Stimmen aus dem Gemeinderat

Ausgabe Nr. 4 · 24. Januar 2001

Ernst Gund

CDU

Die Neusprach im Haushaltsdeutsch

Die Vereinfachung und Uniformierung der deutschen Sprache, erzwungen durch die modernen Kommunikationstechniken, machte auch vor dem Gemeinderat der Kulturstadt Heidelberg nicht Halt. Um Vergleiche mit den Haushalten anderer Kommunen zu erleichtern, wird alles, was irgendwie erarbeitet, bewirkt, hervorgerufen, durchgeführt oder erzeugt wird, zum Produkt im Heidelberger Produkt- und Leistungsplan.

Im Kulturausschuss habe ich, bei den Vorträgen des Intendanten, des Museumsdirektors, der Leiterin der Stadtbücherei u. a. darauf hingewiesen, dass wir eine Shakespeare-Aufführung, die Schloss-Festspiele, eine Vernissage oder eine Buchpräsentation nur ungern als "Produkt" bezeichnen wollen. Auch lässt sich die Qualität einer Theateraufführung oder eines Balletts nur schwer in vorgefertigte Normen pressen. Ebenso entziehen sich die Leistungen und Ergebnisse unserer Schulen dem Produktbegriff. Es reicht zu wissen, dass in Heidelberg die höchste Übergangsquote auf das Gymnasium in Baden-Württemberg besteht, und dass andere Kommunen nicht einmal die Hälfte davon erreichen. Wir müssen nur die sächlichen Voraussetzungen schaffen, dann stellen sich schulische Erfolge von selbst ein. Nur wo es ein Schwimmbad gibt, wird es auch Schwimmerfolge geben können.

Wie weit die Produkt-Manie gehen kann, ließe sich am Krematorium aufzeigen. Was sind dessen Produkte? Wird die Effizienz an der Geschwindigkeit der Verbrennung gemessen, oder an der Qualität der Filter, oder eventuell an einer Wärmerückgewinnung? Wo bleibt die Pietät? Retten wir unsere Muttersprache vor der Verunglimpfung durch die neuen Techniken, wie wir es noch schlimmer bei der Teenager-Sprache vorfinden, die noch durch Großwerbung propagiert wird: "Li du mi no?" (Liebst du mich noch?) oder "ha du no bi?" (hast du noch Bier?". Zeigen wir bei unseren Wortbeiträgen im Gemeinderat - und hier bin ich mir nicht nur der Zustimmung von Frau Dr. Trabold sicher - dass wir uns dem Diktat der Technik und Kostenminimierung nicht beugen, sondern unsere Muttersprache hochhalten. Ich möchte schließen mit einem abgeänderten Zitat aus den Reden des großen römischen Politikers und Rhetorikers Cicero:

Quo usque tandem abutere patientia nostra, Catilina?
Wie lange willst du noch unsere Geduld missbrauchen, Catilina?
Quo usque tandem abutere patientia nostra, Computer?
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Lore Vogel

SPD

Aktion gegen Rechts

Erklärung der Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils Ziegelhausen-Peterstal:
"Wir bekennen uns zu einem lebendigen, vielfältigen Ziegelhausen, das nein sagt zu Fremdenfeindlichkeit, Ausländerhass und Rechtsradikalismus. Wir Unterzeichner wollen Farbe bekennen, Partei ergreifen und Stellung beziehen für Mitmenschlichkeit, Toleranz, Integration, Akzeptanz"

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
nachdem der Stadtteilverein Ziegelhausen die Veröffentlichung unserer Ziegelhäuser Erklärung (siehe oben) in der Stadtteilrundschau ablehnte, möchte ich als Stadträtin die Erklärung veröffentlichen.

Über das Vorhandensein einer rechten Szene in Ziegelhausen gibt es schon seit geraumer Zeit viele Gerüchte und Beobachtungen, die zur Sorge Anlass geben. Die Ereignisse bei der Kerwe in Ziegelhausen machen deutlich, dass diese Sorge begründet ist und es daher wichtig ist, dass alle demokratischen Kräfte in Ziegelhausen deutlich machen, dass hier Grenzen sind. Den jungen Menschen, die in das Dunkelfeld des Rechtsextremismus geraten, muss man deutlich zeigen, dass dieses alles andere als ein Spiel ist.

