kathie und Karl Franz. Die Heidelberger Schlossfestspiele suchen die schönsten Heidelberger Liebesromanzen von heute und laden alle alten und neuen Heidelberger Liebespaare dazu ein, ihre Geschichte aufzuschreiben. Beiträge können unter info@heidelberg-aktuell.de oder Theater der Stadt Heidelberg, Friedrichstraße 5, 69117 Heidelberg, Stichwort "Student Prince", eingesandt werden. Zu gewinnen gibt es zwei mal zwei Karten für den "Student Prince" und dazu eine Flasche Champagner. Einsendeschluss ist der 19. August. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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Dr. Olga Magidenko (Foto: Hentschel)

"Musik fließt wie Honig..."

Ein Gespräch mit der Preisträgerin des Heidelberger Künstlerinnenpreises


Die russische Komponistin Dr. Olga Magidenko erhielt im Rahmen des diesjährigen "Gegenwelten-Festivals" den Heidelberger Künstlerinnenpreis 2002. Die 1954 in Moskau geborene Komponistin wuchs in einer Musikerfamilie auf. Neben internationaler Konzerttätigkeit als Pianistin war sie 1989 "Artist in Residence" an der Stetson University, Deland, Florida und kam 1994 als Arno-Schmidt-Stipendiatin in die Bundesrepublik. Sie war "Composer in Residence des Jahres 1999" der Kulturstiftung Rhein-Neckar und arbeitet heute im "Kulturinstitut Komponistinnen - gestern und heute" in Heidelberg.

STADTBLATT: Frau Magidenko, Ihr Vater war Komponist und ihre Mutter Pianistin. War damit Ihr Werdegang vorgezeichnet?

Dr. Olga Magidenko: Ja, weil ich ein sehr gutes Gehör hatte. Ich erhielt seit meinem sechsten Lebensjahr Klavier-Unterricht bei meiner Mutter. Auch zu komponieren habe ich gleich begonnen und mit sechs Jahren mein erstes Kinderlied komponiert. Gleichzeitig wurde ich auf der Zentralen Musikschule für Kinder am Tschaikowsky Konservatorium in Moskau aufgenommen. Dort habe ich zwölf Jahre Klavier, theoretische und allgemeinbildende Fächer und später Komposition studiert.

Die Ausbildung zur Komponistin hatte meine Mutter zunächst verboten. Aber mit elf Jahren habe ich mich heimlich für die Kompositions-Klasse angemeldet und meine Mutter vor vollendete Tatsachen gestellt. Mit 18 Jahren bin ich in das Moskauer Tschaikowsky Konservatorium eingetreten und habe dort sieben Jahre in der Klavier- und Kompositionsabteilung studiert, es folgten drei Jahre Aspirantur mit abschließender Promotion.

STADTBLATT: Verstehen Sie sich als Vertreterin der Neuen Musik?

Magidenko: Natürlich schreibe ich neue Musik, wobei ich alle Techniken verwende. Selbstverständlich bin ich - wie alle Musiker - geprägt von allem, was vorhanden ist, aber gleichzeitig auf der Suche nach einer neuen, zeitgemäßen und spannenden musikalischen Sprache. Wir leben in einer Phase der Neuorientierung, heute ist alles möglich.

STADTBLATT: Spricht ihre Musik eher die Emotionen der Zuhörer an oder den Intellekt?

Magidenko: Beides. Was die Form betrifft ist es Intellekt, aber die Füllung mit Musik spricht ebenso die Emotionen an. Die Form ist für mich wie eine Bienenwabe und die Musik fließt hinein wie Honig. - Ich liebe meine Zuhörer, ich will, das sie nach meiner Musik weinen, nach meiner Musik denken, aber auch nach meiner Musik lachen.

STADTBLATT: Woher beziehen Sie Ihre Inspiration, woher kommt die Idee?

Magidenko: Oft kommt der Anstoß von einem Text. Dann muss ich die richtige Form finden. Manche Themen, und eigentlich sehr bedeutende Themen, habe ich im Traum, im Schlaf bekommen. Während ich schlafe und träume, höre ich die Musik wie in einem Konzert und merke plötzlich, das es nicht Bach, Beethoven oder Schnittke ist, sondern meine Musik. Dann stehe ich in der Nacht auf und schreibe sie sofort nieder, sonst verschwindet sie wieder.

STADTBLATT: Was glauben Sie, warum gibt es so wenig Komponistinnen?

Magidenko: Heute gibt es viele sehr gute und gutausgebildete Komponistinnen, aber sie werden nicht gespielt. Schauen Sie sich die Konzertprogramme an. Die Frage müsste eigentlich lauten, warum werden sie nicht zu Gehör gebracht.

STADTBLATT: Sieht hier das Gegenweltenfestival seine Aufgabe?

Magidenko: Ja, viele große Komponistinnen wurden hier zuerst aufgeführt, zum Beispiel Galina Ustwolskaia, Sofia Gubaidulina und Adriana Hölski, auch junge Komponistinnen haben hier eine Chance. Ich kann nur sagen: geschriebene Musik, die in der Schublade liegt, ist tote Musik. Musik lebt nur, wenn sie aufgeführt wird. Genau genommen ist sie sogar zweimal tot, für mich, weil ich die Komposition nicht prüfen kann und für das Publikum, weil es sie nicht hören kann. Die Uraufführungen stehen ja meistens unter totalem Zeitdruck. Auch als Interpretin spreche ich aus Erfahrung, erst die zweite und dritte Aufführung wird richtig gut. Das Gegenweltenfestival ist aber auch ein Treffpunkt für Musikerinnen und Musiker. Die Begegnungen, Gespräche und Kontakte, die dort entstehen, sind sehr wichtig. In der Musikwelt ist dass Gegenwelten Festival ein Gesicht von Heidelberg.

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Stand: 6. August 2002