Thema der Woche

Ausgabe Nr. 32 · 8. August 2001



Diese sieben Männer wollen den Stadtwald langfristig schützen. Zur Ankündigung der PEFC-Zertifizierung trafen sich auf der Mausbachwiese (v. li.): Dr. Karl Friedrich Raque (li.) und Gerhard Kaiser (re.) als Vertreter von BUND und NABU umrahmen (v.li.) Bürgermeister Dr. Eckart Würzner, Forstamtsleiter Dr. Ernst Baader, den Leiter des städtischen Landschaftsamtes, Michael Schwarz, den Leiter des Umweltamtes Dr. Hans-Wolf Zirkwitz und seinen Abteilungsleiter Naturschutz, Rüdiger Becker. (Foto: Alex)

Nachhaltige Waldbewirtschaftung wird bestätigt

Der Heidelberger Stadtwald erhält eine Zertifizierung nach den Richtlinien des Pan European Forest Certification (PEFC)


Der Heidelberger Stadtwald bekommt jetzt einen offiziellen Stempel dafür, dass er nachhaltig bewirtschaftet wird. Der Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause einstimmig beschlossen, ihn nach den Richtlinien des PEFC (siehe Kasten) zertifizieren zu lassen.

Ziel der Zertifizierung ist es, Forstbetriebe und deren Produkte nach spezifizierten sozialen, ökologischen und ökonomischen Kriterien zu bewerten. Durch die Vergabe des Zertifikats wird dem Endverbraucher die Herkunft des Holzes aus einem nachhaltig und umweltverträglich arbeitenden Forstbetrieb bestätigt. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Bewirtschaftung des Waldes soll damit gefördert werden.

Im Vorfeld der Zertifizierung wird von einem unabhängigen Gutachter überprüft, ob im Heidelberger Stadtwald naturnah gewirtschaftet wird. Bei einem Lokaltermin auf der Mausbachwiese im Ziegelhäuser Wald verdeutlichten Umweltdezernent Dr. Eckart Würzner und Forstamtsleiter Dr. Ernst Baader die Inhalte und Auswirkungen des Verfahrens: Vorrang von Mischbeständen, Kahlschläge nur in absoluten Ausnahmefällen, eingeschränkte Befahrung der Waldflächen, Pestizideinsatz nur nach fachkundiger Begutachtung sind nur einige der zu beachtenden Leitlinien. Ein externer Gutachter überprüft stichprobenartig deren Einhaltung.

"Für uns bedeutet die Zertifizierung nicht, dass wir nun einen radikalen Wechsel bei der Waldbewirtschaftung vornehmen müssen", sagte Dr. Ernst Baader. Der Stadtwald werde schon lange nachhaltig bewirtschaftet, seit fünf Jahren wurde kein Pestizid eingesetzt. Er hofft, dass die Verbraucher bereit sind, für zertifiziertes Holz mehr zu bezahlen. Und Rüdiger Becker, Abteilungsleiter Naturschutz im Umweltamt, wies darauf hin, dass geschützte Waldbiotope, wie etwa die Mausbachwiese, einen großen Anteil am Stadtwald einnehmen würden, deutlich mehr als die PEFC-Zertifizierung verlange.

50 Umweltstandards und Zertifizierungssysteme gibt es weltweit für die umweltverträgliche Bewirtschaftung von Wäldern. Zwei davon haben sich als bedeutsamste herauskristallisiert: das Pan European Forest Certification (PEFC) und das Forest Steward Council (FSC) Zertifikat. Ein unabhängiger Gutachter soll auch die Möglichkeit einer Zertifizierung nach FSC-Kriterien prüfen. Einem entsprechenden Vorschlag der Verwaltung hat der Heidelberger Gemeinderat ebenfalls zugestimmt. Bürgermeister Dr. Eckart Würzner: "Für die Stadt Heidelberg ist es von besonderer Bedeutung, dass man eine Zertifizierung nach dem höchstmöglichen ökologischen Standard durchführen will."

Die Kosten für die Zertifizierung des rund 3250 Hektar großen Stadtwaldes belaufen sich auf rund 650 Mark pro Jahr.

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PEFC

PEFC-zertifizierte Forstbetriebe verpflichten sich unter anderem
eine dauerhafte Bewaldung zu erhalten, naturnahe Mischwälder mit standortgerechten Baumarten anzustreben und seltene Baum- und Straucharten zu fördern. Die Neu- und Wiederaufforstung muss durch standortgerechte Baumarten erfolgen.
die Methoden des integrierten Waldschutzes anzuwenden, d.h. keine Düngung und keine Pflanzenschutzmittel. Nur im Katastrophenfall und nur nach fachkundiger Begutachtung dürfen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden.
eine schonende Holzernte, die den Boden und die Vegetation schützt, durchzuführen.
Kahlschläge grundsätzlich zu unterlassen, Ausnahmen nur nach genauer Prüfung.
auf gentechnisch veränderte Organismen im Wald grundsätzlich zu verzichten.
auf geschützte Biotope und Schutzgebiete bei der Waldbewirtschaftung besonders Rücksicht zu nehmen.
biologisch abbaubare Öle und Fette bei Motorsägen und Maschinen zu verwenden.
die vielfältigen sozio-ökonomischen Funktionen des Waldes zu beachten. Die Öffentlichkeit hat zum Zwecke der Erholung freien Zutritt zum Wald. Beschränkungen können aber z.B. zum Schutz von Ökosystemen oder zur Vermeidung von erheblichen Schäden ausgesprochen werden.

