Thema der Woche

Ausgabe Nr. 8 · 20. Februar 2002



Die Nachwuchsförderung, von männlichen und weiblichen Auszubildenden gleichermaßen, wird bei der Stadtverwaltung groß geschrieben. Im Bild die neuen Auszubildenden im September 2001. (Foto: Pfeifer)





Beschäftigtenentwicklung von 1990 bis 2000 bei der Stadtverwaltung Heidelberg (Quelle: Personal- und Organisationsamt, Heidelberg 2001)

Gleichstellungspolitik mit Modellcharakter

Zweiter Zwischenbericht zur geschlechtergerechten Personalentwicklung bei der Stadtverwaltung


Im Jahre 1995 wurde das Ziel "Geschlechtergerechtigkeit in der Verwaltung der Stadt Heidelberg" in einer Dienstvereinbarung zwischen dem Gesamtpersonalrat und Oberbürgermeisterin Beate Weber festgeschrieben. In enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Frauenfragen wurden Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels entwickelt. Jetzt legt das Personal- und Organisationsamt eine Zwischenbilanz und das Amt für Frauenfragen seine Stellungnahme dazu vor. Was erreicht werden konnte, welche Maßnahmen sich als sinnvoll erweisen und was noch zu tun bleibt, hat das STADTBLATT zusammengefasst.

Mit dieser Vereinbarung hat sich die Stadt Heidelberg freiwillig verpflichtet, die Chancengleichheit in der beruflichen Entwicklung von Frauen und Männern bei der Stadtverwaltung zu fördern. Ziel ist die stufenweise Steigerung des Frauenanteils in allen Aufgabenbereichen der Stadt, in denen der Frauenanteil unter 50 Prozent liegt. In einem Zeitraum von 10 Jahren soll gesamtstädtisch eine paritätische Besetzung der Stellen in allen Arbeitsbereichen, Laufbahnen und Funktionen, also auch auf Führungsebene, erreicht werden.

"Wichtigstes Kriterium für die Personalauswahl blieb und bleibt weiterhin das Leistungsprinzip. Insofern stellt die Vereinbarung keine ungerechtfertigte Bevorzugung von Frauen dar, sondern ist ein Beitrag zum gleichberechtigten Miteinander der Geschlechter bei der Stadtverwaltung", so die Dienstvereinbarung im Wortlaut.

Positive Zwischenbilanz
"Die Zwischenbilanz zeigt, dass sich unser Verfahren bewährt hat und wir auf dem richtigen Weg sind", so Dörthe Domzig, Leiterin des Amtes für Frauenfragen. Im Bereich der Angestellten und Beamtinnen konnte ein Frauenanteil von 54,7 Prozent erreicht werden. In den Laufbahnen des mittleren und gehobenen Dienstes ist mit einem Frauenanteil von 59,9 bzw. 53,8 Prozent die Quote ebenfalls gut erfüllt.

Erfreulich ist auch die Entwicklung im gewerblichen Bereich. Konnten im Jahre 1995 in nur drei Bereichen weibliche Auszubildende gezählt werden, so waren es im Jahr 2000 bereits sieben. Heute werden bei der Stadt junge Frauen zu Schreinerinnen, Bühnenmalerinnen, Gärtnerinnen im Zierpflanzen- oder Landschaftsbau, Gartenfachwerkerinnen, KFZ-Mechanikerinnen sowie Maler- und Lackiererinnen ausgebildet.

Im höheren Dienst und im Technikbereich hat sich die Abweichung von der paritätischen Besetzung um rund 16 bzw. 10 Prozent verbessert. Dagegen zeigt sich auf Führungsebene noch Nachholbedarf. Bei der Vergabe von Amtsleiterpositionen ist keine Verbesserung der Situation eingetreten. Von 38 Amtsleitungen sind fünf mit einer Frau besetzt. Unter anderem durch gezielte Fortbildungsmaßnamen sollen die Chancen für Frauen auf Führungspositionen verbessert werden.

Verschiedene Teilzeitmodelle
Für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist Teilzeitbeschäftigung die Möglichkeit, eine Erwerbstätigkeit mit familiären Verpflichtungen oder persönlichen Ansprüchen zu verbinden. Deshalb wird bei der Gestaltung der Teilzeittätigkeit versucht, den Bedürfnissen sowohl im Umfang als auch in der Verteilung der durchschnittlichen Arbeitszeit zu entsprechen. In fast allen Fällen gelingt es, dienstliche Erfordernisse wie zum Beispiel Öffnungszeiten, mit den Wünschen der Beschäftigten zu vereinbaren. In der Regel wird die Arbeitszeitgestaltung den jeweiligen Teams in eigener Verantwortung überlassen. Zusätzlich zu der etablierten gleitenden Arbeitszeit werden noch variablere Arbeitszeitmodelle entwickelt.

