Stadt und Leute

Ausgabe Nr. 15 · 12. April 2000

"Mitbestimmen macht Spaß"

Heidelberger Stadträtinnen im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern


Aus Anlass des Internationalen Frauentages besuchten die Stadträtinnen aller Fraktionen des Gemeinderates Heidelberger Schulen, um den Schülerinnen und Schülern den politischen Alltag näher zubringen und Interesse für die Arbeit des Gemeinderates zu wecken. Besonders jungen Frauen aber auch jungen Männern wollen sie Mut machen, in die Politik einzusteigen.

Mit ihrer Aktion erinnern die Gemeinderätinnen an den Internationalen Frauentag, der 1910 eingerichtet wurde, um nicht nur das Frauenwahlrecht zu erkämpfen sondern auch im alltäglichen Leben die Gleichstellung von Mann und Frau zu erwirken. Sorgen bereitet ihnen insbesondere die alarmierend niedrige Wahlbeteiligung bei den letzten Wahlen. "Während 1919 rund 90 Prozent der Frauen in Deutschland von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, waren es bei der letzten Kommunalwahl im Herbst 1988 nur noch gut die Hälfte aller wahlberechtigten Männer und Frauen", berichtete Dr. Karin Werner-Jensen. Einen Grund für die geringe Wahlbeteiligung sehen die Stadträtinnen im Fehlen von Identifikationsfiguren.

Erstmalig im vergangenen Jahr beschlossen sie deshalb in die Schulen zu gehen, sich persönlich vorzustellen und die Arbeit des Gemeinderates den Schülerinnen und Schülern ganz konkret näher zu bringen. Das Angebot stieß in den Heidelberger Haupt-, Real- und Berufsschulen sowie Gymnasien auf großes Interesse. So lag es nahe, die Aktion auch in diesem Jahr zu wiederholen.

"Dieses Projekt ist ein Zeichen der fraktionsübergreifenden Solidarität unter uns Frauen", erklären die Stadträtinnen übereinstimmend. Stolz verweisen sie darauf, dass von den insgesamt 40 Gemeinderatsmitgliedern immerhin16 inzwischen Frauen sind. Sie verstehen sich als Dienstleisterinnen zum Wohl der Stadt und wollen mit ihrer Aktion das Interesse von Jugendlichen an der Arbeit des Gemeinderates wecken: "Mitbestimmen macht Spaß".

Der Besuch in den Schulen war für alle Stadträtinnen ein spannendes Erlebnis und die Schüler - ob vom Kurfürst-Friedrich-Gymnasium, der St. Raphael-Realschule oder der Internationalen Gesamtschule - nahmen das Angebot der Stadträtinnen mit großem Interesse auf. Fragen zur Spenden- oder Fluggeldaffäre, zu ehrenamtlicher Tätigkeit, Anregungen zum öffentlichen Personennahverkehr in Heidelberg und Klagen über ungünstige Anschlüsse kamen ebenso auf den Tisch wie die Frage "Was sagt denn Ihr Mann dazu?". Mit konkreten Beispielen wie Umbaumaßnahmen in der Schule oder die Schaffung eines Mädchenhauses könne den Schülern vermittelt werden: "Aha, das geht mich konkret an". Auch würden es die Gemeinderätinnen begrüßen, wenn Schulklassen im Rahmen des Sozialkundeunterrichts an Gemeinderatssitzungen teilnähmen.

Ob nun aus Anlass des Frauentages oder nicht, übereinstimmend kamen die Stadträtinnen zu dem Schluss, das es wichtig sei, regelmäßig Gespräche in den Schulen anzubieten. So könne das Interesse an politischen und insbesondere kommunalpolitischen Themen geweckt und gezeigt werden, dass Politiker keine abgehobenen Menschen sind. (doh)

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Mehr Einbürgerungen

Arbeitsbelastung der Ausländerbehörde stark angestiegen


Rund 7,8 Millionen Ausländer leben in Deutschland. Etwa zwei Drittel von ihnen, schätzt Carola de Wit, Leiterin der Abteilung Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht im Amt für öffentliche Ordnung, erfüllen die Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Zunehmend mehr machen von den Möglichkeiten Gebrauch, die das zum Jahresbeginn geänderte Staatsangehörigkeitsrecht bietet.

Im ersten Quartal 2000 hat sich die Zahl der Einbürgerungen in Heidelberg im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt, von 106 auf280. Das Regierungspräsidium spricht für den gesamten Regierungsbezirk von einer Steigerung um 100 Prozent. Insbesondere Asylberechtigte, vor allem aus dem Iran, und Kontingentflüchtlinge nutzen die neuen Möglichkeiten und stellen einen Antrag auf Einbürgerung. Die Arbeitsbelastung, so de Wit, "ist an der Grenze angelangt". Wenn alles glatt läuft, haben die Antragsteller nach sechs Wochen ihren deutschen Pass.

Die seit Anfang des Jahres geltende Regelung verlangt den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse, ein "Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung" sowie "eine dem Lebenskreis entsprechende Kenntnis der staatlichen Ordnung der Bundesrepublik". Während Bayern eine förmliche Sprachprüfung eingeführt hat, lässt Baden-Württemberg den Ausländerbehörden Spielraum, wie die Erfüllung der Anforderungen nachgewiesen wird. Heidelberg arbeitet gegenwärtig mit "einfachen Fragen, die eigentlich jeder beantworten kann", so Birgit Huber von der Abteilung Staatsangehörigkeitsrecht. Das Gespräch dient gleichzeitig dem Nachweis der Deutschkenntnisse.
Erleichterungen gibt es bei Familieneinbürgerungen. Die Hausfrau aus Anatolien, deren Lebenskreis die Familie ist, darf bei den Anforderungen mit Abstrichen rechnen. Auch für Antragsteller ab sechzig wird die Messlatte ein Stück tiefer gelegt.

Sind die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erkennbar nicht erfüllt, empfehlen die Mitarbeiter/innen die Rücknahme des Antrags. Sie ärgern sich dabei über manchen Anwalt, der seinem Mandanten Hoffnungen macht, obwohl die Aussichtslosigkeit der Antragstellung von vornherein erkennbar ist. Wird der Antrag rechtzeitig zurückgenommen, entstehen dem Antragsteller geringere, in bestimmten Fällen gar keine Kosten. Wer auf einem rechtsmittelfähigen Bescheid besteht, muss in jedem Fall zahlen. De Wit: "Die Kundenorientierung steht bei uns ganz obenan. Wir geben uns sehr viel Mühe, die Bewerber zu beraten. Dadurch haben wir auch die Zahl der Gerichtsverfahren stark reduzieren können."

Die beiden ersten Eingebürgerten des Jahres aus jedem Bundesland werden von Bundespräsident Johannes Rau im Herbst nach Berlin zum Empfang auf Schloss Bellevue eingeladen. Mit dabei sein wird aus Heidelberg Farhad Etemadi Ardebili, der erste hier nach neuem Recht eingebürgerte Ausländer. (rie)

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Stand: 11. April 2000