Dies veranlasste uns, eine Bürgerinitiative zu gründen, weil es für jeden einzelnen Bürger schwierig ist eine Form zu finden, um seinen Protest und seine Haltung zum Ausdruck zu bringen. Dies ist ganz bewusst keine parteipolitische Aktion, unser Anliegen war und ist es, möglichst viele Bürger zu sensibilisieren und zu gewinnen. Dies ist uns gelungen, wir haben sehr viele positive Rückmeldungen. Nicht nur im fernen Berlin, sondern auch hier in unserem schönen Ziegelhausen gilt es, wachsam zu sein und Farbe zu bekennen.

In seinem Pressegespräch ruft Herr Lamers zum Thema Rechtsradikalismus "jeden Einzelnen zu Wachsamkeit und Zivilcourage" auf (RNZ 16.1.). Da ist die vielgepriesene Einigkeit aller demokratischen Kräfte im Kampf gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit verbal vorhanden. Man sollte meinen, dass er mit einer solchen Haltung unsere Aktion in Ziegelhausen unterstützen würde. Wir haben ihn darum gebeten, seine Antwort finden wir in seiner Erklärung in der RNZ. Zur Begründung seiner Ablehnung fehlen ihm aber ersichtlich schlüssige Argumente. In seiner Argumentationsnot greift er auf bundespolitische Ereignisse zurück und landet mit seinem undifferenzierten Rundumschlag in der "Räuberhöhle" (RNZ 16.1.). Schade, Herr Lamers, wie Sie es ja zu Recht feststellen, "brauchen Ziegelhäuser Bürger keine Lehrstunde in Demokratie und Weltoffenheit." Genau deshalb erheben wir unsere Stimme, vereint in dem Willen: Wehret den Anfängen!
   
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Fidan Ulucan-Kiliç

GAL

Was können wir noch sorglos essen?

Folgender Brief erreichte uns von der Landtagskandidatin der Grünen, Theresia Bauer:

"Die BSE-Krise hat Baden-Württemberg erreicht. Was können wir noch sorglos essen? Wie können wir unsere Kinder verantwortungsvoll ernähren? Spätestens seit BSE spielen diese Fragen in allen Familien eine Rolle. Die Gefahren der konventionellen Tiermast waren eigentlich schon lange bekannt. Aber wenn es um gesundheitliche Risiken durch die agroindustrielle Landwirtschaft ging, haben die politisch Verantwortlichen lieber weggeschaut. Wann, wenn nicht jetzt, gelingt uns eine grundlegende Umorientierung bei der Herstellung unserer Lebensmittel? Ab sofort muss der Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern Vorrang bekommen vor wirtschaftlichen Interessen.

Abgesehen von notwendigen wirkungsvolleren Kontrollen im gesamten Produktionsprozess kann auch jeder einzelne viel dafür tun, indem er beim Einkauf auf die Qualität der Produkte achtet. Deshalb müssen aufschlussreiche Qualitätszeichen und Inhaltsangaben zur Vorschrift werden. Derzeit gibt es eine unüberschaubare Menge von Gütesiegeln, oft ohne wirkliche Aussagekraft. Zu warnen ist etwa vor dem baden-württembergischen Herkunfts- und Qualitätszeichen für Rindfleisch HQZ - es gewährt keinerlei Schutz vor BSE. Die Landesregierung sollte es zurückziehen. Beim BUND gibt es ein gutes Informationsblatt, wo man in Heidelberg Ökofleisch - mit dem geringsten BSE-Risiko - einkaufen und welchen Qualitätszeichen man vertrauen kann."
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Nils Weber

DIE HEIDELBERGER

Jahrhundertsentscheidung mit St. Florian als Pate?

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde der Verkehrsausschuss des Gemeinderats Ende letzten Jahres über den Sachstand der vergleichenden Untersuchungen der Tunnelvarianten Neckarufer und Königstuhl informiert. Der jetzt vorliegende Zwischenbericht des beauftragten Ingenieurbüros setzt sich mit den verkehrs- und bautechnischen Machbarkeiten und den Kriterien für eine verkehrliche und städtebauliche Bewertung auseinander. Untersucht werden nicht nur zwei, sondern vier Planfälle, nämlich Neckarufertunnel bis zur Theodor-Heuss-Brücke (1) und bis zur Ernst-Walz-Brücke (2), sowie Königstuhltunnel ohne (3) und mit Verbindung zum Schlossbergtunnel (4). Die Kosten werden mit 130 (1), 180 (2), 175 (3) und 230 Millionen Mark angegeben.