Spätestens seit 1995 wurde allen Anträgen auf Teilzeitbeschäftigung insbesondere aus familiären Gründen entsprochen. "Wir müssen alle Instrumente einsetzen, um Frauen zu helfen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen", so Ludwig Fischer, Leiter des Personal- und Organisationsamtes. Ziel müsse aber auch sein, verstärkt Männer dafür zu gewinnen, Ihre Erziehungsaufgaben zu übernehmen. Derzeit haben 479 Frauen und 55 Männer eine Teilzeitstelle.

Kontakte halten ...
Die Teilzeitquote bei der Stadt Heidelberg liegt, wie in vielen anderen öffentlichen Verwaltungen, deutlich über den Anteilen in der freien Wirtschaft. Zwar verursachen zwei Teilzeitbeschäftigte, die sich eine Stelle, nicht aber einen Arbeitsplatz teilen, Mehrkosten in Form von erforderlicher Arbeitsplatzausstattung. Andererseits bleibt der Stadtverwaltung durch die Teilzeitbeschäftigung viel Wissen durch Berufserfahrung erhalten. Neue Wege werden auch mit Telearbeitsplätzen beschritten. Wenn keine zusätzlichen Kosten entstehen und die Anforderungen des Datenschutzes es zulassen, werden Heimarbeitsplätze ermöglicht.

... während der Beurlaubung
Zunehmend machen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung vom Angebot der Beurlaubung Gebrauch. Eine unbezahlte Beurlaubung aus familiären Gründen kann bis zu zwölf Jahre in Anspruch genommen werden. Im Jahr 2000 waren insgesamt 146 Mitarbeiter/innen im Erziehungsurlaub, davon 141 Frauen und fünf Männer. "Dennoch erweist es sich als wichtig, unabhängig ob Männer oder Frauen in den Erziehungsurlaub gehen, dass sie nicht zu lange 'raus kommen und die Verbindung zu ihrem Arbeitsplatz halten", so Fischer.

Kinderbetreuung
Ein zuverlässiges Betreuungsangebot für Kinder ist die Voraussetzung für die Erwerbstätigkeit von Eltern. Dementsprechend viel Wert legt die Stadt Heidelberg auf ein breites Angebot in allen Stadtteilen mit Kindergärten, Kindertagesstätten und den Betreuungsangeboten im Rahmen der Verlässlichen Grundschule.

Verfahren bei Stellenbesetzungen
Ob Neueinstellung oder Beförderung, die Entscheidung, welche Bewerberin oder welcher Bewerber die Stelle erhält, erfolgt immer nach den Kriterien der Eignung und Leistung. Interne und öffentliche Ausschreibungen erfolgen ausdrücklich mit weiblicher und männlicher Berufsbezeichnung. In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, wird die Ausschreibung so abgefasst, dass Frauen ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert werden. Auf die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung wird bei externen Ausschreibungen besonders hingewiesen. Mit dem Amt für Frauenfragen wurde eine Regelung über die frühzeitige Beteiligung des Amtes an dem Auswahlverfahren getroffen.

Aus- und Fortbildung
Auch Aus- und Fortbildungsangebote werden als Instrumente der Personalentwicklung genutzt, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu unterstützen. Berufsinformationsveranstaltungen geben Schulabgänger/innen bereits im Vorfeld eine Orientierung. Ein Schnupperpraktikum bietet die Möglichkeit, sich auch in nicht so typischen Frauenberufen umzuschauen. In zahlreichen Fortbildungs-Angeboten, insbesondere beim Thema Personalführung, ist das Thema Geschlechtergerechtigkeit fester Bestandteil.

Einkommensstruktur
Bei der Stadtverwaltung Heidelberg gilt das Lohngleichheitsgebot für Männer und Frauen. Die Tatsache, dass im Durchschnitt Frauen weniger als Männer verdienen, ist in Zusammenhang damit zu sehen, dass die besser bezahlten Stellen überwiegend von Männern besetzt sind. Zumindest im Angestelltenbereich ist eine positive Entwicklung bei der Einkommensstruktur zu erkennen.

Die Bilanz
Der Bericht zeigt, dass auf dem Weg zur Chancengleichheit bei der beruflichen Entwicklung von Frauen und Männern zwar noch nicht alle Ziele erreicht, doch wesentliche Verbesserungen erzielt wurden. Oberbürgermeisterin Beate Weber: "Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist ein langjähriger und komplexer Prozess. Das bisher Erreichte ist bemerkenswert und zeigt unsere umfangreichen Anstrengungen. Wir sind sicher auf einem guten Weg." (doh)
   
 

(Quelle: Personal- und Organisationsamt, Heidelberg 2001)
   

1998 wurde die Stadtverwaltung Heidelberg von dem Verein TOTAL E-QUALITY mit einem Prädikat für ihre an Chancengleichheit orientierte Personalführung ausgezeichnet.

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Stand: 19. Februar 2002