Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 32 · 8. August 2001



Fünf Frauen aus Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gaben Tipps in Sachen Berufsweg und Karriere (Foto: Rothe)

"Nicht die Flügel stutzen lassen..."

Podiumsgespräch mit Frauen in Führungspositionen - Lebenswege geben Vorbilder


Dass Karriere-Frauen keine grauen Mäuse oder gar verbitterten Single-Frauen sind, das wurde beim dem Podiumsgespräch "Lebenswege von Frauen in Führungspositionen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft - Vorbilder für Andere" schnell deutlich. Das Heidelberger Institut für Interdisziplinäre Frauenforschung (HIFI) hatte anlässlich seines zehn jährigen Bestehens gemeinsam mit der Deutschen Stiftung für Frauen- und Geschlechterforschung dazu eingeladen.

Die Biografien von erfolgreichen Frauen erweisen sich als bunt und vielfältig wie das Leben," bilanzierte die Moderatorin, Dr. Anina Mischau, das Podiumsgespräch. Im Verlauf des Nachmittags zeigten sich deutliche Parallelen in den Lebenswegen. Ob Professorin oder Managerin, im Gegensatz zu den häufig von Männern gelebten kontinuierlichen Erwerbsbiographien betrachten Frauen ihr Leben ganzheitlich und beziehen alle Facetten mit ein. Sie nutzen die damit verbundenen Vorteile für die eigene Entwicklung und berufliche Leistungsfähigkeit.

"Es passiert nichts von alleine", darüber schenkte Professorin Sissi Closs von der FH Karlsruhe und Geschäftsführerin der Comet Computer, München, den Zuhörerrinnen gleich reinen Wein ein. Die Halbtags-Professur an der Fachhochschule habe sie sich schwer erkämpfen müssen. Auch ihre Firmengründung sei von dem Wunsch getragen, Einfluss zu nehmen und selbst gestalten zu können. Der Frauenanteil in ihrer Firma liegt bei 50 Prozent. Inzwischen wurde ihr Betrieb bereits zwei Mal mit dem "Total-E-Quality" ausgezeichnet.

Professorin Elisabeth Cheauré von der Universität Freiburg warnte jedoch vor allzu großen Erwartungen. Man müsse sich von der Illusion verabschieden, dass Förderer sich wirklich freuen, wenn ihre Schützlinge weiter kommen. Oftmals entstehe ganz unbemerkt eine gefährliche Konkurrenzsituation.

Auf die Frage, was Frauen auf keinen Fall tun sollten, wenn sie Karriere machen wollen, entgegnete Oberbürgermeisterin Beate Weber: "Lassen Sie sich nicht die Flügel stutzen". Sie empfahl mehr Zutrauen zu den eigenen Kompetenzen und Mut zur Vielfalt. Frauen dürften nicht darauf verzichten gleichzeitig mehrere Kompetenzen aufzubauen. Ganz wichtig, und darin waren sich die Podiumsfrauen einig, ist das private Umfeld. Die baden-württembergische Landtagsabgeordnete Christine Rudolf warnte ausdrücklich vor der falschen Partnerwahl: "Es kommt darauf an, dass der Partner die Karriere der Frau unterstützen will, auch auf Kosten des eigenen beruflichen Fortkommens."

Möglichkeiten, Frauen voranzubringen sieht Dr. Haidrun Wietler, Vorsitzende des Badischen Landesverbandes Deutscher Unternehmerinnen, im weiteren Ausbau und in der Nutzung von Netzwerken für Frauen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. In diesem Zusammenhang erinnerte Oberbürgermeisterin Weber an das Existenzgründerinnen-Zentrum im Technologiepark Heidelberg und ermunterte Frauen, sich beim Amt für Frauenfragen Informationen und Unterstützung für einen erfolgreichen Start in die Selbständigkeit zu holen. (doh)

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Mostar heute: zerstörte Häuser am Neretva-Ufer, unweit der berühmten Brücke, zeugen von der brutalen Gewalt des Bürgerkrieges im früheren Jugoslawien (Foto: privat)

"Ethnische Gruppen an einen Tisch bringen"

Universität engagiert sich auf dem Balkan - Mediziner und Informatiker leisten Hilfe zur Selbsthilfe


Die Medizinische Fakultät und das Rechenzentrum der Universität leisten mit Engagement und fachlicher Kompetenz einen wesentlichen Beitrag zur medizinischen Ausbildung und Versorgung in den durch den Bürgerkrieg schwer geschädigten Ländern des Balkans.