Bei der Bewertung wurden zunächst die verkehrlichen Wirkungen untersucht. Planfall 1, der kurze Neckarufertunnel, führt zu einer starken (83-89 Prozent) Entlastung des Verkehrs am Neckarstaden in der Altstadt und zu einer Belastungszunahme von 21 Prozent am Bergheimer Neckarufer. Der Planfall 2, der lange Neckarufertunnel, führt zwar zu einer Entlastung von 87 Prozent am Bergheimer Neckarufer, gleichzeitig jedoch zu Belastungszunahmen zwischen fünf und 18 Prozent in der Friedrich-Ebert-Anlage, Kurfürsten-Anlage, Bergheimer Straße und Bismarckplatz. Die Leistungsfähigkeit des Straßennetzes wird in beiden Planfällen nicht erhöht.

Die verkehrlichen Wirkungen der beiden Königstuhl-Planfälle weisen eine starke Entlastung für das Altstadt-Neckarufer (-88 Prozent) und eine deutliche Entlastung (-38 Prozent) für das Bergheimer Neckarufer auf. Vorausgesagt werden außerdem Belastungszunahmen in der Friedrich-Ebert-Anlage, Neuenheimer Landstraße und Kurfürsten-Anlage (11-14 Prozent) und Belastungsverschiebungen von der Rohrbacher Straße (-24 Prozent) zur Römerstraße (+ 27 Prozent). Beide Planfälle (3 und 4) führen zu einer deutlichen Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Straßennetzes und zu einer Verringerung von Staus.

Als städtebauliche Wirkung ragt bei den Neckarufer-Planfällen die Aufwertung und Rückgewinnung des Neckarufers im Altstadtbereich hervor, bei Planfall 2 zusätzlich die des Bergheimer Neckarufers. Bei den Königstuhl-Planfällen ist zwar keine grundsätzliche Änderung der Verkehrsführung am Neckarufer möglich, wohl aber eine deutliche Entlastung vom Durchgangsverkehr. Hinzu kommt die denkbare städtebauliche Einbindung der neuen Südtangente im Bereich der geplanten Bahnstadt.

Der Schlussbericht soll im Februar 2001 vorgelegt werden. Der Zwischenbericht ist als Diskussionsgrundlage zu begrüßen. Er macht deutlich, dass sämtliche Planfälle diskutabel und überlegenswert sind. Planfall 1 allerdings nur wegen der niedrigen Kosten. Ansonsten macht es wenig Sinn, unter der Zielsetzung der Rückgewinnung des Neckarufers das Bergheimer Neckarufer durch noch mehr Verkehr noch mehr vom Stadtteil Bergheim zu trennen und das gegenüberliegende Erholungsgebiet am Neuenheimer Neckarufer noch mehr zu beeinträchtigen.

Für eine Jahrhundertsentscheidung sollte St. Florian nicht zum Paten bestellt werden. Wenn schon Neckarufertunnel, dann richtig und bis zur Ernst-Walz-Brücke (Planfall 2)! (Fortsetzung in der nächsten STADTBLATT-Ausgabe.)
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Hermann Gundel

FWV

Baustellen müssen sein!

Es ist erfreulich, dass die Marstallstraße saniert wird. Sie hat es bitter nötig und Straßenbaustellen bedeuten meist auch Unannehmlichkeiten, nicht nur für die Anwohner.

Kein rechtes Verständnis dafür haben allerdings die vielen Fahrgäste der HSB-Linie 12, dass die Haltestelle "Grabengasse/Universitätsplatz", bauzeitbedingt für ca. neun Monate, an den Neckarstaden verlegt wurde. Nicht nur, dass der Weg von und zur Ersatzhaltestelle am Neckar nicht nur der nächste ist, sondern in der winterlichen Jahreszeit, bei Kälte, Wind und Regen, auch nicht der angenehmste, geschweige denn der sicherste. Von den Wartezeiten, bis man die Straße überqueren kann, einmal abgesehen und der höchst unsicheren Einsteigesituation von der Bundesstraße aus, ist die Ersatzhaltestelle ein echtes Verkehrshindernis.