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Forstamtsleiter Dr. Ernst Baader (li.) und Revierleiter Bruno Gabel am Ausgang des Arboretums am Speyererhofweg, den ein aus der Weltkugel wachsender Baum markiert. (Foto: Rothe)

Baumexoten im Stadtwald

Aus Amerika und Asien stammen die Bäume zweier Arboreten im Stadtwald


Der Begriff Arboretum trifft nicht ganz zu. "Baumgärten" nur mit exotischen Exemplaren findet man im Stadtwald entlang des Speyererhofweges und unterhalb der Sprunghöhe-Hütte nicht. Die beiden Arboreten zeichnen sich vielmehr durch eine harmonische Mischung aus fremden und heimischen Gehölzen aus.

Zur Zeit bringt das Staatliche Forstamt Heidelberg die beiden Arboreten auf Vordermann. Deutliches Zeichen dafür sind die Objekte und Bänke, die die Werkstatt e.V. angefertigt und schon aufgestellt hat. Anfang und Ende des Arboretums entlang des Speyererhofweges markieren symbolische Holz- und Steinmetzarbeiten: Hier wird eine Weltkugel getragen von einem Baum, dort wächst aus einer Weltkugel ein Baum.

Das Arboretum entlang des Speyererhofweges beherbergt besonders Bäume aus dem asiatischen Raum. Hier findet man, unter anderem, die Magnolie, den Blasenbaum, den Gingko oder den japanischen Lebensbaum. Noch hängen die "Namensschilder" an den Baumstämmen selbst, doch es sind schon rund 70 Findlinge gesetzt, an denen neue Messingschilder angebracht werden, die Namen und Herkunftsland der fremden Waldbewohner verraten.

Nicht wenige Spaziergänger werden überrascht sein, wenn sie mitten im Wald eine eindeutig japanische "Sitzgruppe" entdecken. Die vier flachen Sitze auf einem Podest aus Douglasienholz laden zum Verweilen ein. Auf einer kleinen Lichtung entdeckt man eine Meditationsstele aus heimischem Buntsandstein. Auch diese fernöstliche Impression stammt von der Werkstatt.

Eher gigantisch-amerikanisch geht es im anderen Arboretum unterhalb der Sprunghöhe-Hütte zu. Dort fallen sofort die mächtigen Mammutbäume ins Auge. Die ältesten stammen aus dem Jahr 1876. Kein Alter für die Riesen, in ihrer Heimat Nordamerika werden sie bis zu 3000 Jahre alt... Vor einigen Jahren hat man einige Exemplare fällen müssen, da sie zu eng standen und der einzelne Baum keine richtige Krone entwickeln konnte. Über 30 Mammutbäume wachsen hier oben. Um den größten Vertreter wollen die Forstleute einen Palisadenring legen, der den Umfang des größten bekannten Mammutbaums verdeutlicht. Über 10 Meter betrage der, sagt Forstamtschef Dr. Ernst Baader.

Auch hier oben haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Werkstatt schon gewirkt: Bänke aus dem widerstandsfähigen Robinienholz laden zum Ausruhen ein. Dass man hier unter nordamerikanischen Bäumen Pause macht, erkennt man an den indianischen Schmuckketten und anderen Gegenständen, die in die Bänke geschnitzt wurden.

1876 entstand das Arboretum an der Sprunghöhe, aber auch schon vorher hatten Förster den Exotenanbau im Stadtwald gefördert. Immer wieder kamen neue Bäume hinzu und in den 60er Jahren wurde die Fläche noch einmal vergrößert. Heute steht der Erhalt der fremden Bäume für Revierleiter Bruno Gabel im Vordergrund. Die Aufwertung beider Arboreten, verspricht Dr. Ernst Baader, wird im nächsten Jahr abgeschlossen sein. Dann werden die Messingtafeln auf Sandsteinfindlingen, die Objekte und die etwas anderen Sitzgelegenheiten Spaziergänger darauf hinweisen, dass hier ein ganz besonderes Stück Stadtwald wächst. (neu)
 
 

Informationen

  Im Verlag Brigitte Guderjahn ist 1988 ein kleiner Band "Die ausländischen Baumarten im Heidelberger Stadtwald, Führer durch die Arboreten I und II" erscheinen. Hans Ulrich Hayn und Rudolf Kühn beschreiben unter anderem in kurzen Absätzen die dort wachsenden Bäume. Das Buch ist noch im Buchhandel erhältlich für 16,80 Mark und auch das Staatliche Forstamt Heidelberg hat noch einige Exemplare vorrätig. Die Auflistung ist nicht mehr aktuell, da einige Bäume gefällt werden mussten oder starben.

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  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 7. August 2001