Über ihre erfolgreiche Arbeit informierten jetzt der Dekan der Medizinischen Fakultät Prof. Dr. Dr. h. c. Hans-Günther Sonntag, Prof. Dr. Werner Buselmaier vom Institut für Humangenetik und der Diplom-Mathematiker Prof. Michael Hebgen, stellvertretender Direktor des Universitätsrechenzentrums.

Die Heidelberger Gruppe hat Spenden gesammelt und mit drei Transporten unter schwierigsten Bedingungen Bücher, Computer und Mikroskope nach Mostar bringen lassen. Auch aus der Industrie sei sehr viel Unterstützung gekommen, berichtet Professor Sonntag, sodass "aus 300.000 Mark Fördergeldern der Europäischen Union Werte in Millionenhöhe" wurden.

"Es ist, als ob dort zwei Generationen PC-Entwicklung verschlafen wurden", beschreibt Prof. Hebgen die dortige Ausstattung. Hebgen, einer der deutschen Internet-Pioniere, hilft beim Aufbau eines Wissenschaftsnetzes, das sich an europäischen Standards orientiert. Ein Hochgeschwindigkeitsnetz ist Voraussetzung zum Beispiel dafür, dass Wissenschaftler und Studierende Videoübertragungen von Vorlesungen aus anderen Universitäten über das Internet verfolgen können.

Für vielleicht noch wichtiger als die materielle Hilfe hält man die persönlichen Kontakte und die Bemühungen darum, dass die Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen in der Medizinischen Fakultät miteinander kooperieren. Auch unter den Studierenden werden Kontakte geknüpft. So war bereits eine Gruppe von zehn bosnischen Studenten zu Gast in Heidelberg.

Ein Rückschlag droht durch die aktuelle politische Entwicklung. Nach der Abwahl des demokratisch eingestellten Rektors hat die Deutsche Botschaft die Gruppe aufgefordert, die Zusammenarbeit mit Mostar zu beenden. Dagegen wehren sich die Heidelberger; man will durch eine Weiterführung der Arbeit den oppositionellen demokratischen Kräfte helfen, die in der Medizinischen Fakultät überwiegen. Sonntag: "Isolierung ist der verkehrteste Weg. Wir wollen das fördern, was anfängt zu wachsen, zu blühen: die Demokratie." "Das wichtigste ist, dass man die ethnischen Gruppen wieder an einen Tisch bringt", unterstreicht Professor Buselmaier.

Die "Heidelberger Gruppe" hält engen Kontakt zu Prof. Dr. Vladimir Simunovic, dem Vizedekan der Medizinischen Fakultät in Mostar. Simunovic fährt mit Studenten der höheren Semester regelmäßig in zwei Flüchtlingslager, um medizinische Hilfe zu leisten - die einzige, die es dort gibt. Deutsche Gaststudenten können wertvolle praktische Erfahrungen sammeln. Sie lernen etwas kennen, das hierzulande nirgendwo praktiziert wird, berichtet Buselmaier, nämlich "Frontmedizin, eine Medizin mit einfachsten Mitteln". (rie)

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Die Neuenheimer Wandergruppe am Gedenkstein für Dr. Arthur Tischer (Foto: privat)

Durch die Neuenheimer Schweiz

Ein Spaziergang über den Philosophenweg bis zum Wilckensfels und Russenstein


Wer die einzigartige landschaftliche Lage Heidelbergs nicht nur aus zweiter Hand - zum Beispiel von Ansichtskarten her - kennen lernen möchte, kommt nicht umhin, zum Philosophenweg hinauf zu steigen. Die Mühe lohnt, immer wieder.