Es wäre doch viel einfacher und sinnvoller, wenn die Linie 12 über das Karlstor durch den Tunnel den Uniplatz anfährt, um von dort seine ganz normale Tour - Haltestelle Peterskirche etc. - weiter zu fahren.

Ich denke, dass im Interesse der HSB-Fahrgäste dieser Gedanke aufgegriffen und selbst gegen einige "formalistische" Bedenken umgesetzt werden sollte. Frei nach dem Motto: "Der Kunde ist König. Die HSB fährt: kundenfreundlich - bequem - sicher".
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Dr. Annette Trabold

F.D.P.

Sperrzeiten

Die Landesregierung hat Ende letzten Jahres beschlossen, die Sperrzeiten für Gaststätten zu verkürzen. Konkret bedeutet das, dass Gaststätten und "Vergnügungsstätten" unter der Woche bis zwei Uhr und am Wochenende bis drei Uhr offen haben können, anstelle von bisher ein Uhr). Und gleichermaßen wie beim Ladenschluss bedeutet dies, dass man nicht aufhaben muss, wenn man nicht will, sondern länger aufhaben kann, wenn es sich lohnt!

Wenn es nach der FDP im Land gegangen wäre, hätte man das Gesetz noch weiter liberalisiert. Gut, denkt man da. Prima, jetzt können die Wirte in Heidelberg ihre Kneipen etwas länger auflassen, wenn sie wollen. Gut, denkt man, die Wirte entscheiden nun selbst und die Besucher erleben endlich, dass nicht schon um ein Uhr die Gehsteige hochgeklappt werden, wie in unser studentisch und touristisch geprägten Stadt leider der Regelfall - weit gefehlt: die Stadt weiß wieder einmal, was für Kunde und Wirt das Richtige ist: alles bleibt, so wie es ist und das, ausgerechnet in der Altstadt!

Das bedeutet also: für die Weststadt, Neuenheim, Handschuhsheim etc. gilt die neue Möglichkeit, länger offen zu haben, die alten Sperrzeitregelungen gelten aber nach wie vor für die Altstadt, zumindest bis zum April, da erst noch seitens der Stadt mit Bezirksbeirat, Anwohnern und Lokalbetreibern gesprochen werden soll. Diese Ungleichbehandlung verstehe, wer will. Eines muss abschließend noch klar gesagt werden, bevor da oder dort wieder Grundsatzdiskussionen entfacht werden: wenn man in die Altstadt zieht, weiß man genau, worauf man sich einlässt und man weiß, dass dort eben nicht Ruhe wie auf dem Lande herrschen kann - aber dafür wohnt man im Herzen Heidelbergs. Manch eine/r wird darum beneidet!
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Anschriften der Fraktionen und Einzelmitglieder im Gemeinderat

CDU:

Rohrbacher Str. 57, 69115 Heidelberg,
Tel.: 16 39 72, Fax: 16 48 43
e-mail: CDU-GR-Fraktion-HD@t-online.de

SPD:

Fischmarkt 3, 69117 Heidelberg,
Tel.: 16 67 67, Fax: 16 40 23,
e-mail: fraktion@spd-heidelberg.de

GAL:

Rohrbacher Str. 39, 69115 Heidelberg,
Tel.: 16 28 62, Fax: 16 76 87
e-mail: mail@gal-heidelberg.de

"Heidelberger":

Bergheimer Str. 95, 69115 Heidelberg,
Tel.: 61 94 21, Fax: 61 94 22
Internet: www.dieHeidelberger.de

FWV:

Fischergasse 14-16, 69117 Heidelberg,
Tel.: 16 30 70, Fax: 65 98 30
Internet: www.FWV-hd.de

FDP:

Zähringerstr. 44a, 69115 Heidelberg,
Tel. 24 56 4, Fax: 18 21 13

PDS:

Sitzbuchweg 14, 69118 Heidelberg,
Tel. 80 03 25

  Zur Inhaltsangabe STADTBLATT



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Stand: 23. Januar 2001