Kultur

Ausgabe Nr. 7 · 16. Februar 2000



"Nur einmal komm!", Tanzstück von Irina Pauls am Oldenbugischen Staatstheater. Es tanzen Viviana Escalé Pelliza und Renato Jones. (Foto: Landsberg)

"Tanz braucht keine Worte"

Interview mit Irina Pauls, künftige neue Ballettchefin in Heidelberg
Mit dem neuen Intendanten Günther Beelitz kommt auch die Choreographin Irina Pauls ans Heidelberger Stadttheater. Im September 2000 wird sie die Leitung des Tanztheaters übernehmen. Die gebürtige Leipzigerin freut sich auf Heidelberg. Bereits 1992 war sie mit zwei Gastspielen beim Stückemarkt vertreten. Zurzeit ist Pauls Direktorin des Tanztheaters im Oldenburger Staatstheater.


STADTBLATT: Frau Pauls, was bedeutet es für Sie, das Erbe von Johann Kresnik, Liz King und Hans Falár anzutreten?

Pauls: Für mich ist das eine große Herausforderung. Und ich freue mich, dass hier schon der Boden bereitet ist und es beim Publikum Erfahrung mit Tanztheater gibt. Kresnik hat unheimlich viel bewegt in der Zeit. Für ihn war Heidelberg eine wichtige Zeit, der künstlerische Aufbruch.

Die Stücke von Liz King gingen in eine ganz andere Richtung, die waren viel psychologisierter und feiner gestrickt. In solche Fußstapfen zu treten ist immer spannend, Maßstäbe sind gesetzt.

STADTBLATT: Ist das eine klare Absage ans klassische Ballett?

Pauls: Ja. Klassisches Ballett klammere ich auf der Bühne ganz und gar aus. Meine Arbeit geht prinzipiell von einem zeitgenössischen Bewegungsduktus aus. Sehr gern arbeite ich spartenübergreifend.

STADTBLATT: Welche konkreten Ziele haben Sie für Heidelberg?

Pauls: Ich arbeite aus dem soziokulturellen Hintergrund einer Region heraus. Mich inspiriert außerordentlich, was die Stadt und die Region letztendlich ausmacht. Das ist ein großes Thema.

STADTBLATT: Steht Ihre erste Inszenierung in Heidelberg schon fest?

Pauls: Es wird eine Zusammenarbeit mit Chor und Tänzern geben.

STADTBLATT: Ist der Tanz für Sie eine universelle Sprache?

Pauls: Ja. Tanz braucht keine Worte. In unserer Truppe mischen sich verschiedene Nationalitäten. Das Zentrum ist unser Körper, doch verschiedene Kulturkreise schließen sich in einer Stückidee zusammen. Das ist eine wunderbare Voraussetzung für weltoffenes Theater.

STADTBLATT: Bringen Sie ein festes Ensemble mit?

Pauls: Es wird eine Mischung. Ich bringe fünf Tänzer aus Oldenburg und sechs engagiere ich neu. Ich arbeite zwar gerne mit einem festen Ensemble und schätze die gemeinsame Entwicklung. Aber ich kann auch loslassen und möchte den Neuanfang, den Reiz des Fremden spüren.

STADTBLATT: Haben Sie bereits mit Günther Beelitz zusammengearbeitet?

Pauls: Nein, aber wir verfolgen uns gegenseitig, in der Arbeit und mit der Arbeit. Als ich in Leipzig war, war er in Weimar. Er hat oft Stücke von mir gesehen und ich war oft in Weimar, weil er immer gute und interessante Tanztheater-Leute um sich hatte. Insofern ist es für mich ein großes Kompliment, die Nachfolge der Choreographen anzutreten, mit denen er als Intendant gearbeitet hat.
   