Diese Erfahrung machte jüngst auch eine Wandergruppe, die - eingeladen vom Stadtteilverein Neuenheim - unter Führung von Ernst Gund den Neuenheimer Odenwald erkundete. Denn gibt es. Wer meint, das einstige Fischerdorf sei ausschließlich dem Neckar zugewandt, dem werden die Neuenheimer nachdrücklich erklären, dass der gesamte südliche Bereich des Heiligenbergs einschließlich dessen vorderem Gipfel mit Aussichtsturm, Stephanskloster und Heidenloch selbstverständlich Neuenheimer Gebiet ist.

Mithras-Heiligtum
Dazu gehört auch der Philosophenweg. Noch vor dem Aufstieg der Gruppe zum Panoramaweg am Südhang des Heiligenbergs rief Ernst Gund Neuenheims römische Vergangenheit in Erinnerung: In eine Mauer bei der Einmündung der Bergstraße in die Uferstraße ist eine steinerne Hinweistafel auf ein Mithras-Heiligtum römischer Soldaten eingelassen. Das Heiligtum ist seit 1838 bekannt, kann aber nicht besichtigt werden, weil es sich auf privatem - somit nicht öffentlich zugänglichen - Grund befindet.

Über die Albert-Ueberle-Straße, vorbei an den Gebäuden des Physikalischen Instituts und dem ehemaligen Café Philosophenhöhe erreichte die Wandergruppe das Philosophengärtchen. Angesichts der sommerlichen Blütenpracht und der vielen exotischen Gewächse kam das Gespräch sehr schnell auf eine Persönlichkeit, die - inzwischen im Alter von mehr als hundert Jahren verstorben - sich bis ans Lebensende für die Pflege der südländischen Flora am Philosophenweg einsetzte: Dr. Arthur Tischer.

Erinnerung an Dr. Tischer
Anlässlich seines 100. Geburtstages ließ die Stadt Heidelberg Dr. Tischer eine Gedenktafel setzen. Die Wandergruppe begab sich auf die Suche und fand die kleine Bronzeplatte schließlich auch: An einem ebenso kleinen Stein am Rande der Spielfläche der Eichendorffanlage in einer wenig einladenden Umgebung. Nur wenige Schritte entfernt deuteten verkohlte Holzstämme, überquellende Papierkörbe und zerbrochene Glasflaschen auf ein nächtliches Gelage hin.

Dorf Dagersbach
Vorbei am Liselotte-Stein und der Engelskirche (in deren Bereich die Schutzgemeinschaft Heiligenberg einen Stein zur Erinnerung an das ehemalige Dorf Dagersbach aufgestellt hat) ging es zur Hölderlin-Anlage und über den verlängerten Philosophenweg weiter vorbei an der Odenwaldhütte mit der Engelswiese und am Weinberg ob der Bruck bis zum Webersbrunnen. Dessen Namensgeber war der Gelehrte und Heidelberger Ehrenbürger Georg Weber, nach dem auch die Weberstraße in Neuenheim benannt ist.

Hier hielt die Wandergruppe ein ausgiebiges Picknick, um anschließend an Moltkehütte und Küblerwiese vorbei zu den Guckkastenwegen hinabzusteigen und in die Felsenlandschaft der Neuenheimer Schweiz einzutauchen. Ziel war ein mächtiger Granitfelsen dicht vor der ehemaligen Gemarkungsgrenze Ziegelhausen: der Wilckensfels. Sein Name erinnert an den früheren Heidelberger Oberbürgermeister Dr. Carl Wilckens, in dessen Amtszeit (1885-1913) die Eingemeindung Neuenheims nach Heidelberg (1891) fiel. Und in der sich jene Furcht erregenden Ereignisse auf dem Heiligenberg abspielten, die in dem fantastischen Roman "Das Heidenloch" beschrieben sind.