Irina Pauls

Irina Pauls

1961 in Leipzig geboren absolvierte sie eine Tanzausbildung an der Palucca-Schule in Dresden. Nach einem Choreographiestudium an der Theaterhochschule "Hans Otto" in Leipzig war Pauls von 1985 bis 1989 Ballettmeisterin und Choreographin am Landestheater Altenburg. Im Jahre 1989 erhielt sie den Choreographiepreis des Ministeriums für Kultur der DDR. Von 1990 bis 1998 war sie Leiterin des Tanztheaters am Schauspiel Leipzig. In dieser Zeit erarbeitete sie fünfzehn Uraufführungen für das Tanztheater im Schauspiel Leipzig und zahlreiche Gastchoreographien. Seit 1998 ist Irina Pauls Direktorin des Tanztheaters im Oldenburgischen Staatstheater.
 
  "Den großen Erfolg im Oldenburgischen Staatstheater prägten Einfallsreichtum und die stilbildende Kraft der Tanztheater-Chefin Irina Pauls sowie die um darstellerische Pointen nie verlegenen Mitglieder ihrer Truppe."
Weser-Kurier, 21. Juni '99

"Ihre Formenstrenge und ihre Bildervielfalt lassen sich auch diesmal wieder in den virtuos arrangierten Ensembles verfolgen."
Weser-Kurier, 26. Oktober '99

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Identität spüren - Stadtgeschichte verstehen

Erster Bildband über Heiliggeistkirche veröffentlicht


Brilliante Fotografien und anregende Beiträge enthält das "Schau- und Lesebuch" über die Heiliggeistkirche, das Pfarrer Werner Keller und Verleger Günter Braus der Oberbürgermeisterin jüngst vorstellten. Das 600-jährige Jubiläum der Grundsteinlegung war für Keller Anlass, ein Buch über eines der bedeutendsten Bauwerke im Herzen der Altstadt anzuregen.

Fünfzehn Autoren haben mitgewirkt an dem gerade erschienenen Buch "Die Heiliggeistkirche zu Heidelberg". Allen voran Hilde Domin, die dem Jubiläumswerk ihr Gedicht "Ecce Homo" widmet. Ein fotografischer Essay von Richard Fischer leitet stimmungsvoll über zu Beiträgen wie: "Heidelberger Kirchenbaukunst am Beispiel der Heiliggeistkirche" von Anneliese Seeliger-Zeiss oder "Die Heiliggeist-Gemeinde in der Weimarer Republik und im Dritten Reich" von Jörg Thierfelder und Monika Zeilfelder-Löffler.

Auch kostbare Zeitdokumente wie die Rede von Heiliggeistpfarrer Hermann Maas "Zum Johannisfest 1936 fiel endgültig die Trennwand in der Kirche" finden sich in dem Jubiläumsband.

Oberbürgermeisterin Beate Weber würdigte "diesen schönen Beitrag zur Geschichte der Stadt" und erklärte: "Es ist gut, dass dieses Buch mit einem Namen wie Hermann Maas verbunden ist, einem überzeugenden Gegengewicht zum Nazionalsozialismus." Der 1952 zum Ehrenbürger der Stadt Heidelberg ernannte Pfarrer hatte sich während des "Dritten Reiches" offen gegen antisemitische Propaganda gewandt und jüdischen Mitbürgern in vielerlei Hinsicht geholfen.

"Ein Buch, dass die Leute lesen" habe er zusammen stellen wollen, "ein schönes Schau- und Lesebuch, für die Bürger der Stadt und die Freunde der Heimatkunde", erklärte Keller. "An der Heiliggeistkirche lässt sich Identität spüren und ein Stück Stadtgeschichte verstehen."

"Es war an der Zeit, diesem Prunkstück Heidelberger Architektur eine Publikation zu widmen", erklärte Günter Braus. Schließlich seien über andere bedeutende Bauwerke Heidelbergs wie das Schloss, die Alte Brücke und die Universität längst Bildbände erschienen." "Die Heiliggeistkirche zu Heidelberg" ist zum Preis von 68 Mark ab sofort im Buchhandel erhältlich. (doh)

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Stand: 15. Februar 2000