Felspfade und Wasserläufe
Der weitere Abstieg auf schmalen Felspfaden über Serpentinen und Wasserläufe gestaltete sich angenehmer als befürchtet, denn die sonst über den Weg wuchernden Brombeerhecken waren offensichtlich kurz zuvor beseitigt worden. Wanderführer Ernst Gund sah den Grund dafür in seiner Einladung an Bürgermeister Dr. Eckart Würzner an der Wanderung teilzunehmen. Zwar war der Bürgermeister dann doch nicht dabei, aber der designierte Rektor der Universität, Prof. Dr. Peter Hommelhoff, und seine Frau, Stadträtin Margarete Hommelhoff, wanderten mit. Bis zum Russenstein und auf dem Leinpfad am Neckar zurück nach Neuenheim. (br.)

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"Aus der Hülse, blank und eben, schält sich der metallne Kern" (Schiller) Das Ergebnis des Bergheimer Glockengusses betrachten Oberbürgermeisterin Beate Weber und (v. l.) Glockengießer Armin Falkenberg, Hans-Jörg Kraus, Kraus Immobilien, und Gunter Heller, Geschäftsführer der Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz. (Foto: Defacto)

"Dies ist die letzte Glocke..."

Enthüllung und Klangprobe in der Karlsruher Glockengießerei


Als am 13. Juli auf der Wiese neben der Stadtbücherei Heidelberg im Rahmen des Sommerfestes der Alten Glockengießerei zum letzten Mal in Bergheim eine Glocke gegossen wurde, konnte keiner der vielen Besucher das Ergebnis bewundern. Denn der Guss, der mit flüssigem Erz bei Temperaturen von rund 1.100 Grad Celsius vorgenommen worden war, musste auskühlen - und das brauchte seine Zeit.

Ende Juli war es jedoch so weit: In Anwesenheit von Oberbürgermeisterin Beate Weber, Gunter Heller, dem Geschäftsführer der Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz und dem Sponsor Hans-Jörg Kraus von Kraus Immobilien wurde der rund 150 Kilogramm schwere fertige Guss in der Karlsruher Glocken- und Kunstgießerei feierlich enthüllt.

Die Glockengießer hatten das kostbare Stück nach dem Live-Guss nach Karlsruhe bringen lassen, um hier nach der Auskühlung letzten Schliff anzulegen. "Form und Ton stimmen", so Rudolf Perner, der den Guss auf der Bühne durchgeführt hatte, "jetzt geht es nur noch darum, ob das kostbare Erz gefällt".

Dass daran kein Zweifel besteht, zeigte die Freude der Heidelberger Besucher, als die Form von der Glocke gezogen wurde. Als klassische Molloktav-Glocke nach einer Rippenkonstruktion von Friedrich-Wilhelm Schilling aus Heidelberg trägt sie eine Inschrift, die an die spektakuläre Vorführung während des Sommerfestes erinnert und gleichzeitig einen dekorativen Schlusspunkt unter eine alte Bergheimer Handwerkstradition setzt:

"Dies ist die letzte Glocke, die in der Alten Glockengießerei beim Sommerfest anno MMI am XIII. Juli gegossen wurde unter Zeugenschaft von Oberbürgermeisterin Beate Weber, dem Bauherren, vertreten durch Gunter Heller, und vielen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Heidelberg. Möge Gott Bergheim und die Menschen darin auch in Zukunft schützen."

Über den endgültigen Aufstellungsort der Glocke ist noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden - vorgesehen ist, den rund 150 kg schweren Klangkörper als Denkmal der Bergheimer Handwerkstradition später entweder im Turm-Café im Neubau der Alten Glockengießerei oder auf dem dort angedachten Friedrich-Wilhelm-Schilling-Platz auszustellen. Die Bergheimer Anwohnerinnen und Anwohner würden sich in jedem Fall über ein solches Denkmal für den berühmtesten Bürger Ihres Stadtteiles freuen - das machte der spontane Beifall auf dem Sommerfest der Alten Glockengießerei deutlich.

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Stand: 7. August 2001